Nachdem Filmmacher Christopher Nolan mit „Inception“ das menschliche Bewusstsein auseinandergenommen und wieder neu zusammengesetzt hat, widmet sich der Regisseur nun den Weiten des Weltalls und der Zukunft der Menschheit. „Interstellar“ ist ein klassisches Sci-Fi-Abenteuer und kann durchaus als Nolans „2001“ gelten. Die Story ist intelligent, komplex und trotz (oder gerade wegen) der epische Spielzeit ganz großes, starbesetztes Kino.
In nahender Zukunft wird die Erde, Heimatplanet der Menschen zunehmend unbewohnbar, doch niemand hat einen Ausweg parat. Forschung und Raumfahrt sind längst eingestellt, weil es um das bloße Überleben geht. Da ist Nahrungsproduktion angesagt. Auch der Ingenieur und NASA-Pilot Cooper macht sich als Farmer nützlich. Doch immer wieder machen Staubstürme ganze Ernten zunichte und die Lage wird immer aussichtsloser. Seine kleine Tochter Murphy glaubt, einen Poltergeist in ihrem Zimmer zu haben, und tatsächlich scheint irgendeine Wesenheit hier eine Botschaft zu übermitteln.
Cooper entschlüsselt das Ganze dann als Koordinaten, die ihn zu einer geheimen Forschungseinrichtung führen. Hier wird fieberhaft nach einer neuen Heimat für die Menschheit gesucht und es scheint, als hätte sich mit einem Wurmloch ein Zugang zu einer anderen Galaxie aufgetan. Einige Missionen sind schon gestartet und haben mögliche neue Heimatwelten sondiert. Nun macht sich Cooper mit einigen Forschern auf die Reise und lässt seine beiden Kinder in der Hoffnung zurück, ihnen eine Zukunft geben zu können.
Das Drehbuch von Christopher und Jonathan Nolan kann in jeder Hinsicht bestehen und sowohl die emotionale Vater – Tochter Beziehung wie auch das katastrophale Zukunftsszenario wissen zu überzeugen. Doch vor allem die Space Odyssee ist mit einigen überraschenden Wendungen versehen, die bedrohlich plausibel erscheinen. Man muss den Theorien und Weltentwürfen in „Interstellar“ nicht zustimmen, wobei mir offen gestanden auch der weltraumphysikalische Background fehlt, das überhaupt beurteilen zu können. Wesentlich ist, dass „Interstellar“ eine gelunge Synthese aus drängender Kulturkritik und visionärer Perspektive darstellt, die auf ein emotional nachvollziehbares Maß heruntergebrochen wird.
Dabei kann Nolans persönliche Weltraum-Oper auch mit einiger Action und visuellen Höhepunkten brillieren wie man das von dem Filmmacher erwartet hat. Auch der pastorale Orgelsoundtrack von Hans Zimmer passt perfekt zu den erstaunlichen Bildwelten Christopher Nolans und sorgt für eine ebenso apokalyptische wie geistliche Atmosphäre, die den Film vor allem im Weltraum wesentlich mitträgt.
Dass die großartige Darstellerriege dabei außerdem zur Hochform aufläuft, versteht sich angesichts der tiefgründig angelegten, vielschichtigen Charaktere beinahe von selbst. Das wird insbesondere dann ersichtlich, wenn Coopers Mission ein ums andere Mal von allzu menschlichen Schwächen bedroht wird. Gerade dieser Aspekt wiegt die Technologielastigkeit dieses Science-Fiction-Abenteuers dramaturgisch auf.
Christopher Nolan ist erneut ein ganz großer Wurf gelungen. Der beste Sci-fi-Film seit langem.
Film-Wertung: (9 / 10)
Interstellar
Genre: Science-Fiction, Drama
Länge: 169 Minuten, GB / USA, 2014
Regie: Christopher Nolan
Darsteller: Matthew McConaughey, Jessica Chastain, Anne Hathaway, Michael Caine
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Warner Bros.
Kinostart: 06.11.2014