Momentan können sich Fans des japanischen Filmmachers Takashi Miike auf gleich zwei Veröffentlichungen freuen, während im Juli der Thriller „Wara no Tate“ in die Kinos kommt, ist bei Rapid Eye Movies soeben „Lesson of the Evil“ erschienen. Die Verfilmung eines skandalträchtigen japanischen Horrorbestsellers. „Aku no kyoten“ ist sicher kein Höhepunkt in Miikes Filmographie, hat aber so seine Momente und eine ganz gehörige Portion brutale Slasher-Action im Schulmilieu.
Englischlehrer Hasumi (Hideako Ito) ist an der ganzen Schule beliebt, die Schüler, vor allem seine elfte Klasse ist von der lockeren Art des jungen Pädagogen begeistert. Auch das Kollegium achtet den jungen Mann, allerdings ist man schon ein wenig verwundert, als er vorschlägt, das Schummeln bei Klausuren, das offensichtlich mit Handys organisiert wird, mittels illegaler Störsignale zu unterbinden. Man wertet das als strebsamen Vorschlag. Die Schüler in Hasumis Klasse sind eigentlich eine ganz gute Gemeinschaft, doch es gibt auch Probleme und alle landen bei dem Klassenlehrer: Egal ob die sexuelle Belästigung einer Schülerin durch den Sportlehrer, vermeintliches Mobbing oder Homosexualität.
Doch hinter der freundlichen Fassade verbirgt sich keineswegs jener nette Kollege und freundliche Lehrer. Hasumi lebt zurückgezogen in einer heruntergekommenen Hütte außerhalb der Stadt, ist obsessiv mit körperlicher Fitness beschäftigt und so nach und nach beginnt er, die Verfehlungen und Schwächen seiner Mitmenschen auszunutzen. Außerdem häufen sich Todesfälle in Hasumis Nähe und ein Kollege beginnt nachzuforschen, woher denn dieser neue Kollege überhaupt kommt.
In Japan war die gleichnamige Buchvorlage des Horrorautors Yusuke Kishi, die hierzulande nicht erschienen ist, ein Skandal und das Schulmilieu, das dem Autor als Hintergrund für seinen klassischen Serienmörderthriller dient, wird als durch und durch moralisch korrupt gezeichnet. Vieldreher Takashi Miike, der nicht selten drei bis vier Filme im Jahr abdreht, hat ein Faible für exzessive Thriller und so scheint die Verfilmung des Bestsellers naheliegend. Allerdings zeichnet Miike seinen psychotischen Charakter mit einer gewissen souveränen Gemächlichkeit, so dass in der ersten Hälfte des Thrillers gelegentlich Längen zu verzeichnen sind. Das macht der brutal-blutige Shootout dann in der zweiten Hälfte wieder wett.
Das Psychogramm des Serientäters wird routiniert in Szene gesetzt, es gibt Verweise auf nordische Mythologie und deutsche Literatur in Form eines Bezuges zur Selbstmordwelle, die Goethes Werther seinerzeit auslöste. Auch die sichtbar gemachte Innenwelt des Hasumi, der sich mit seinen Dämonen arrangieren muss, wird mit CGI und Überblendeffekten sehenswert realisiert. Allerdings ist der große Schwachpunkt der Story die durch und durch absehbare Dramaturgie: Die allmähliche Metamorphose, die ersten Opfer und die noch vorhandene Zurückhaltung und der exzessive Blutrausch. Das alles will der Genrefan sehen und Miike gibt dem Volk, wonach es schreit. Und in Sachen Gewaltexzess macht dem japanischen Regisseur so schnell keiner etwas vor. Sicherlich kann man das Thema, Amoklauf an einer Schule auch für geschmacklos und zweifelhaft halten, aber man sollte sich hüten, in den Film – und höchstwahrscheinlich auch das Buch – mehr hineinzuinterpretieren als vorhanden ist.
Mit einem Blick hinter die Kulissen, der im Grunde nur die Dreharbeiten beobachtet und wenig zur Geschichte zu sagen hat, ist noch einmal rund 40 Minuten Bonusmaterial enthalten, dass allerdings nur bedingt interessant ist. Auch die deutsche Synchronfassung ist im Großen und Ganzen gelungen. Aber wie so häufig bei asiatischen Filmen, gewinnt auch „Lesson of The Evil“ wenn man sich das Original anschaut. Scheinbar unterscheiden sich die Kulturen und die Sprachen doch so erheblich, dass es schwer ist, das angemessen und empathisch zu übertragen. Aber das ist nur meine Meinung.
„Lesson of the Evil“ ist nicht mehr und nicht weniger als ein Horrorthriller, der schockieren und damit unterhalten will.Ein typischer Thriller von Takashi Miike.
Film-Wertung: (6 / 10)
Lesson of the Evil
OT: Aku no kyôten
Genre: Thriller/ Horror
Länge: 129 Minuten, J, 2012
Regie: Takashi MIIKE
Darsteller: Hideaki ITÔ, Takayuki YAMADA, Ruth Sundell, Fumi NIKAIDÔ
FSK: ab 18 Jahren
Vertrieb: Rapid Eye Movies / Al!ve
DVD- & BD-VÖ: 04.06.14