Fußballbegeisterung kann schon mal zu einigen Irrungen und Wirrungen führen. Doch selten kommt dabei eine so abenteuerliche Tour de Force heraus wie im Fall von „Vom Kiez zum Kap“. Aus einer Bierlaune heraus machen sich zwei Fans des FC Sankt Pauli auf den Weg zur Fußball-WM in Südafrika. Das Transportmittel der Wahl: ein VW-Bus. Und: „Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Drum nahm ich Stock und Hut und tät das Reisen wählen.“ (Matthias Claudius, sinniger Weise ein Hamburger…)
Man kann einfacher ins Fußballstadion gelangen als sich mitten Im Winter in einen als Camper ausgebauten Bully zu setzen und nach Kapstadt zu fahren, um dort die im Sommer 2010 stattfindende Weltmeisterschaft hautnah zu erleben. Nu je, die beiden abenteuerlustigen St.Pauli-Fans Bernd Volkens und Kay Amtenbrink haben sich das aber in den bierseligen Kopf gesetzt und tatsächlich machen sie sich auf die Reise.
Auf der sogenannten Ostroute geht es über die Türkei in den Nahen Osten und von dort an der afrikanischen Ostküste gen Süden. Insgesamt haben die Beiden, die unterwegs noch Mitreisende treffen und auflesen ein halbes Jahr Zeit, um die annähernd 20.000 Kilometer zurückzulegen. Auch unterwegs ist Fußball immer wieder ein Thema, denn der FC St.Pauli hat in der Saison 2009/2010 die Möglichkeit, in die erste Bundesliga aufzusteigen. Da will der Fan doch kein Spiel verpassen! Mit dem Fußballgucken klappts allerdings auf dem Schwarzen Kontinent nicht immer. Und auch die abenteuerliche Strecke verlangt den beiden Reisenden und dem auch schon betagteren Gefährt einiges ab.
Regisseur Joachim Bornemann, der auch schon die Fußball-Doku „Sankt Pauli! Rausgehen – Warmmachen – Weghauen“ gedreht und produziert hat, hat die Reise der beiden Fußballkumpels begleitet. Die sind natürlich nicht so unvorbereitet auf dem Weg wie sich das zunächst anhören mag. Amtenbrinks Schwester lebt in Kapstadt, so dass vor Ort eine Anlaufstelle vorhanden ist, Volkens ist ein passionierter Autoschrauber und so kann es dann mit freundlicher Unterstützung vom FC St. Pauli und Volkswagen Deutschland, die bei einem Motorbrand im afrikanischen Busch mit Ersatzteilen aushelfen, auf die Reise gehen. Und die ist immer noch abenteuerlich genug.
Der Schwerpunkt der Doku liegt aber eindeutig auf dem fußballbegeisterten Unterhaltungsfaktor. Immer wieder wird das aktuelle Ligageschehen zwischengeschoben und von den Reisemomenten bekommt der Zuschauer weniger die Gegend und die Menschen als vielmehr die Befindlichkeiten und die technischen Probleme präsentiert. Das ist auf kultige Art und Weise ganz unterhaltsam, auch wenn das Erzähltempo und der erzählerische Schwerpunkt einiges zu wünschen übrig lassen.
Sicherlich nimmt sich diese Doku auch selbst nicht so ganz ernst und will vor allem Spaß und Lebensfreude vermitteln. Das gelingt auch zumeist, trägt den Film als cineastisches Erlebnis aber nur bedingt. Etwas mehr Erlebnisbericht und Reiseeindrücke hätten nicht geschadet und das was nicht erzählt wird, beschäftigt den aufmerksamen Zuschauer gelegentlich mehr als die Reaktionen der beiden Reisenden. Doch genau dadurch entsteht ein gewisser schnodderige Do it Yorself-Eindruck, den die Filmmacher sicher auch erreichen wollten.
Fazit: Man muss schon eine Fußballaffinität besitzen oder gar St. Pauli Fan sein, um sich an dem kauzig sympathischen Road Movie filmlang zu erfreuen. Am besten bei einem kühlen Astra und mit mehreren Freunden.
Film-Wertung: (6 / 10)
Vom Kiez zum Kap
Genre: Dokumentation, Abenteuer, Fußball
Länge: 87 Minuten, D 2013
Regie: Joachim Bornemann
Mitwirkende: Kay Amtenbrink, Bernd Volkens
Extras: Videotagebuch, Fotoshow, Millerntor Tribünenbau, (Ca. 30 Minuten)
Vertrieb: Brown Sugar Productions
Kinostart: 05.07.2013
DVD-VÖ: 13.12.2013
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