Frankensteins Monster habe ich definitiv anders in meiner literatur-und filmschwangeren Erinnerung als es hier präsentiert wird. Aber Überraschungen sind immer gut und wenn sich beim DC-Relaunch von Superagent Frankenstein mit Jeff Lemire auch noch ein Lieblingsautor mit der absonderlichen Monsterabwehr befasst, bin ich gerne bereit, mich entführen zu lassen. Um es vorweg zu nehmen, der Auftakt von Superagent Frankenstein ist mehr als gelungen, rockt höllisch und macht von der Story her deutlich mehr Action klar als „Animal Man“ und lässt die „Justice League“ ziemlich brav aussehen.
Kein Wunder, wenn sich zu dem grünen Beschützer der Menschheit, der trotz zusammengewürfelter Körperteile deutlich mehr Hirnfunktion hat als der Hulk, eine ganz erstaunliche Eingreiftruppe gesellt, um die Welt vor dem Bösen zu schützen, das in monströser Form an jeder Ecke lauert und eine Bedrohung galaktischen Ausmaßes darstellt. Aber der Reihe nach: Frankensteins Monster hat sich in den Dienst des Guten gestellt, ist mit dem Schwert eines Erzengels bewaffnet und seit Jahrzehnten bewährter Außendienst-Agent einer Organisation namens S.H.A.D.E. – Superhumane und Absonderliche Devensiv-Exekutive (OK, die Übersetzung kommt etwas holprig), die die Welt vor Bedrohungen schützt.
Vater Zeit leitet die geheime Eingreiftruppe, die ihr Hauptquartier in einer Flohzirkus genannten acht Zentimeter großen Kugel hat. Moderne Schrumpfungstechnik macht es möglich, dass dort ein ganzer Gebäudekomplex reinpasst, der mit eigener Atmosphäre ausgestattet ist. Vater Zeit, der sich alle Jubeljahre einen neuen Körper aussuchen muss, hat sich momentan als bezopftes Schulmädchen manifestiert und ruft Frankenstein, also Frank, aus dem Mondurlaub zurück. Da scheint eine Monsterinvasion im Gang zu sein und Franks Frau, ebenfalls S.H.A.D.E. –Agentin, ist bei der Erkundung verschwunden. Vater Zeit stellt Frank auch ein Team an die Seite, das aus einem Werwolf, einer Mumie, einen Hybridvampir und einer Amphibienfrau besteht – die Monster-Division. Jetzt kann der Kampf gegen das Böse richtig losgehen.
Man muss sich schon ein bisschen in die fantastische, von Monstern bevölkerte Welt hineinfallen lassen, um an dem Mischmasch und Crossover aus Sci-Fi, Horror und Fantasy Spaß zu haben. Aber Autor Jeff Lemire lässt sich wie auch beim Relaunch von „Animal Man“ von den Großen inspirieren und schafft doch etwas Eigenes, das von Zeichner Alberto Ponticelli mit ziemlich großer Dynamik und Lust an opulenten Massenkampfszenen umgesetzt wird. Die Truppe um Frank erinnert ein bisschen an Mike Mignolas roten Recken Hellboy und seine B.U.A.P.-Truppe, legt es aber deutlich mehr auf Action an. Ein Storyteil ist eine Hommage an Doctor Manhattan aus Alan Moores und Dan Gibbons Klassiker „Watchmen“. Frank selbst ist bei aller Bedrohung eigentlich mehr oder minder unkaputtbar, so dass die Spannung ein wenig flöten geht, aber das ist bei Superman auch nicht anders.
Nachdem man erstmal geschnallt hat, was in Superagent Frankenstein abgeht, macht das Ganze richtig Spaß und sorgt für monströse Unterhaltung mit hohem Gemetzelfaktor. Drama gibt‘s dennoch genug, denn Franks Ehe ist am Ende, und die Zusammenarbeit mit Lady Frankenstein sorgt beim großen Grünen für einige Hoffnung auf Versöhnung. Obwohl Superagent Frankenstein mehrere Storybögen enthält, gibt es doch eine übergeordnete Ebene, die das Ganze zusammenhält und für eine Rahmenhandlung sorgt, die ziemlich überzeugend ausgefallen ist. Es wird für Matt Kind, der Lemire als Autor ablöst, ganz bestimmt nicht einfach, das Niveau zu halten. So ist denn die „Men of War“-Story, die die beiden zusammen erarbeitet haben, auch die schwächste in dem Band und der nostalgische Charme mag nicht recht zünden, nachdem es zuvor so gerockt hat.
Der Auftaktband von „Superagent Frankenstein“ macht richtig Laune. Es geht rund in der Welt der Superhumanen und Absonderlichen Defensiv-Exekutive! Dies Toten sind definitiv wieder auferstanden!
Comic-Wertung: (7,5 / 10)
Superagent Frankenstein 1
OT: Frankenstein Agent of SHADE 1-9, Men of War 8, CD Comics
Genre: Comic, Action, Horror, Sci-Fi
Autor: Jeff Lemire, Matt Kindt
Zeichner: Alberto Ponticelli, Tom Derenick
Übersetzung: Joseph Rother
ISBN: 4198192119955
Verlag: Panini Comics, 228 Seiten, Softcover
VÖ: 15.01.2013
Weiterführende Links:
Frankenstein bei Panini
Jeff Lemire bei Wikipedia
Leseprobe bei Mycomics.de
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