Captain Underpants: Puper- äh Superheldenalarm

CAPTAINUNDERPANTS2Sicher, ich bin aus dem empfohlenen Lesealter für Dav Pilkeys Comic-Romane über den Superhelden Captain Underpants herausgewachsen. Immerhin ist die Lektüre eigentlich für sogenannte „Erstleser“ gedacht, also die Altersgruppe 8-10 Jähriger. Trotzdem, oder gerade deshalb, machen die Abenteuer des  eigenwilligen Helden ziemlichen Spaß. So dürfte es für millionenfachen Verkaufserfolg des inzwischen seit 1997 erscheinenden Comics mitverantwortlich sein, dass die Kinderbücher auch Erwachsenen Spaß machen. Panini hat die kultigen Bücher vor ein paar Monaten neu übersetzt wieder auf den Markt gebracht. Ich hätte schon vorher davon berichtet, aber man kommt ja zu nichts. Vor allem wegen der Flip-O-Ramas, aber dazu später mehr.

Nach eigener Aussage und um sich mit seiner jungen Leserschaft zu solidarisieren, haben die Lehrer dem Comiczeichner und Autor Dav Pilkey schon im Grundschulalter gesagt, er solle doch mit dem Unsinn aufhören. Vom Comiczeichnen könne man nicht leben. Sein Erfolg belehrt die Pauker eines Besseren.  Aber nun endlich zu Captain Underpants. Beziehungsweise zu George und Harold, denn die sind die eigentlichen Helden der witzigen Bücher. Die beiden sind dicke Freunde und gehen in die vierte Klasse. George liebt es, Comics zu zeichnen, und Harold denkt sich seltsame Geschichten aus. Außerdem haben die beiden nur Unsinn im Kopf. Sehr zum Ärger des Rektors Krupp, der den Schabernack der beiden ebenso unwitzig findet wie die Comics über Captain Underpants.

CAPTAINUNDERPANTS1_Dass Harold und George überhaupt auf Captain Underpants gekommen sind, ist total logisch, schließlich sehen die meisten Superhelden aus, als hätten sie ihre Unterbuxe übergezogen und sich dann in eine Cape gehüllt, dass doch nur aussieht wie eine Gardine. Eines Tages hat Rektor Krupp die beiden mal wieder erwischt und erpresst sie nun, zukünftig extrem brav zu sein. Mit einem Hypnosering, den Harold auf eine Zeitungsannonce hin kauft, gelingt es den Freunden, Mister Krupp zu hypnotisieren und in Captain Underpants zu verwandelt. Nur Superkräfte hat der Held noch nicht; und irgendetwas klappt auch nicht mit der Hypnose: jedes Mal wenn jemand klatscht, verwandelt sich der Rektor.

Keine Frage, „Captain Underpants“ ist ein Kindercomic, das die leseunwilligen Rotzlöffel mit ein bisschen Spaß dazu bringen will, auch mal ein Buch in die Hand zu nehmen. Und zu diesem Zweck hat sich Autor Dav Pilkey einige tolle Sachen einfallen lassen. Aber zu allererst, ist Pilkey einfach ein wunderbarer Erzähler: Die Geschichten sind lustig und kurzweilig, es gibt wiederkehrende Erzählstrukturen und die Ansprache der Leser erfolgt ziemlich direkt und in einer Sprache, die wohl ziemlich viele 8 bis 10-Jährige lustig finden. Viel fäkaler Sprachgebrauch, der aber im Grunde harmlos ist.  Schließlich befindet sich der heranwachsende Mensch, der das Buch in der Hand hält, gerade mitten in dem, was der Psychologe territorial-anale Phase nennt: Es geht um Revierabgrenzung, um das Setzen von Duftmarken in der sozialen Gemeinschaft. Da findet man Professor Pipipups, Monsterkloschüsseln, Windeln und ekliges Essen einfach witzig. (Manchmal- wie im Fall des Rezensenten – auch noch 40 Jahre später).

Vor allem aber hat Dav Pilkey einem Mordsgimmik in seine Comics eingebaut: Das Flip-o-Rama, das regelmäßig von der Ankündigung extrem brutaler Gewalt eingeläutet wird. Im Prinzip ist das eine Abwandlung des alten Daumenkinos, das mit nur zwei Seiten funktioniert, die man ganz schnell hin und her wedelt. Dadurch entsteht der Effekt, dass es nach lebendiger Action aussieht. Ich kann mir nicht helfen, bei der anvisierten Zielgruppe halte ich das für einen schlicht genialen Einfall.

CAPTAINUNDERPANTS2Doch „Captain Underpants“ ist keineswegs so schlicht, wie man auf den ersten Blick vermuten mag (wenn man älter ist als 10). Die Geschichten sind voller Verweise auf Superheldencomics und andere popkulturelle Phänomene. Das ist klug eingebaut und erhöht den Spaßfaktor bei Wiedererkennen ungemein. Im Grunde ist „Captain Underpants“ eher eine liebevolle Hommage an die Comics, mit denen auch viele von uns aufgewachsen sind, als dass diese satirisch verulkt werden. Die beiden Helden George und Harold erinnern ein wenig an vorpubertäre Versionen der notorischen Beavis und Butthead, sind aber deutlich sympathischer und altersgerecht immer wieder erstaunt, wenn ihre kleinen Streiche katastrophale Folgen haben, mit denen sie nicht gerechnet hatten.

Dav Pilkey hat inzwischen zig Millionen Captain Underpants Bucher verkauft. Von 2000 bis 2002 hat der Überreuter Verlag versucht, „Käpt’n Superslip“ im deutschsprachigen Raum zu etablieren. Vielleicht lag‘s an dem eher unglücklichen Übersetzungen, dass nach fünf Ausgaben Schluss war. Sanni Kentopf hat die kultigen Erstleseerlebnisse nun neu und wirklich gelungen übersetzt und die Hardcover-Ausgaben enthalten jeweils zwei Geschichten. Und keine Bange, der grandios tollpatschige Held kriegt auch noch Superkräfte und furzfiese Gegner zu bekämpfen.

Fazit: Alles in allem sind die beiden bisher erschienenen Bände  von „Captain Underpants“ ein veritabler Spaß, mit dem man nicht nur Lesemuffel  an die Wunderdroge Buch heranführen kann. Ein Riesensprung für den Nichtleser, ohne Arschkneiferzwischenfälle.

Comic-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

CAPTAINUNDERPANTS1_Dav Pilkey: Captain Underpants

Band 1: Großangriff der schnappenden Kloschüsseln …und noch ein Abenteuer

Band 2: Der Perfide Plan von Professor Pipipups …und noch ein Abenteuer

OT:The Adventures Captain Underpants (1997),

Captain Underpants and the Attack of the Talking Toilets (1999)

Captain Underpants and the Invasion of the Incredible Naughty Cafetera Ladies from Outer Space (1999)

Captain Underpants and The Perilous Plot of Professor Poopypants (2000)

CAPTAINUNDERPANTS2Autor & Zeichner: Dav Pilkey

Genre: Comic, Kinderbuch

Übersetzung: Sanni Kentopf

ISBN: 978-3-8332-2544-4 (BD 1); 978-3-8332-2545-1 (BD 2)

Verlag: Panini

VÖ:17.09.2012

Für ganz Neugierige: Weiterführende Links:

DavPilkeys Homepage mit Videos

Dav Pilkey bei Wikipedia (englisch)

Captain Underpants bei Wikipedia (englisch)

Captain Underpants bei Panini