Rum Diary: Tropenhitze und Hochprozentiges

Rum Diary 4Während in unseren Breiten der Sommer auf sich warten lässt, ist das Wetter auf der Karibikinsel Puerto Rico eignentlich fast immer überbordend sommerlich. Endlich kommt auch die deutsche Fassung von „Rum Diary“ in die Kinos. Nachdem der Film in den USA schon seit Oktober 2011 läuft, rührt der Verleih hierzulande die Webetrommel mit dem Slogan „Fear and Loathing in Puerto Rico“. Nu je, es lässt sich wohl nicht vermeiden, auf Hunter S. Thompsons legendären Wüsten-Trip zu verweisen, wenn Superstar Johnny Depp zum zweiten Mal in das literarische alter Ego von Mister Gonzo schlüpft. Um das also gleich klarzustellen: „Rum Diary“ ist nicht „Fear and Loathing in Las Vegas“ Teil Zwei, sondern hebt sich wohltuend von Terry Gilliams Meisterwerk ab. „Rum Diary“ hat seine eigenen Stärken.

Rum Diary 2Anfang der 1960er Jahre verschlägt es den jungen amerikanischen Journalisten Paul Kemp (Johnny Depp) nach Puerto Rico, um für die San Juan Daily News zu schreiben. Die amerikanische Zeitung wird von Paul Lotterman (Richard Jenkins) mehr schlecht als recht geleitet. Kemp schlägt mit einem gefälschten Lebenslauf, einem gehörigen Kater und einer dementsprechenden Coolness in Lottermans Büro auf und wird dazu verdonnert die Horoskope zu betreuen. Außerdem soll er noch ein bisschen Touri-Klatsch beisteuern.

Kemp ist alles andere als angetan und stürzt sich in das Sammelbecken aus Chaoten, Säufern und schrägen Typen, die sich Redaktion nennen. Zusammen mit dem Fotografen Sala (Michael Rispoli) erkundet er die Insel und die Qualität der einheimischen Bars. Irgendwann gesellt sich auch das durchgeknallte Redaktionsunikum Moberg (Giovanni Ribis) zu den beiden.

Rum Diary 8Kemp eilt sein Ruf als guter Schreiber voraus und so spricht ihn der Ex-Journalist Sanderson (Aaron Eckhart) an, ob Kemp nicht auch für ein noch nicht ganz spruchreifes Hotelprojekt arbeiten würde. So ganz koscher sind die Investitionspläne aber nicht und Kemps Gerechtigkeitssinn erwacht. Wird aber immer wieder von alkoholschwangeren Ablenkungen in den Schlaf gewogen. Und dann wäre da noch Sandersons Verlobte Chenault (Amber Heart), auf die Kemp fataler Weise ein Auge geworfen hat.

„Rum Diary“ gilt als der erste Roman von Hunter S. Tompson, der mit seinem journalistischen Stil nicht nur einen Berufszweig, sondern auch die literarische Welt auf dem Kopf stellte. Veröffentlicht wurde „Rum Diary“ allerdings erst zu Zeiten, als Thompson schon längst Mister Gonzo war. Bei den Dreharbeiten zu „Fear and Loathing in Las Vegas“ lernten sich Depp und Thompson kennen und blieben bis zum Selbstmord des Autors 2005 Freunde. Johnny Depp war es ein Herzenswunsch „Rum Diary“ zu verfilmen und zusammen mit Regisseur und Drehbuchautor Bruce Robinson erweckt er die Karibikinsel Puerto Rico zum Leben, die seit Ende des 19. Jahrhunderts zu den „Außengebieten der USA“ zählt.

Rum Diary 3Alles hier ist von den amerikanischen Eindringlingen dominiert und die einheimische Bevölkerung sieht das nicht nur mit Wohlwollen. Die Stimmung im Land ist ebenso unterschwellig explosiv wie das Wetter mit seiner unbändigen Hitze zermürbend ist. Die Truppe der Journalisten um Kemp weiß sich ihren Spaß zu suchen und benimmt sich dabei ein ums andere Mal wie die Axt im Walde. Aber das gilt gleichermaßen für die amerikanischen Investoren, die die Insel und ihre Bewohner eigentlich nur als exotische Kulisse wahrnehmen und nur auf wirtschaftliche Ausbeutung aus sind.

Rum Diary 11Nun, „Rum Diary“ wäre kein Werk von Hunter S. Thompson, wenn es bei all dem gesellschaftlichen Drama nicht auch absurd, durchgeknallt und witzig zugehen würde. Doch der Journalist und Autor Paul Kemp, Thompsons literarisches Alter Ego, steht erst am Anfang seiner Karriere und so sucht der Schreiber noch nach seiner Stimme und der Exzess sprengt den Rahmen noch nicht gänzlich. Johnny Depp nimmt Kemp deutlich weiter zurück als Raoul Duke in Terry Gilliams „Fear and Loathing“, dieselbe Coolness im Angesicht des selbst angerichteten Chaos allerdings ist vorhanden. Das Filmteam setzt allerdings auf eine bestmögliche Umsetzung der Romanvorlage und zieht seine eigene Inszenierung durch. Las Vegas war gestern, dies ist San Juan.

Die Verfilmung von „Rum Diary“ ist übrigens ein willkommener Anlass, mich wieder mit dem literarischen Schaffen von Hunter S. Thompson zu beschäftigen. Insofern werden Interessierte auf diesen Seiten in loser Folge einige Buchbesprechungen finden. Es liegt auf der Hand, dass „Rum Diary“ demnächst den Auftakt macht.

Fazit: Die Roman-Verfilmung “Rum Diary“ nach der gleichnamigen Vorlage von Kultautor Hunter S. Thompson überzeugt mit einer großartig aufgelegten Darstellerriege, die Superstar Johnny Depp um sich versammelt hat. Neben absurdem Witz und gelegentlich ausuferndem, subversivem Exzess ist vor allem der Zeitgeist zu Beginn der 1960er auf Puerto Rico trefflich eingefangen. „Rum Diary“ ist eine gelungene, sehenswerte Literaturverfilmung. Wer allerdings ein weiteres „Fear and Loathing in Las Vegas“ erwartet sollte besser zu Hause bleiben.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Rum Diary Plakat„Rum Diary“
OT: „The Rum Diary“
Genre: Komödie, Drama
Länge: 120 Minuten, USA 2011
Regie: Bruce Robinson
Darsteller: Johnny Depp, Amber Heart, Aaron Eckhart,  Giovanni Ribisi, Richard Jenkins
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Wild Bunch/ Central Film
Kinostart: 2.August 2012

Weiterführende Links:
Deutsche Film-Homepage

Hunter S. Thompson bei Wikipedia

Rum Diary (Buch) bei Wikipedia

Zur Buchkritik von Rum Diary