Top 5 : Musikfilme 2011

utopia-ltd-3-Filme, in denen die Musik eine tragende thematische Rolle spielt, sind zwar zumeist Dokumentarfilme über Bands oder Künstler, aber das muss nicht so sein: Es gibt auch immer mal wieder gelungene Spielfilme über Musiker oder musikalische Phänomene. Der Musikliebhaber konnte sich 2011 nicht über zu wenig Musikfilme beschweren, allerdings waren nicht so viele begeisternde dabei wie im Jahr 2010, auf die große Leinwand schafften es wieder mal die wenigsten. So bleibt der Home Entertainment Sektor als Tummelplatz für filmische Musikfans. Dennoch, es gab Einiges wirklich Sehenswertes zum Thema Musikfilm.

Spielfilmtechnisch war das Jahr im Musikfilm eher mau. Hollywood hat sich mit dem Country-Drama „Country Strong“ leider verhoben und eine zähe Alkoholiker-Story abgeliefert. Auch sonst wenig überzeugendes Fiktionales zum Thema Musik. Zumeist dramatisch überhöhte Bio-Pics mit wenig Charisma. Insofern verwundert es nicht, das die große Masse an Musikfilmen im Doku-Bereich angesiedelt war und ist. Eine Ausnahme findet sich dann aber doch in den Top 5.

TheBusters-KfdE-cover-FDas Spektrum an Musik-Dokus reicht von Band-Dokus, die im Grunde nur für Fans relevant sind wie sie Pearl Jam zum 20. Bandjubiläum und die Foo Fighters veröffentlicht haben, bis hin zu der eher soziologischen Betrachtung von Plattenläden, die ich auf dem Unerhört Filmfest gesehen habe, oder auch die Suche eines holländischen Journalisten nach Sly Stone. Aber die Filme waren im normalen Kinoprogramm nicht zu sehen. Gelegentlich muss man warten, bis sich das Fernsehen dieser Perlen annimmt, wie etwa der durchaus gelungenen Doku über Joan Baez „How Sweet The Sound“ die aus der Reihe American Masters stammt und es irgendwie in das Nachtprogramm der Spartenkanäle geschafft hat.

LemmyAmoeba1Dass große Namen nicht unbedingt gleichbedeutend mit großen Filmen sind, versteht sich; den Nachweis hat  Regisseur Martin Scorsese mit seiner ausufernden dreistündigen George Harrison Doku ebenso geliefert, wie die Ozzy-Doku „God Bless Ozzy Osbourne“, die von Ozzys Sohnemann produziert wurde und in der es eher darum ging, wie die Familie Osbourne ihren Alkoholmissbrauch in den Griff bekommt. Ein legitimes Filmanliegen, aber irgendwie auch müßig. Dass neue Technik noch keinen guten Film macht, belegt der Konzertfilm der Berliner Philharmoniker „In Singapur“. Das ist zwar alles schön in 3D gefilmt und das Konzert wird in seiner Gänze verfolgt, doch wie jedes Live-Video geht der Film davon aus, dass es interessant sei, zu sehen, was man hört. Was meiner bescheidenen Meinung nach nicht zutrifft. Wie auch immer, es gab viele Musikfilme über Künstler aus beinahe jedem Genre,

hier sind die Top 5 Musikfilme 2011

5. Benda Bilili

Benda-Bilili-PlakatIn Bandprojekt von Straßenkünstlern aus Kinshasa, die auch noch alle an Polio leiden, wird in dem Dokumentarfilm „Benda Bilili“ gezeigt. Das hat eine schöne Dramaturgie und mit der erfolgreichen Europatour der armen Musikanten gibt’s auch ein Happy End. In wie weit sich die Filmmacher dabei selbst in den Erfolg eingemischt haben, ist nicht zu sagen, schwierig ist ein solches Eingreifen allerdings schon, auch wenn ich der Staff Benda Bilili jeden Erfolg gönne. Schöner Film, tolle Musik. Hier geht’s zu Rezension und Trailer.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

4. Sing, Inge, Sing

singingesingDie  Künstlerin ist nahezu in Vergessenheit geraten: Inge Brandenburg galt in den 1960ern als die deutsche Jazzsängerin, doch durch schlechtes Management, falsche Karriereentscheidungen und vor allem eine Musikindustrie, die konstant Schlager verkaufen wollte, ist die Kariere der Inge Brandenburg nie wirklich durchgestartet. „Sing, Inge, Sing“ setzt der deutschen Billie Holliday ein sehenswertes und spannendes Denkmal. Es kommen Zeitzeugen und musikalische Weggefährten zu Wort und es gibt einige tolle Archivaufnahmen. Der Impuls zu dem Film lag übrigens auf dem Flohmarkt herum. Aus der Faszination eines Fotoalbums einer unbekannten Frau ergaben sich die Recherchen und letztlich der Film „Sing, Inge, Sing“. Hier geht’s zur ausführlichen Filmbesprechung und zum Trailer.

Film-Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

3. Sound of Noise

sound-of-noiseEine Truppe von schwedischen Drummern und Künstlern macht schon seit einiger Zeit das Internet unsicher und begeistert immer wieder mit tollen originellen Musikvideos, in denen mit normalen Gegenständen Musik fabriziert wird („Music or One appartment and Six Drummers“). Im vergangenen Jahr kam endlich das Filmprojekt der Crew in die Kinos. Die „Musikterroristen“ bespielen die schwedische Hauptstadt Stockholm mit einer Symphonie in mehreren Akten. Ein unmusikalischer Kommissar versucht die Bande zu fassen. Das hat handlungstechnisch zwar einige Kanten und ist nicht immer ganz nachvollziehbar, aber die Musik und ihre Inszenierung sind schlicht grandios, grooven und machen einfach Laune. „Sound of Noise“ – unbedingt ansehen.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

2. Kent Nagano –Montreal Symphony

Nagano-FilmplakatDass Filme über klassische Musik funktionieren können, ohne dass das Publikum über Vorbildung verfügt, beweist die Dokumentation über den Dirigenten Kent Nagano, der mit seinem Engagement für das Montreal Symphonie Orchester (OSM) erstaunliches leistet, nicht nur in Bezug auf musikalische Interpretation, sondern auch im Sinne musikalischer Sinnstiftung und Integration. Die Musiker engagieren sich in der Stadt und gehen auch auf erstaunliche Konzertreise in den ungastlichen Norden Kanadas. Das ist spannend zu beobachten und filmisch fein aufbereitet. Ganz nebenbei ist der ruhige Kent Nagano einfach ein kluger, sympathischer Mensch. Hier geht’s zur Filmbeprechung.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

1. Mama Africa

MamaAfricaEigentlich wollte der finnische Regisseur Mika Kaurismäki den Film über Miriam Makeba mit ihr zusammen drehen, doch kurz zuvor verstarb die Stimme Südafrikas. „Mama Africa“ ist ein grandiose Portrait einer Ausnahmekünstlerin geworden. Obwohl sie unzählige Berühmtheiten kannte, kommen in der Doku nur Vertraute, Freunde und Familie zu Wort. Der Verzicht auf Promipower macht den Film intimer und Kaurismäkis großartiger Umgang mit dem Archivmaterial ist eine Klasse für sich. Immer wieder werden mehrere Aufritte auf beinahe zappaeske Weise zusammengeschnitten, so ergeben sich ständig unterschiedliche Interpretationen der Songs und neue Sichtweisen, ohne dass die Musik darunter leidet. Das ist wahrlich meisterhaft. Zur Kurzrezenison. Viel Spaß mit dem Trailer.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)