Alte Liebe rostet nicht und selten vergisst man die prägenden Phasen im Leben. Anfang der Neunziger Jahre ging ein Beben namens Grunge durch die Welt, das sein Epizentrum in Seattle hatte und komplett unterschiedliche Bands willkürlich zusammenfasste. In diesem Jahr beschert uns das Nachbeben zwei Jubiläen: Nirvanas „Nevermind“ erschien 1991 und aus den Überbleibseln einer Band namens Mother Love Bone entstand eine der einflussreichsten Bands der Neunziger und eine der beständigsten im Rockzirkus: Pearl Jam. Zum 20. Geburtstag der Band gibt’s für Fans die Vollbedienung und die Wochen-Highlights stehen deutlich im Zeichen dieses außergewöhnlichen Bandbestehens. Aber dazu später mehr, hier sind die Veranstaltungstipps vom 15. September 2011:
LIVE: Kurzentschlossene können sich heute abend noch aufmachen in Übel & Gefährlich. Dort geben sich die kalifornischen Newcomer The Dead Trees die Ehre und schleudern ihren gefälligen Gitarren-Pop ins Publikum. Das Besondere an The Dead Trees ist die Art und Weise, wie die vier ihr Album finanziert haben: Mit einer Spendensammlung übers Internet, dem sogenannten Crowd Funding, ist es den Jungs gelungen, genügend Schotter zusammenzubekommen, um ein Album aufzunehmen. Den Sound der Band gibt’s auf deren Myspace-Seite zu hören. Und weil die toten Bäume wissen, was sie ihren Fans schuldig sind, sind die Wahlkalifornier vor dem Gig noch um 18:00 im Plattenladen Michelle zu hören und zu sehen. Mehr dazu auf der Facebook-Seite des Plattenladens. Das ist doch mal ’ne nette Aktion.
KINO: Die Leinwand-Neuheiten sind nicht schlecht, aber auch nicht spektakulär.
Am besten hat mir dabei „Easy Money“ gefallen. Der schwedische Thriller nach dem Bestseller „Stockholm Crime“ (OT „Snabba Cash“) von Jens Lapidus hat auch als Film rekordverdächtig in der schwedischen Heimat eingeschlagen. Im Prinzip geht’s um den Einstieg eines jungen Wirtschaftsstudenten in die organisierte Drogenkriminalität: Dadurch bekommt JW (Joel Kinnaman) die Chance, mit seinen Jet Set Kumpels mitzuhalten und gesellschaftlich aufzusteigen. Regisseur Daniél Espinoza verwebt den Aufstieg des skrupellosen Karrieristen dabei geschickt und spannend mit den Geschichten eines kolumbianischen Dealers und eines bosnischen Mafia-Schlägers. „Easy Money“ ist äußerst stimmig und ziemlich spannend geworden. Hier geht’s zur ausführlichen Filmbesprechung.
Film-Wertung: (7,5 / 10)
DVD: Das Highlight auf dem Home Entertainment Sektor ist dieser Tage das Drama „Von Menschen und Göttern“. Der Film beruht auf Tatsachen: In Algerien leben Trappisten-Mönche abgeschieden und friedlich inmitten einer muslimischen Umgebung bis eines Tages die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Rebellen auch in diese abgeschiedene Welt einbrechen. Die religiös motivierte Gewalt nimmt Überhand und das Kloster wird zum Ziel von Fundamentalisten. Die Mönche selbst schwanken zwischen Gehen und Bleiben und geraten dabei zwischen die Fronten. Die sehenswerte und tragische Geschichte über Toleranz und Menschlichkeit, Nächstenliebe und Glauben räumte zahlreiche Preise und großes Lob ab und hat auch im Heimkinoformat noch viele Zuschauer verdient.
Film-Wertung: (7 / 10)
MUSIK: Die amerikanische Band mit dem eigenwilligen Namen Blitzentrapper ist schon eine Weile im Geschäft.
„American Goldwing“ ist ihr sechstes Album und die fantastische Experimentierwut der Band ist noch immer nicht abgeklungen. Auf der Basis alternativer Folk- und Country-Musik strecken Blitzentrapper ihre Tentakel in jede nur denkbare Richtung aus. Das hat bisweilen einen hippyesken Charme aber von nostalgischer Sechzigerjahre-Anbetung sind die sechs Musiker aus Portland, Oregon, meilenweit entfernt. Viel eher geht es den Jungs ums Musizieren und Ausloten von Grenzen. Live ist das schon recht spektakulär und höchst unterhaltsam. Aber weil Blitzentrapper viel zu selten hier sind, kann man sich auch mit dem neuen Album über die Runden helfen. Auf Youtube gibt’s das gesamte Album im Stream. Ohren auf! Ungeduldige und Band -Neulinge sollten allerdings einwenig Geduld mitbringen. Der Sound von Blitzentrapper erschließt sich nicht so nebenbei.
PEARLJAM: So, jetzt aber Ehre wem Ehre gebührt. Seit 20 Jahren sind Pearl Jam nun schon in der Welt der Rockmusik unterwegs und haben es dabei geschafft, neun Studio-Alben zu veröffentlichen, die sich regelmäßig auch in den Spitzen der internationalen Charts wiederfinden. Die umtriebigen Musiker haben alle auch noch Side-Projekte am Start und wenn Pearl Jam auf Tour gehen, gibt es von fast jedem Auftritt ein Live-Album. Die Fans danken es und es macht einfach Spaß, die unterschiedlichen Setlist zu vergleichen und die besten Version der Songs ausfindig zu machen. Aber das werden alle, die Pearl Jam sowieso für Langweiler halten (ja, die gibt es auch), sowieso nie verstehen. Gleichviel: Zum Bandjubiläum gibt es die Doku über Pearl Jam „PJ 20“, Regie führte Cameron Crowe („Singles“, „Almost Famous“) mit dem die Band seit Jahren verbunden ist. Auf der eigens eingerichteten Internetseite pj20.com gibt es alle infos zum Bandjubiläum und auch einen Song zum freien Download. Wann das Teil in Deutschland erscheint ist noch nicht raus. Aber: Am 20. September ist die Doku weltweit und einmalig in ausgewählten Kinos zu sehen. Die Screenings findet ihr hier. Außerdem erscheint vorab, nämlich jetzt, der Soundtrack zum Film. Die Doppel-CD enthält 29 ausgesuchte Live-und Demoversionen, darunter einige Raritäten und etliche Besonderheiten. Außerdem kommt auch die Band-Biographie PJ 20 als Buch zum Film in den Handel, zumindest auf Englisch. Auch hier ist die deutsche Version noch ohne Veröffentlichungstermin. Ja, ich freue mich.
Kommt sicher durch die Woche.