Das war keine gute Woche für Musikfans: Amy Winehouse verlässt uns tragischer Weise viel zu früh. Reiht sich in den vielzitierten, komplett blödsinnigen 27 Club ein und jetzt sitzen wir da. Auch aus diesem Grund gibt’s heute ganz spezielle Alben-Empfehlungen. Im Kino drängeln sich mit „Cars 2“, „Green Lantern“ und „Nix zu verzollen“ die Blockbuster, während der britische Zauberlehrling sich ungebrochener Beliebtheit erfreut. Auf dem Musiksektor tut sich live deutlich mehr als auf Konserve und ich hab einen schönen Buch-Tipp für euch: Steve Earle gibt sein Debüt als Romanautor: „I’ll never get out of this world alive“ – frei nach Country-Legende Hank Williams. Womit wir ja wieder beim Thema wären. Na, da bin ich ja schon mittendrin, in den Wochentipps vom 28. Juli 2011:
LIVE: Ja gut, der Blues-Gitarrist Hans Theessink war vor ein paar Monaten schon mal in der Stadt, nun gibt’s einen kleinen aber feinen Nachschlag: Der Meister kommt am Sonntag (31.07.) solo in den Cotton Club zu Hamburg und wird auch diesmal wieder mit hochklassigem Gitarrenspiel beeindrucken. Thessink gehört inzwischen längst zu den großen europäischen Blues-Musikern und die intime Stimmung eines Solo-Sets lässt die Ursprünge wieder lebendig werden. Außerdem kommen am 29. noch Flensburg und am 30. Groß Barkau (mit Terry Evans) in den Genuss dieses außergewöhnlichen Gitarristen. Auf der Myspace-Seite gibt’s akustische Appetizer.
Zu ganz anderer Meisterschaft hat es Jello Biafra gebracht, der Meistererzähler des Punk wird seit den Anfängen der Dead Kennedys nicht müde, seine Kritik an der Gesellschaft auf die Meute loszulassen. Das aktuelle Biafra-Outfit Guantanamo School of Medicine hat jüngst seinen zweiten (Long)-Player veröffentlicht „Enhanced Methods of Questioning“. Nun sind die Kollegen auch auf der Bühne zu bewundern, jagen die Hardcore-Sau durchs Dorf und geben sich am 28.7. (Heute!) im Hamburger Knust die Ehre. Mag ja sein, dass das komplett Old School ist, aber dadurch wird es nicht falsch, sich politsich einzumischen und Standpunkte zu beziehen. Live ist Jello Biafra noch immer ein Wirbelwind. Der Mann ist Legende! Die Post geht garantiert ab und wer zuviel Energie übrig hat, kann sich hier richtig austoben.
KINO: Das Sommerkino lockt mit bunter Unterhaltung: Der Animationshit „Cars 2“ ist ziemlich rasant und ganz gelungen ausgefallen, „Green Lantern“ eher nicht so dolle; Effekte stimmen zwar, aber die Story hat Längen und die Dialoge sind teilweise arg pubertär. Die französische Grenz-Komödie „Nichts zu verzollen“ funktioniert wie „Willkommen bei den Schti’s“, macht aber viel gute Laune. Kann man alles glotzen.
Der dokumentarische Kino-Neuzugang „Tom Meets Zizou“ bietet ein Portrait des Fußballers Thomas Broich, der in Deutschland als großes Talent und eigenwilliges Genie gilt und am Profigeschäft der Bundesliga verzweifelt ist, nun scheint Broich in Australien sein fußballerisches Glück gefunden zu haben. Wäre die eigentlich sehr gelungene Doku von Filmemacher Aljoscha Pause nicht so elend lang ausgefallen (133 Minuten), könnte man den Film bedenkenlos allen empfehlen. So sollte der Zuschauer schon gerne ein Faible fürs Kicken haben. Interessante Einblicke sind garantiert. Mehr Infos und den Trailer auf der offiziellen Film-Homepage. Im Hamburg im 3001 zu sehen. Hier geht’s zur ausführlichen Rezension.
BUCH: Der DVD-Markt gibt diese Woche nicht mal den Hauch einer Empfehlung her. Zeit, mal wieder ein gutes Buch in die Finger zu nehmen.
Der Songwriter und Gitarrist Steve Earle hat in diesem Jahr mit „I’ll never get out of this world alive“ eine hochgelobte Americana-Scheibe veröffentlicht (Americana, New Country, alt Country, nur Country, Singer/Songwriter-Zeug, Country Rock, , call it what you want). Wie auch immer: Zeitgleich hat Earle an einem Roman gleichen Titels gearbeitet, der nun erschienen ist und viel Spaß macht. Hier findet ihr die ausführliche Buchbesprechung.
Der Titel ist einem alten Hank Williams Song entliehen und im Roman geht es um einen abgehalfterten ehemaligen Arzt und Freund von Hank Williams, der in den 1960ern seine Drogensucht mit illegalen Abtreibungen finanziert. Doch damit nicht genug: Doc wird von Williams Geist verfolgt, der auf ihn zu warten scheint. Dann taucht eines Tages ein mexikanisches Mädchen bei Doc auf und beeinflusst auf wundersame Weise das komplette Leben in Docs Hood am Straßenstrich in San Antonio, Texas.
„I’ll never get out of this world alive“ ist unterhaltsam, kunstvoll konzipiert und beizeiten wirklich witzig ausgefallen. Scheint fast so, als hätte Steve Earle auch seine eigenen Dämonen mit dem Roman ausgetrieben. Aber das ist selbstverständlich nur Spekulation. Mehr Infos, eine Leseprobe und eine Interview mit Steve Earle zu seinem feinen Roman findet sich auf der Homepage des Blessing Verlag.
MUSIK: Aktuell noch immer Sommerflaute auf dem Musikmarkt, aber aus aktuellem, tragischem Anlass verweise ich auf zwei wunderbare Sampler aus dem Hause Trikont, die zwar schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben aber zum Thema Tod und Trauer in der Musik unverzichtbar in jede Sammlung gehören: „Dead & Gone“. Die „Trauermärsche“ widmen sich eher dem folkloristischen Wesen von Trauermusik und glänzen durch eine kompetente und abwechslungsreiche Zusammenstellung. Erstaunlich punky kommt die Trauerkapelle aus Saigon daher. Ein schräges Vergnügen. Wer eher in Pop- und Rockgefilden bleiben will, sollte die Compilation „Totenlieder – Songs of Death“ mal versuchen. Auch hier ist die Zusammenstellung exquisit und wunderschön traurig. Beide Sampler sind mit einem informativen Booklet ausgestattet und das tolle Artwork bilden die grandiosen Calaveras (Skelette) des mexikanischen Künstlers José Guadelupe Posada.
Soviel zur musikalische Trauerarbeit im memoriam Amy Winehouse.
Kommt sicher durch die Woche.