Die Geschichte der kongolesischen Band Staff Benda Bilili mutet märchenhaft an: Von dem Elend der Straßen Kinshasas zu umjubelten Auftritten auf europäischen Bühnen. Doch es steckt deutlich mehr als nur eine Bilderbuch-Fabel in dem Dokumentarfilm „Benda Bilili!“: Der Film hat das Leben der Musikgruppe, die zum großen Teil aus Poli-Versehrten besteht über Jahre hinweg begleitet. Der Film startet am 19. Mai 2011 in den Kinos und läuft am 9.4. auf dem Unerhört! Musikfilmfest in Hamburg.
Eher zufällig haben die beiden französischen Dokumentarfilmer Renauld Barret und Florent de la Tullaye im Jahr 2004 auf Streifzügen durch die abseitigen Viertel Kinshasas eine Gruppe von Straßenmusikanten entdeckt. Von Anfang an waren die Filmemacher fasziniert, was nicht nur an der hypnotischen Musik und dem mitreißenden Enthusiasmus lag, sondern auch der Tatsache geschuldet ist, dass sich Staff Benda Bilili nicht von den widrigen Lebensumständen unterkriegen lassen.
Auf den Straßen der Armut in Kinshasa
Die Demokratische Republik Kongo, das ehemalige Zaire, hat nach Bürgerkriegen, Ausbeutung und Diktatur schwere Zeiten hinter sich und gilt noch immer als eines der ärmsten Länder der Welt. Die Gesundheitsversorgung ist äußerst schlecht und das Land hat heute noch weltweit die höchste Neuerkrankungsrate an Polio (Kinderlähmung). Die Metropolregion Kinshasa ist die zweitgrößte in Schwarzafrika und das Elend breitet sich aufgrund der anhaltenden Landflucht der Bevölkerung immer weiter aus. Viele hoffen auf ein Auskommen in der Stadt und landen auf der Straße.
Das Straßenmusiker Ensemble Staff Benda Bilili besteht nur aus Menschen, die auf der Straße leben. Was sich seit dem Erfolg der Band geändert hat. 2004 gründeten die Freunde Ricky Likabu und Coco Ngambali, die beide unter den Folgen von Polio leiden, ein eigenes musikalisches Projekt, dass sich explizit aus Polio-Versehrten und Straßenkindern zusammensetzt und sich auch inhaltlich mit den Lebensumständen der Band beschäftigt.
Rumba Lingala als Puls des Lebens
Staff Benda Bilili pflegen dabei ihren volkstümlichen Musikstil, die Rumba Lingala, benannt nach der Landessprache Lingala, um ihre durchaus ersten Texte zu transportieren. Doch die Musik ist offen für andere und neue Einflüsse, so dass sich eine hypnotische und sehr lebendige Mixtur ergibt, die den Erfolg der Band ausmacht. Teilweise spielen die Musiker auf selbstgebastelten Instrumenten, wie der Solist Roger Landu, der aus seiner einseitigen Laute erstaunliche Melodien zu Tage fördert.
Die Musiker treten in den ärmlichen Gegenden Kinshasas gegen Spenden auf der Straße auf, um das magere tägliche Einkommen aus Straßenhandel und Gelegeheitsjobs aufzubessern und die Familien zu versorgen. Der Traum, ein Album aufzunehmen und durch den musikalischen Erfolg das eigene Leben zu verbessern ist von Anfang an präsent. Die Band versucht regelmäßig zu proben und das Repertoire zu erweitern. Angesichts der Armut gestaltet sich das allerdings schwierig.
Immer wieder Schicksalsschläge…
Als dann die Unterkunft der Polio-Opfer komplett abbrennt werden die musikalischen Träume zunächst zur Seite geschoben. Der junge Roger geht zurück in sein Heimatdorf und auch das Geld der französischen Filmemacher geht zur Neige.
Bis zum nächsten Besuch des Filmteams tut sich Einiges. Die Regisseure haben sich auch finanziell auf Staff Benda Bilili eingelassen und einen Toningenieur angeheuert. Doch bevor es mit den Aufnahmen Ernst wird, müssen die Bandmitglieder zusammengesucht werden. Auch dieser Karriereschritt der Straßenmusiker geht nicht reibungslos vonstatten. Doch am Ende stehen die Verwirklichung des Traumes von eigenen Album – „Très Tès Fort“ (sehr sehr stark). Auch der Erfolg in Europa lässt nicht auf sich warten und die Band geht erfolgreich auf Tour.
…und ungebrochener Lebensmut
Vordergründig ist „Benda Bilili!“ eine recht konventionelle Musikdokumentation, die vom Aufbau und der Dramaturgie der Erzählstruktur des Erfolgsmärchens folgt. Auch das Engagement von Renauld Barret und Florent de la Tullaye kann man durchaus kritisch betrachten, was die dokumentarische Unabhängigkeit angeht. Andererseits schildern sie durchaus exemplarisch die desaströsen Lebensumstände der armen Bevölkerung in Schwarzafrika.
Doch was dem Musikfilm an Dramaturgie fehlt, wird durch die grandiose Musik und die ansteckende, unverwüstliche Einstellung der Musiker wieder ausgeglichen. Den vermeintlichen Behindertenbonus haben Staff Benda Bilili aufgrund ihre musikalischen Qualität nie benötigt. Als Musiker und Komponisten überzeugt die Band durch Kreativität und Disziplin und soziales Engagement.
Es ist absolut bewunderungswürdig wie die Polio-Versehrten und die Straßenkinder sich gegen ihr scheinbar vorbestimmtes Schicksal im Elend der Straßen von Kinshasa auflehnen und damit auch das Leben ihrer Familien und Freunde verbessern.
Fazit: Der Dokumentarfilm „Benda Bilili!“ überzeugt durch seinen Inhalt und gleicht aus, was an filmischen Format eher konventionell ausgefallen ist. Dennoch ist der Film absolut sehenswert: Der Lebensmut und der unerschütterliche Wille, die eigene Existenz trotz aller Schicksalsschläge zu verbessern, treiben Staff Benda Bilili voran. Eine ihrer Kraftquellen ist die Musik.
Film-Wertung: (7,5 / 10)
Benda Bilili!
OT: Benda Bilili!
Genre: Dokumentation, Musik,
Länge: ca. 84 Minuten, F, 2010
Regie: Renauld Barret, Florent de la Tullaye
Darsteller: Staff Benda Bilili
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Kool Film
Kinostart: 19.05.2011
Weiterführende Links:
offizielle Homepage von Staff Benda Bilili
zum Filmtrailer
zum Unerhört!-Musikfilmfest
Ein Kommentar
Ich denke, dass der Film den Zuschauer dazu bringen kann, über das eigene Leben zu reflektieren und zur eventuellen Änderungen der eigenen Lebenssituation bewegen kann.