Watchmen – Und die Welt ruft: Rette mich!

watchmen21Bildgewaltig und finster zieht sich der Moloch „Watchmen – Die Wächter“ über die Leinwand. Die Rufe der Propheten verhallen ungehört in der Betonwüste und die Apokalypse ist nah. Dann fliegt ein abgehalfterter Mann aus dem Fenster seines trostlosen Apartments und stirbt alt und allein auf der nächtlichen Straße.

Von einem mysteriösen, gesichtslosen Killer getötet, findet der einstige Superheld „Comedian“ sein unrühmliches Ende. Die Welt der „Watchmen“ scheint uns oberflächlich vertraut doch sie ist grundlegend anders. Die Menschheit wartet förmlich auf des Jüngste Gericht und die „Doomsday Clock“ zeigt kurz vor zwölf. Die Gesellschaft ist kalt und zynisch geworden und hat vergessen, dass es Hoffnung und Visionen einer besseren Zukunft braucht, um die Gegenwart zu ertragen.

Watchmen-lineupEs brodelt im Amerika der „Watchmen“: Die Menschen leben in Furcht vor der drohenden Atomkatastrophe und die Zeiten sind schlecht im parallelen Universum der 1980er Jahre. Auch Präsident Nixon, der zum dritten Mal wiedergewählt ist, verbreitet keine Zuversicht und die sozialen Unruhen weiten sich aus.

Die Zeit der Superhelden ist vorbei und die verdienstvolle Truppe der „Watchmen“ wurde von der Regierung in Rente geschickt. Jetzt führen die sechs ausrangierten Helden ganz unterschiedliche Leben: „Dr. Manhattan“ (Billy Crudup) und „Ozymandias“ (Matthew Goode) sind geachtete Mitglieder der Gesellschaft, „Silk Spectre II“ (Malin Akerman) lebt mit „Dr. Manhattan“ als gelangweilte Hausfrau, „Night Owl II“ (Patrick Wilson) und der „Comedian“ (Jeffrey Dean Morgan) verkriechen sich in der Anonymität und „Rorschach“ (Jackie Earle Haley) schleicht durch die Dunkelheit wie ein Getriebener. Er als einziger der ehemaligen „Watchmen“ ist in Kontakt mit der Welt geblieben. Er beobachtet, lauert, verfolgt den Lauf der Dinge und sieht die Zeichen.

watchmen-3Der Mord am „Comedian“ bringt ihn wieder zu seinen ehemaligen Mitstreitern, doch seine Warnungen verhallen ungehört. Keiner will etwas wissen von einer Bedrohung, alle wursteln weiter wie bisher. Und so zieht „Rorschach“ weiter kehlig flüsternd durch die Straßen, auf der Suche nach dem Grund, nach dem Bösen, das es zu vernichten gilt. Doch die Grenze zwischen Gut und Böse existiert nicht mehr.

watchmen08„Watchmen“ bewegt sich konstant und konsequent in der Grauzone jenseits moralischer Dimensionen. Die Helden in Zack Sniders („300“) Adaption des legendären Comics von Dave Gibbons (Zeichnung) und Alan Moore (Text, „V wie Vendetta“, „From Hell“, „Constantine“) pendeln zwischen Gleichgültigkeit und Größenwahn, zwischen Psychose und Nostalgie. Von ruhmreichen Taten will hier niemand mehr etwas wissen. Handeln wird allein aus Notwendigkeit geboren. Und als die „Watchmen“ endlich wieder aktiv werden, ist die Rumpftruppe aus „Silk Spectre“ und „Nite Owl“ auch nur unterwegs, um „Rorschach“ aus dem Knast zu holen.

watchmen11Für die Leinwand wird die Vorlage von Regisseur Snider und den Drehbuchautoren David Hayter und Alex Tse eingedampft auf das Wesentliche. Der verbleibende Kern gleicht eher einem Schwarzen Loch als einer heilenden Essenz. Viele Handlungsstränge und Nebenschauplätze werden ausgespart und dennoch benötigt „Watchmen“ ganze 160 Minuten und diverse Rückblenden, um seine Geschichte zu erzählen. Das ist eine grundsätzliche Entscheidung gegen die Fortsetzungsplage von Leinwandmehrteilern. Das ist der Wille zum Werk, der den Film zu dem Monolithen macht, der „Watchmen“ ist. Ebenso deplaziert wie der schwarze Obelisk in der Anfangssequenz von „2001 – Odysseee im Weltraum“ nimmt sich Zach Sniders Verfilmung unter allen anderen Superheldenfilmen den Platz, der ihm gebührt.

Fazit: Ohne sich an Genregrenzen zu halten, verfolgt das Epos einen „hard boiled“ Krimiansatz, verzichtet auf den großen Besetzungscoup und erschlägt mit Bildtechnik. So setzt „Watchmen“ dem Genre ebenso die Krone auf, wie er seine Antithese darstellt. Der Film selbst pendelt wie seine Helden zwischen Zwanghaftigkeit und Größenwahn und gewinnt am Ende mit seiner authentischen Bildgewalt.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Watchmen-dvdWatchmen – Die Wächter
OT: Watchmen: The IMAX-Experience
Genre: Action, Sci-Fi
Länge: 163 Minuten, USA, 2009
Regie: Zack Snider
Darsteller: Malin Akerman, Patrick Wilson, Billy Crudup, Matthew Goode, Jackie Earle Haley, Jeffrey Dean Morgan,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Paramount
Kinostart: 05.03.2009
DVD- & Blu-ray-VÖ: 20.08.2009

Comic-Vorstellung: Before Watchmen: Comedian
Comic-Vorstellung: Before Watchmen: Comedian