Wer hätte geahnt, dass die deutsche DVD-Veröffentlichung des japanischen Zeichentrick-Abenteuers „Ponyo“ in Japan von einer Katastrophe globalen Ausmaßes überschattet wird? Die Welt und Japan haben andere, drängendere Sorgen als einen Zeichentrickfilm und der Studio Ghibli-Produktion über das kleine Goldfischmädchen „Ponyo“, das so gerne ein Mensch werden will, kommt ungewollt eine beängstigende Aktualität zu. Dabei ist Hayao Myazakis „Ponyo“ vor allem ein märchenhaftes Abenteuer für kleine und große Kinder.
Tief unter dem Meer lebt das Goldfischmädchen Brunhilde mit ihren Geschwistern in der phantastischen Unterwasserwelt des Magiers Fujimoto. Doch das Goldfischmädchen ist neugierig, macht sich auf dem Weg an die Meeresoberfläche und sorgt damit für einen Haufen Durcheinander in der Welt des Magiers. Es gelingt Fujimoto jedoch nicht sie wieder einzufangen und so findet der fünfjährige Sosuke den Goldfisch, in einen Glas gefangen, an der japanischen Küste treibend. Er nimmt das niedliche Meereswesen bei sich auf und nennt das Fischmädchen Ponyo. Durch die Freundschaft zu Sosuke will Ponyo nun ein Mensch werden, und weil sie einige magische Fähigkeiten hat, gelingt ihr die Verwandlung; allerdings nicht dauerhaft.
Ein abenteurlustiger Goldfisch
Währenddessen hat Ponyos Ausreißen unter dem Meer gefährliche Kräfte geweckt, die der Magier auch mit Hilfe von Ponyos Mutter, der großen Meeresgöttin, nicht kontrollieren kann, und eine riesige Flutwelle nähert sich der Küste. Der Planet ist nur zu retten, wenn Ponyo durch die Kraft von Sosukes Liebe und Freundschaft für immer zu einem Menschen wird.
In „Ponyo“ setzt das weltberühmte japanische Animationsstudio Ghibli („Prinzessin Mononoke“, 1997) unter der Regie von Zeichentrick-Altmeister Hayao Miazaki („Chihiros Reise ins Zauberland“, 2001) erneut auf Handarbeit. Entgegen dem Trend zur Computeranimation werden die Figuren und die Hintergründe noch mit der Hand entwickelt und erhalten so ihren ganz eigenen Charme, der den Zauber der Studio Ghibli -Filme ausmacht.
Handgezeichnete, familientaugliche Unterhaltung
Anders als in bisherigen Myazaki-Filmen ist „Ponyo“ jedoch erstmals relativ speziell auf ein junges Publikum zugeschnitten. Durch den erzählerischen Fokus auf den fünfjährigen Sozuke und die ebenso kindliche Ponyo verzichtet der Film bewusst darauf, ein erwachsenes Publikum anzusprechen. Zwar sind Myazakis wiederkehrende Themen auch in „Ponyo“ präsent, doch die Konflikte zwischen archaischer und moderner, technikgläubiger, japanischer Welt rücken ebenso in den Hintergrund der Geschichte, wie der problematische Umgang des Menschen mit seiner Umwelt.
Inspiriert wurde der Regisseur durch Hans Christian Andersens Märchen „Die kleine Meerjungfrau“. Speziell die Verwandlung der Nixe in einen Menschen hat Myazaki künstlerisch gereizt. Es versteht sich, das die Ausgangsidee aus dem ursprünglichen kulturellen Zusammenhang in die japanische Tradition übertragen und mit einen Hauch von Ghibli-typischer Fantastik ausgestattet wurde und sich so in etwas Eigenständiges wandelt. Das Konzept geht insofern auf, dass erneut ein bezaubernder und durch handwerkliche Perfektion und Kreativität bestechender Film entstanden ist.
„Ponyo“ ist ansprechende, kindgerechte Unterhaltung in der richtigen Mischung aus Abenteuer, Drama und Märchen, selbst wenn man in dem Goldfischmädchen nicht gerade einen ausgeprägte Persönlichkeit sieht. Woher soll die bei einem Goldfisch schließlich kommen? Der erwachsene Zuschauer sollte diese kindliche Sichtweise annehmen, um sich nicht nur an der bildlichen Opulenz zu erfreuen und den durchaus vorhandenen kritischen Subtext zu erfassen. Wer sich auf das Abenteuer einlässt, wird lohnenswert unterhalten.
Umfangreiches, sehenswertes Bonusmaterial
Mit dem umfangreichen Zusatzmaterial der Doppel-DVD und Blu-ray kommen kunstinteressierte Zuschauer und Zeichentrickfans dann voll auf ihre Kosten: Neben sehenswerten Dokumentationen zur Produktionsgeschichte, Arbeitsweise und Entstehung des Films, gibt es Interviews mit Hayao Myazaki und Dokumentationen der Filmpräsentationen zur Veröffentlichung.
Das Highlight des Bonusmaterials ist allerdings die Storyboard-Version des kompletten Films. Myazaki hat als Basis des Produktionsprozesses den kompletten Film, Einstellung für Einstellung, selbst gezeichnet. Zusammen mit der Vertonung ist so eine sehr persönliche, fast intime Alternativ-Version von „Ponyo“ entstanden, die auf ihre Weise ebenso fasziniert wie der Film selbst und einen ganz eigenen, künstlerischen Charme verbreitet.
Fazit: Der japanische Zeichenfilm „Ponyo“ ist ein großartiges Filmabenteuer für junge Zuschauer, das durch seinen handgezeichneten Charme besticht und auch Erwachsene kurzweilig unterhält, sofern sie sich auf die Story einlassen. Für Studio-Ghibli- und Myazaki-Fans bietet das umfangreiche Bonusmaterial einige ganz besondere Highlights.
Film-Wertung: (6,5 / 10)
Ponyo – Das große Abenteuer am Meer
OT: Gake no ue no Ponyo
Genre: Animation,Familienunterhaltung
Länge: ca. 96 Minuten, Japan, 2008
Regie: Hayao Miyazaki
Schauspieler: Alina Freund,Nick Romeo Reimann,Christian Tramitz, Anja Kling
Extras: (für Deluxe-2DVD & Blu-ray, ca. 270 min.) Storyboards zum kompletten Film,Miyazaki & Suzuki im Interview; Die fünf Schöpfer von PONYO (aus der NTV-Sendung „NEWS ZERO“); Die japanische Synchronisation und Interviews der Sprecher,Original-Trailer; Musikvideo des Titelsongs
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Universum Anime
Kinostart: 16.09.2010
DVD- & Blu-ray-VÖ: 18.03.2011
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