Da isser wieder: Taucht nach sechs Jahren unvermittelt wieder auf und macht sich erneut auf die Suche nach Vermissten. Dabei hatte er das bezahlte Scheitern doch so unendlich statt. Tabor Süden, zwischenzeitlich selbst eine Art Vermissung, kehrt nach München zurück und Autor Friedrich Ani schreibt einen seiner besten Kriminalromane. „Süden“ taucht auf unnachahmliche Weise ein in die stummen Orte derer, die im Alltag verloren gehen.
Der ehemalige Kommissar im Münchner Dezernat 11 kommt nicht ganz freiwillig wieder zurück in die Stadt, der er frustriert den Rücken gekehrt hatte. Ein verworrener Anruf seines Vaters, den er seit mehr als 30 Jahren nicht finden konnte, reißt Tabor Süden aus seiner neuen Existenz. Doch in der Stadt an der Isar verliert sich die Spur zunächst wieder. Hartnäckig beschließt Süden, noch ein wenig nachzuspüren. Um derweil seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, fängt er bei einer Detektei an.
Sein Platz war auf der Schmalseite des Tresens
Sein Fall ist nicht gerade aktuell: Seit zwei Jahren ist der Kneipenwirt Raimund Zacherl verschwunden und inzwischen scheinen alle Spuren kalt zu sein, doch die Ehefrau des Vermissten lässt nicht locker und will Gewissheit. So macht sich Süden auf die Spur des Wirts. Schon bei der ersten Begegnung mit der Ehefrau stößt Süden auf Misstrauen und erste Anhaltspunkte.
„Denken Sie, nur Sie können bedeutungsschwer nichts sagen?“
Der einstmals erfolgreiche Ermittler ist nun selbst im Taumel und stolpert durch das Milieu der Münchner Kneipen bis aus den vielen bruchstückhaften Informationen das Leben des Verschwundenen langsam Konturen gewinnt. Bis zu der ersten Spur, die einen Durchbruch in der Suche nach Raimund Zacherl erbringt, braucht es allerdings einige Tresensitzungen und Süden muss mit sich selbst ins Reine kommen und seinen Frieden mit der verhunzten Stadt München machen.
Vierzehn Bücher lang war Tabor Süden Kommissar bei der Münchener Vermisstenstelle, bis er 2005 nach einer Reise in seine Vergangenheit endgültig die Nase voll hat und München mit unbekanntem Ziel verlässt. Jetzt, bei seiner Rückkehr, knüpft er zwar an seine alte Tätigkeit an, doch Tabor Süden ist mehr denn je ein Getriebener. Vieles hat sich geändert. Durch sein eigenes Abtauchen ist sein Verständnis für jene, die sich aus ihrem Alltagskäfig davonstehlen, gewachsen.
„Wenn Sie nichts sagen, lügen Sie.“
Mit „Süden“ gelingt Friedrich Ani nicht nur die literarisch triumphale Rückkehr Tabor Südens, sondern auch einer seiner komplexesten Kriminalromane. Die Vermisstensache Zacherl zieht immer undurchsichtigere Kreise auf der Schattenseite der Gesellschaft, während der ehemalige Kommissar sich selbst kaum stimmig verorten kann. Es bleibt Anis große Qualität, das Sprachlose hervorzuzerren und die Abgründe hinter den Fassaden bloßzulegen.
Tabor Südens Rückkehr ist ebenso Neubeginn wie die Wiederaufnahme eines roten Fadens im Leben des Ermittlers. Neuleser brauchen sich nicht zu scheuen, das Lesevergnügen in „Süden“ ist auch ohne Vorwissen enorm. Alte Freunde des ehemaligen Kommissars können sich auf ein grandioses, überraschendes Wiedersehen freuen. Und Friedrich Ani hat angekündigt, dass sich Süden so schnell nicht wieder vom Acker macht.
Fazit: Mit „Süden“ beschert Friedrich Ani den Krimifans das Comeback des Jahres.
Buch-Wertung: (9 / 10)
Friedrich Ani: „Süden“
Gebunden, Originalausgabe
Verlag: Droemer Verlag,
München, 368 Seiten
ISBN: 978-3-426-19907-7
VÖ: 14.03.2011
TB-VÖ: 2.5.2012
Weiterführende Links:
Leseprobe„Süden“-Gewinnspiel bein Droemerverlag (bis 29.04.2011)
Friedrich Ani: „Die Tat“
Friedrich Ani im Gespräch mit dem Buchjournal