Ganovenehre wird überschätzt. Die Leserschaft fragt sich sowieso, wie ein Gangster-Ass wie Parker immer wieder in Schwierigkeiten gerät? Jüngst legte Schreiber & Leser, der deutsche Krimi-Comic-Verlag #1, einen neuen „Parker“-Comic nach dem gleichnamigen Roman von Donald Westlake alias Richard Stark vor. Autor Doug Headline und Illustrator Kieran orientieren sich an den meisterhaften Adaptionen von Darwyn Cooke. Eigentlich ist die Beute zu mickrig um sich aufzuregen, aber niemand stellt „Eine Falle für Parker“.
Im Jahr 1969 raubt Parker mit drei anderen Gaunern eine Bank aus. Der Überfall, den Phil Andrews und Benny Weiss solide geplant hatten, verläuft auch glatt. Parker kannte seine Kollegen, nur den Fahrer, George Uhl nicht, den hatte Weiss angeschleppt. In einem leerstehenden Bauernhaus wird die Beute geteilt. Dabei stellt sich raus, dass es deutlich weniger Bares zu verteilen gibt als gehofft. Für gerade mal 8000 Dollar pro Kopf war das Risiko eigentlich zu hoch.
Das findet der nervöse Uhl auch und schießt seine Kumpane über den Haufen. George Uhl macht sich von Acker. Nur Parker entkommt mit dem blanken Leben, verliert aber seine Waffe. Parker nimmt die Spur auf wie ein Schweißhund. Aber zunächst muss er aus dem Nirgendwo herauskommen.
„Er hätte Parker als erstes kaltmachen sollen, Dann Andrew und den alten Mann zuletzt. Alte Menschen sind langsam.“
„The Sour Lemon Score“ erschien 1969 und ist der 13. Parker Roman von Richard Stark, ein Pseudonym von Donald E. Westlake (1933 – 2008). Im selben Jahr wurde der hartgesottene Krimi auch ins Deutsche übertragen und bei Ullstein als „Eine Falle für Parker“ veröffentlicht. Bei den Neuauflagen im DTV hat‘s für diesen Titel nicht gereicht. Für alle, die weiter in das Werk von Vielschreiber und Krimi-Spezialist Donald E. Westlake eintauchen mögen, sei der durchaus brauchbare Wikipedia-Eintrag empfohlen.
In Sachen düsterer Krimi-Comic (Crime Noir) ist bei Schreiber & Leser die großartige zweibändige „Parker: Martini Edition“ des ebenfalls verstorbenen Comic-Künstlers und „Parker“-Fans Darwyn Cooke erschienen, auf den sich die beiden Kreativen von „Eine Falle für Parker“ ausdrücklich beziehen. Genug an Hintergründen.
Storytechnisch ist „Eine Falle für Parker“ ein typisches Abenteuer des handfesten und prinzipientreuen Gauners. Ein Coup, der glatt geht und mörderische Streitigkeiten unter den Verbrechern nach sich zieht. Wieder einmal ist es der Außenseiter, der Neue, derjenige, den Parker nicht persönlich kennt, der sich als unprofessionell und gierig erweist. Das kann Parker auf keinen Fall durchgehen lassen. Außerdem steht ihm ein Viertel der Beute zu. Da versteht er keinen Spaß wie auch die Herren von Outfit inzwischen wissen.
„…und zur Hölle mit ihm. Es war wieder Parker.“
Doug Headline adaptiert den Krimi souverän und schafft ein Szenario, das mit wenig Erklärungen auskommt und der Erzählstimme in überschaubaren Textkästen einen Flow zu geben. Das ist schon sehr kunstvoll und entspricht der wortkargen Art von Richard Starks Romanen und Parker als Typen. Unterteilt ist „Eine Falle für Parker“ in vier Kapitel, von denen eines auch die Sicht von George Uhl darstellt. Das hebt die Spannung und sorgt für eine Aufarbeitung der Geschehnisse vor dem Showdown.
Headline hat bereits Szenarien für diverse Filme und Comics geschrieben (U.a. ein „Conan“-Abenteuer), und als Jean-Patrick Manchette auch Romane seines Vaters adaptiert, die in deutscher Fassung bei Schreiber & Leser erschienen sind.
Das Artwork von Kieran orientiert sich auch an der kongenialen Bildsprache die Darwyn Cooke für seine Parker-Comics gewählt hat. Dazu gehört der monochrome Look, hier in blaugrau gehalten. Auch der Reichtum an Schraffuren und die cineastischen Nahaufnahmen sind ähnlich. So wie auch das bisweilen konturlose Ausgestalten der Hintergründe.
Doch Kieran zeigt seinen Parker bisweilen auch filigraner, sensibler, schlanker im Habitus. Das Paneling ist klassisch aber dynamisch, weil das typische Graphic Novel Seitenmuster immer wieder aufgebrochen wird. Schön sind auch die herausgestellten, sehr unterschiedlichen einseitigen Motive. Das hat durchgehend Posterqualität.
„War dem Kerl überhaupt nicht beizukommen?“
Darüber hinaus hat Kieran seinen Fingerabdruck auf den Seiten hinterlassen. Viele Schattierungen sind zusätzlich als überdimensioniertes Daktylogram eingearbeitet und ziehen sich als graphisches Motiv durch die gesamte Erzählung. Das wirkt überraschend natürlich.
„Eine Falle für Parker“ ist auch im französischen Original gerade erst erscheinen und wer sich beim Dupuis Verlag herumtreibt, wird, merken, dass „La Proie“ dort als erster Band einer Serie angekündigt ist. Möglicherweise ist da also noch einiges in Richtung klassischer Hard Boiled Crime Noire Gaunereinen zu erwarten. Aber das ist Zukunftsmusik. Parker hält es eher mit dem Hier und Jetzt.
„Eine Falle für Parker“ ist eine absolute Leseempfehlung für Fans klassischer Krimis. Die zeitlose Kult-Gauner von Donald Westlake alias Richard Stark erfährt im Medium Comic endlich die Huldigung, die im Film immer so sperrig rüberkam. Dabei orientieren sich Autor Doug Headline und Illustrator Kieran an der ikonischen Bildsprache von Darwyn Cookes kongenialen Parker-Adaptionen. Mit leichten Abstrichen für die „nur“ gute Story ist „Eine Falle für Parker“ ein großartiges Krimi-Comic.

Stark/Kieran/ Headline: eine Falle für Parker
OT: Parker – La Proie, Dupuis, 2025
Genre: Krimi, Comic
Autor: Doug Headline (Jean-Patrick Manchette Jr.)
Illustration: Sébastien „Kieran“ Roche
Vorlage: Richard Stark „The Sour Lemon Score“ (1969), deutsch „Eine Falle für Parker“
Übersetzung: Resl Rebiersch
Korrektorat: Pit Kannapin
ISBN: 978-3965821972
Verlag: Schreiber & Leser, 112 Seiten, Hardcover
VÖ: 08.04.2025
Eine Falle für Parker bei Schreiber & Leser
Ein Kommentar