Miracleman- Band 3: Olymp

Und es geht bei Panini weiter mit der deutschen Erstveröffentlichung des einflussreichen Superheldencomics „Miracleman“. Inzwischen sollte sich herumgesprochen haben, dass hinter der ominösen Bezeichnung „Der Originalautor“ Comic Legende Alan Moore steckt. Der hatte die Figur von Mick Angelo in den 1980er wiederbelebt und damit dem Genre eine kleine Revolution beschert. Im dritten Band der Miracleman-Sammelbände treibt der Autor die Story noch weiter und erzählt wie aus Mike Morans Alter Ego ein Gott wird.

Der englische Reporter Mike Moran entdeckt in den Achtzigern eher zufällig, dass er ein Superheld ist. Inzwischen hat er sich wieder an seine Entstehung erinnert, seinen Erzfeind bezwungen und ist auch Vater geworden. Das führt zu seltsamen außerirdischen Manifestationen auf der Erde. Denn Miracleman bringt mit seiner Fortpflanzung den Planeten auf die Agenda der entwickelten kosmischen Rassen, die sich nun beraten müssen, welchen Status sie dem Planeten künftig zubilligen.

„Ich tanzte ganz für mich…“

Gleichzeitig wird Miracleman von der Existenz eines weiblichen Gegenstücks Miraclewomen überrascht, die plötzlich auftaucht, um Mikes Frau Liz zu beschützen. Diese entfremdet sich immer mehr von ihrem (Super-)Mann und ihrem übernatürlichen Kind. Miracleman macht derweil kosmische Kontakte klar und realisiert erstmals, dass er kein Held mehr ist, sondern ein Gott, der die Geschicke der Menschheit und des Planeten lenken kann.

Der Leser wird auch heute noch von der Konsequenz überrascht, mit der Autor Alan Moore die Figur des Miracleman weiterentwickelt. Während es bei den „Fantastischen Vier“ schon immer Gang und Gäbe war, dass sie in kosmischen Bezügen ihre Abenteuer erlebten, ist das für alle Heldencharaktere, die nicht als Space Opera konzipiert, sind etwas Ungewohntes. Moore kombiniert in „Olymp“ die Reflexion darüber, was es bedeutet, faktisch ein Gott zu werden, mit der Erkenntnis, dass die Menschheit im All nicht allein ist. Was hat das für Konsequenzen? Für Miracleman persönlich und für die Geschicke des Planeten?

„Ist dies Vollkommenheit?“

Während sich die Story bisher vor allem an eine zeitgemäße Neuinterpretation des Superhelden an sich machte, der mit menschlichen Problemen und privatem Stress zu schaffen hat, geht der Storybogen in „Olymp“ deutlich und zukunftsweisend über das Irdische hinaus. Dazu bedient sich der Autor erzählerisch der Retrospektive des Helden, was dazu führt, dass es in dem Storybogen wenig Dialoge gibt und die von John Totleben wunderbar bebilderten Sequenzen eher wie Illustrationen wirken. Dabei hat der Zeichner es auch actionmaßig drauf und zeigt das auch. Die Panels und der Aufbau der Seiten sind kaum statisch zu nennen und Moore und Totleben loten auch aus, was an grafischem Erzählen möglich ist. Das wird auch gelegentlich unübersichtlich, beeindruckt aber immer mit seiner epischen Haltung.

„Oh Erde, sieh nach oben.“

So weit draußen war Alan Moore thematisch bislang in kaum einer Hinsicht und der inhaltliche Rückgriff auf die Bild- & Mythenwelt der antiken griechischen Götter fügt sich nahtlos mit den science-fiction-mäßigen Alien-Elementen, beispielsweise den außerirdischen Warpsmith, zu einem erzählerischen Ganzen, das höchst beeindruckend ist. Allerdings auch reichlich abstrakt und so eher ein intellektuelles Vergnügen als dass man sich mit dem Protagonisten tatsächlich noch identifizieren könnte.

Als Abrundung des dritten Sammelbandes gibt es noch zwei kurze 2015 entstandene Geschichten aus dem Miracleman-Kosmos. Die sind ganz nett und auch gelungen ausgeführt, kommen nach dem wahnwitzigen Plot der Hauptstory aber auch ein wenig profan daher.

Mit dem Storybogen „Olymp“ bricht die Superheldenfigur Miracleman endgültig in einen neue Dimension auf. Kosmisch, esotherisch und philosophisch findet der Originalautor zu einer Utopie, die die Grenzen des Mediums ausloten.

Comic-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Miracleman: Olymp
OT: Miracleman: Olympus, The Priest and the Dragon, The Miracle-Family: Seriously Miraculous, Marvel Comics
Autor: Alan Moore, Grant Morrison, Peter Milligan
Zeichner: John Totleben, Joe Quesada Mike Allred
Farben: Steve Oliff, et. al.
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Verlag: Panini Comics, Hardcover, 164 Seiten
Hardcover-VÖ: 23.06.2015