Manifest für ein egalitäres Europa

nautilus_pbDie Edition Nautilus hat mit ihrer Flugschriften-Reihe eine streitbare Institution ins Leben gerufen, in der immer wieder Denkanstöße gegeben werden. Auch „Die Katastrophe verhindert – Manifest für ein egalitäres Europa“ von den Autoren Karl Heinz Roth und Zissis Papadimitriou macht der Reihe alle Ehre. Der Vorschlag eines neugedachten Europas erscheint, während das was sich Europäische Union nennt, kurz davor ist, politisch und gesellschaftlich vollends zu scheitern.

Betrachtet man die europäische Lage in den vergangenen Jahren, nicht erst seit der Weltwirtschaftskrise 2008, so wird immer deutlicher, dass die Situation sich in vielen Mitgliedsstaaten der EU zuspitzt: Nicht mehr zu schulternde Staatsschulden, daraus resultierende Sparprogramme, die das gesellschaftliche Gleichgewicht ins Wanken bringen, Massenarbeitslosigkeit, vor allem unter jungen Menschen, und wachsende Unzufriedenheit mit dem, was gemeinhin Sozialabbau genannt wird. Auch in Deutschland, dem es in der gegenwärtigen globalen wirtschaftlichen Situation vergleichsweise gut geht,  nimmt die Zustimmung zur Europäischen Idee immer mehr ab. In einem Artikel in der Zeit wurde Europa jüngst als „Quotenkiller im Wahlkampf“ tituliert.

„Reform und Revolution sind somit keine sich gegenseitig ausschließenden Seiten des emanzipatorichen Handelns, sie bilden vielmehr im kollektiven Gedächtnis der arbeitenden Klassen eine unzertrennliche Einheit.“ (S. 94)

Die beiden Intellektuellen Karl Heiz Roth und Zissis Papaimitriou machen sich über etwa zwei Drittel der Flugschrift an eine Analyse der europäischen Situation und abschließend im letzten Drittel daran, eine Alternative aufzuzeigen, wie Europa als Gemeinschaft funktionieren kann. Es ist nicht nur Politikversagen, dass zur gegenwärtigen Krise geführt hat, sondern eine normative Hilflosigkeit der Regierungen, die noch immer im nationalistischen Denken verhaftet sind, gegenüber einem internationalen Wirtschaftskomplex, der schon längst  grenzübergreifend denkt und agiert. Nach Ansicht der Autoren unterstützt das Regierungshandeln mit all seinen Austeritätszielsetzungen und dem Unterminieren der sozialen Sicherungssysteme diese Vormachtstellung der globalen Wirtschaftskonzerne (S. 40). Aus ihrem sozial engagierten, sozialistischen Ansatz machen die beiden Denker dabei keinen Hehl. Auch aus ihrer Zielsetzung, den sozialen Widerstand zu stärken nicht.

Was also ist zu tun, um aus der europäischen Krise herauszukommen und eine glaubwürdige, sozial gerechte Alternative eröffnen würde? Die Autoren benennen ein grob umrissenes Aktionsprogramm aus neun wesentlichen Punkten, die geändert werden müssen. Die konkrete Umsetzung wird dabei dem basisdemokratischen Grundgedanken folgend offengelassen. Im Kern läuft der Vorschlag von Roth und Papadimitriou auf ein Europa der von Räten regierten Regionen hinaus, das die Nationalstaaten hinter sich lässt und als Föderation verbunden ist. Neu sind dabei weder der Regionalismus noch die Räteorganisation, aber im Verbund mit der angedachten Veränderung der makroökonomischen globalen Verhältnisse bietet das „Manifest für ein egalitätes Europa“ durchaus eine ersthafte Diskussionsgrundlage.

Fazit: Als engagierte Streiter für ein anderes, ein besseres Europa, das auch die Menschen in ihren sozialen Gefügen beachtet, streiten die beiden Autoren für ein  anderes soziales Miteinander. Das Manifest bietet neben einer in aller Kürze kompetenten sozialkritischen Analyse auch Ansätze, was sich ändern muss. Das ist allemal lesenswert und haucht der europäischen Idee wieder Leben ein.

nautilus_pbKarl Heinz Roth / Zissis Papadimitriou: „Die Katastrophe verhindern“
Manifest für ein egalitäres Europa
Genre: Politik, Wirtschaft, Sachbuch, 128 Seiten
ISBN: 9783894017859
Verlag: Edition Nautilus, Hamburg, 2013, Taschenbuch
VÖ: 15.07.2013

 

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