Werewolf Etiquette – Werewolf Etiquette: EP Review

Die Meute, die auf heavy Psycho-Blues steht, hat inzwischen wohl mehr oder minder mitbekommen, dass Mother Tongue hierzulande noch einmal auf Tour gehen. Nach fast zehn Jahren wieder. Da kann sich mensch schon mal fragen, wer denn diese „Werewolf Etiquette“ sind, die Mother Tongue auf Tour begleiten? So viel vorweg: Es bleibt in der Familie. Und rechtzeitig zur Tour veröffentlichen Werewolf Etiquette auf Mother Tongues Kreuzberger Mutterlabel Noisolution ihre Debüt EP. Vinyl Only!

Der Sound von „Werewolf Etiquette“ hat schon was Räudiges – im positiven Sinne. Wortspielereien mit Canis Lupus und seinen domestizierten Nachkommen muss die musikinteressierte Leserschaft jetzt aushalten, ebenso wie monströse Abweichungen. Jene, die aus Menschen Werwölfe machen. Führt aber nur bedingt weiter. Zurück zum räudigen Sound.

Klassische Garagen Rock Duos bestehen aus Schlagzeug und Gitarre. Sie beweisen immer wieder, dass die Tiefseiterlücke auch anderweitig zu füllen ist und man zu zweit ganz erheblichen Lärm veranstalten kann. Und /oder ganz fein musizieren kann. Mir fallen da exemplarisch Noisolutions hochgeschätzte „The Pighounds“ ein, aber längst nicht nur. Heavy Besserwisser unterstellen gar, dass Metallica im Grunde eine Garagenband wären, weil Lars und James sowieso alles niederbügeln.

Garage Days Revisited

Werwolf Etiquette nun machen punkigen Garage Rock ohne Gitarren. Nicht umsonst und pfiffiger Weise bezeichnet unter anderem Noisolution die Musik als Bass & Drum. Aber die Technoanspielung erkläre ich nun nicht noch. By the Way, Davo Gould war es, der mich einst auf DJ Shadow gebracht hat. Denn bei einem Mother Tongue Gig im Knust in Hamburg lief dessen erstes Album durch die PA bevor es dann losging. Frisch tätowiert fegten Davo und Mother Tongue dann anschließend alles von der Bühne. In wahrer Veitstanz-Manier explodierte der erdige Psycho-Blues der Band immer wieder in ekstatische Kakophonie.

Das ist in mehrerer Hinsicht für Werewolf Etiquette von Bedeutung. Erstens besteht das Duo aus den Mother Tongue Gründungsmitgliedern Geoff Haba und Davo Gould. Zweitens sind in der Musik des Duos durchaus Parallelen zur Musik von Mother Tongue zu erkennen, gerade was Songaufbau und Steigerungsdynamik angeht. Und drittens peppen der singende Basser und der Schlagzeuger ihren Sound noch mit dessen gelegentlichen Keyboards und Samples auf.

Herausgekommen ist ein EP mit fünf Songs, die einen Moment brauchen, bis sich das Ohr an den ungewohnten, gitarrenlosen Sound gewöhnt hat. Dabei geht es durchaus uptempo und auch verzerrt zur Sache, nur eben auf anderen Frequenzen. Das ist schon sehr schön und immerhin auch ein bisschen Mother Tongue. Die gemeinsamen musikalischen Trademarks von wiedererkennbarem Bass und markantem Gesang sind einfach gegeben.

OG Mother Tongue Rhythm Section

Mensch darf nicht vergessen, dass die Band, deren Debut 1994 bei Sony Music erschien, es geschafft hat sich eine ergebene und treue Fangemeinde zu erspielen. Auch und vor allem wegen mitreißender Live-Auftritte. Drummer Haba mochte bei der Reunion nicht mehr mittun, Weshalb letztlich der Australier Sasha Popovic an der Schießbude der Band landetet. Anno 2008 erschien das letzte Album „Follow the Trail“. Seither sind Mother Tongue immer mal wieder live unterwegs. Hierzulande zuletzt 2016 zur Veröffentlichung der Fan Edition von „Street Life“ und „Ghost Note“.

Glaubt man dem Insta-Acount von Werewolf Etiquette und dem Pressetext, hatten Davo und Geoff musikalisch gemeinsam noch was zu erledigen. Und das hört mensch auf der EP, die ausschließlich auf Vinyl erscheint. Die Fünf Songs in rund 18 Minuten, haben es durchaus in sich und lassen vergessen, dass „nur“ ein Duo am Start ist. Das funktioniert als phett rockende Sause auch ohne Credits.

Die beiden haben bei mir als altem Mother Tongue Fan denoch einen Stein im Brett und einen Vertrauensvorschuss. Aber Werewolf Etiquette brauchten beides nicht. Der treibende Sound, die im heavy Blues gegründete Musik und die im Groove vereinte Energie sprechen für sich selbst. Das ist frischer, handgemachter und ziemlich zeitgemäßer Heavy Rock. Spannend sind dabei immer wieder die Laut-Leise-Dynamiken und die hinreißenden Groove Parts.

Womit ich wieder beim Veitstanz angelangt wäre. Es gibt fast jeder Kultur die Mär vom Gestaltwandler. Von Menschen die zu Biestern werden. Der als Werwolf verdächtigte wurde im Mittelalter ebenso auf den Scheiterhaufen verbrannt wie die Hexen. Dann wieder hat die Gesellschaft jene verteufelt, die zu besessen wirkenden Bewegungen neigten. Jene Tanzwütigen sollten sich bei Werwolf Etiquette wohl fühlen. Das ist quasi der Safe Space für die Headbanger und Groove Monster unter uns.

Heavy Bass’n’Drum

Die Songs haben aber immer auch einen melodischen Anteil und der Gesang wird häufig mit Backing Vocals unterlegt und hat einen unüberhörbaren Soul am Wickel. Es beginnt mit Geheul an dem Mond und der Aufforderung „Besser zu beten“. Melodischer Rock wird schnell zu einem hypnotischem Groove über dem sich ekstatisch singen lässt.

„Hurt Peoople“ gibt nur schnell den Basslauf frei, bevor es in ein furioses Stakkato geht und in einem explodieren Refrain. Darüber lässt sich fein erzählen. „Dear Me“ macht anschließend eine Tempopause, kommt in Phasen beinahe balladesk rüber und erinnert stimmungsmäßig durchaus an „Venus Beach“ vom seligen Mother Tongue Debüt. Toll sind aber immer wieder die Basslines die die Gesangsmelodie doppeln und so für mehr Volumen sorgen.

„Blow out the Candles“ ist allerbester vertrackter Psychedelic Heavy Rock mit funky Bass Riff und epochalem Chor. Und Keybord-Solo. „Hold on Me“ beginnt mit lässigem Schreibmaschinen-Schlagzeug, schiebt eine charismatische Bassline an und einem hypnotischen Gesang. Schillernder ausklang einer feien Scheibe.

Keiner weiß, was die Zukunft bringt. Werewolf Etiquette haben sich nicht zu ihren Plänen geäußert. Mother Tongue haben längst alle „Tagesjobs“. Möglicherweise hatten die Freunde nur mal wieder Lust auf gemeinsames Musizieren, vielleicht ist der Impuls tragfähiger. Wie dem auch sei: Genießen, solange es dauert. Und auf jeden Fall live erleben.

„Bark at the Moon“ war gestern! Nehmt die Fährte auf. Hier singt keiner „Ghost Notes“. Werewolf Etiquette rocken das Haus und rufen zum gemeinsamen Herumtollen auf. Das Rudel ist alles! Fang lieber an zu beten.

Bewertung: 8 von 10.

Werewolf Etiquette -EP
Genre: Psychedelic Rock, Heavy Blues, Bass & Drum
Interpret: Werewolf Etiquette
Länge. 18 Minuten, 5 Songs,
Format: Vinyl
Label Noisolution Records
Vertrieb: Edel
VÖ: 07.11.2025

Mother Tongue / Werewolf Etiquette Tour Dates 2025

Werewolf Etiquette bei Instagram
Noisolution Records

21.11.2025 DE – Berlin – 30 Years Noisolution Party!
22.11.2025 DE – Dresden – Beatpol
23.11.2025 DE – Bielefeld – Forum
24.11.2025 DE – Aschaffenburg – Colos Saal
25.11.2025 DE – Köln – Volta
26.11.2025 DE – Hamburg – Knust
27.11.2025 DE – Dortmund – Piano
28.11.2025 DE – Karlsruhe – Substage
29.11.2025 DE – Nürnberg – Hirsch

Schreibe einen Kommentar