Das #Sommerkino25 geht dem Ende zu. „Snowden“ verrät Geheimnisse. Inszeniert 2016 von Oliver Stone. Kaum ein Filmmacher reibt sich so an der Politik und Geschichte seines Heimatlandes wie der US-Amerikaner Oliver Stone. Der dreifache Oscar-Gewinner ist eine gewichtige Stimme, die sich auch nicht scheut eigenwillige Positionen zu vertreten. Seine Doku über Fidel Castro und auch das satirische Portrait von George Bush Jr. stießen nicht überall auf Gegenliebe. Beinahe folgerichtig ist allerding, dass Oliver Stone auch den großen Überwachungsskandal aufarbeitet, den der Whistleblower Edward Snowden ans Licht gebracht hat.
Im Jahr 2013 trifft sich der NSA-Mitarbeiter Edward Snowden (Joseph Gordon-Levitt) in aller Heimlichkeit in einem Hotelzimmer in Hongkong mit der Dokumentarfilmerin Laura Poitras (Melissa Leo) und dem Journalisten Glen Greenwald (Zachary Quinto). Die Journalisten sind skeptisch. Aber was der junge unscheinbare Mann zu enthüllen verspricht, scheint ein riesengroßer Überwachungsskandal zu sein. Die NSA (National Security Agency) der USA hat seit 2007 global Internet und Telekommunikation überwacht. Doch es stellt sich die Frage, wie vertrauenswürdig Edward Snowden als Whistleblower ist?
Ausgehend von dieser Prämisse verfolgt das Drehbuch von Kieran Fitzgerald („The Homesman“) relativ chronologisch die Karriere des Informatik-Genies Edward Snowden. Die Prämisse stüzt sich im Grunde auf den Dokumentarfilm „Citizen Four“ (2014) von Laura Poitras. Fitzgeralds Drehbuch kommt eher einem biografischen Abriss gleich. Der ist immer bemüht nahe bei der Hauptfigur zu sein und positioniert sich damit auch eindeutig auf Seiten der Glaubwürdigkeit Snowdens.
Das amerikanische Sicherheitsbedürfnis nach dem 11.09.2001
Im Film werden die einzelnen Stationen Snowdens aufgezeigt. Der junge Mann wollte seinem Land dienen, wurde beim Militär allerdings ausgemustert und bekam zunächst bei der CIA eine weitere Chance. Sein einflussreicher Mentor Corbin O’Brian (von Rhys Ifhans gespielt und benannt nach einem Charakter aus George Orwells „1984“) hat dabei Großes mit dem Computergenie vor.
Edward Snowden befasst sich intensiv mit Themen der virtuellen Sicherheit. Die haben seit den Terroranschlagen von 11. September 2001 zu einer extrem übersteigerten Angst bei den US-Behörden geführt. Mit der Zeit wird ihm bewusst, dass die absolute Sicherheit nicht zu haben ist. Der Preis für die scheinbare Sicherheit ist eine fast totale Überwachung der Menschen. Und damit eine massive, heimliche Verletzung von deren Grundrechten. Alles im Namen der gerechten Sache. Schließlich entscheidet sich Edward Snowden diese Vorgänge publik zu machen. Denn er entdeckt, dass von ihm entwickelte Software für massive, globale und ungefilterte Überwachungsvorgänge und Datensammlungen missbraucht wird.
Das zurückgewiesene Computergenie?
Mensch kann sich fragen, welche Relevanz der von Oliver Stone gedrehte Film „Snowden“ haben mag. Der Skandal und viele seiner weit verzweigten Aspekte waren 2016 öffentlich, die oben erwähnte Doku hat die Ereignisse schon aufgearbeitet. Edward Snowden, der für den Friedensnobelpreis nominiert war, wird in den USA immer noch als Landesverräter verfolgt und lebt seit Jahren in Russland im Asyl. Inzwischen als Russischer Staatsbürger mit seiner Frau Lindsey Mills. All das mag hierzulande und auch bei den politisch interessierten in den USA bekannt sein, aber man unterschätze nicht die Wirkung eines engagierten politischen Spielfilms, um beim Publikum Aufklärung und Sensibilisierung zu bewirken.
Oliver Stone inszeniert „Snowden“ trotz bekannter Fakten spannend wie einen Spionagethriller und mit einer großartigen und namhaften Besetzung. Joseph Gordon-Levitt verschwindet förmlich hinter der Brille seiner Figur Edward Snowden und liefert bei aller Zurückhaltung im Spiel eine großartige Performance ab. Das Thema Datensicherheit und Internetnutzung ist nicht nur angesichts staatlicher Überwachung, sondern auch gegenüber Großkonzernen wie etwa Google und Facebook nach wie vor hochaktuell.
Mit „Snowden“ gelingt Regisseur Oliver Stone eine ebenso spannende wie dramatische und aufklärerische Fiktionalisierung des größten Überwachungsskandals der letzten Jahre. Thematisch auf der Höhe der Zeit und so wichtig wie Oliver Stone seit „Natural Born Killers“ (1994) nicht mehr war.

Snowden
OT: Snowden
Genre: Thriller, Biopic,
Länge: 134 Minuten, USA, 2016
Regie: Oliver Stone
Schauspiel: Joseph Gordon-Levitt, Melissa Leo, Rhys Ifans, Shailene Woodley,
FSK: ab 16 Jahren
Verleih: Leonine
Kinostart: 22.09.2016
DVD- & BD-VÖ: 07.04.2017