Kreator – Hate & Hope: Extreme Aggressionen

Die Thrash Metal Band Kreator ist seit mehr als 40 Jahren aktiv und verzückt ihre Fans mit derben und extremen Sounds und klaren Standpunkten zu Gesellschaft und Zustand der Welt. Nun wird die die Band in einer Doku gewürdigt, die am 4. September 2025 in die Kinos kommt. Wie immer bei Kreator ist das auch ein Service für die Fans.

Ohne Judas Priest kein Kreator. Ohne Kreator kein Thrash Metal. Zumindest kein „Teutonic“ Trash Metal. 1985 erschien „Endless Pain“, das Debütalbum der Band, das längst auch mit Bonus-Track neu aufgelegt wurde. Anno 2022 erschien mit „Hate über Alles“ das aktuelle und bis dato 15. Studioalbum der Band, die auch schon lange zu den ganz Großen der Heavy Metal Szene zählen. Und ein bisschen schelmisch weißt Herr Reil darauf hin, wer diese komischen Doublebass-Sounds in die Welt gesetzt hat, die heute alle spielen.

Wo in den USA Metallica, Anthrax, Megadeth und Slayer die Big 4 des Thrash Metal bildet in der deutschen Szene das Viergestirn Kreator, Tankard, Sodom und Destruction eine (halbwegs) vergleichbar einflussreiche Keimzelle des Thrash. Diese Konstellation war auch 2024 zusammen auf Tour und sollte beim Klash of the Ruhrpott sein Heimspiel feiern. Doch das Wetter hat mittendrinne reingeblitzt und ausgerechnet Kreator, die das Festival beenden sollten, mussten ihren Gig canceln.

Der Chor der Verdammten

Zu sehen auch in der launigen und sehenswerten Doku „Kreator – Hate & Hope“ die Filmmacherin Cordula Kablitz Post mit und über die Band gefilmt hat. Das Filmteam hat Kreator unter anderem auf der „Hate über Alles“ –Welttour begleitet. Außerdem den Bandalltag, den es so außerhalb der Tour eigentlich nicht gibt, ein wenig beleuchtet, und alte und neue Weggefährten getroffen. Das ist schon sehr unterhaltsam und macht selbstredend immer Spaß, wenn mensch die Musik und die Band mag.

Ob ein uneingeweihtes Publikum daraus Unterhaltung und Mehrwert zieht, mag davon abhängen wie sehr die Zuschauer:innen bereit sind sich in eine fremde Welt zu begeben. Wie eigentlich bei allen Dokus. Ich bin vorbelastet und bestreite mein Leben seit meiner frühen Jugend mit der therapeutischen Unterstützung extremer, harter Gitarrenmusik. Ich fand und finde mich als Fan in dem Film wieder. Mehr geht eigentlich nicht.

Anders als beispielsweise in „Thrash, Altenessen“, jener abgekulteten filmischen Sozialstudie, die am Puls der Zeit die wütenden Essener Thrash-Jugend porträtierte wie einen sozialen Brennpunkt im Strukturwandelgebiet. Das Ding sorgt immer wieder für Nostalgieschübe und ist auch irgendwo bei youtube zu finden, aber das führt jetzt auch zu weit. Ach, und Milles Autobiografie „Your Heaven, my Hell“ erscheint auch dieser Tage.

Die Freude des Tötens

Die Frage, ob Kreator noch Ruhrpott sind ist ein wenig lästerlich. Selbstredend wissen die „Jungs“, wo sie herkommen, und seit Jahr und Tag ist der Bandproberaum in der Zeche Carl. Aber die Hälfte der Band, die nicht Gründungsmitglied ist, ist international besetzt. Während Mille und Ventor Altenessener Pflanzen sind, stammt Gitarrist Sami Yli-Sirniö aus Finnland und ist immerhin seit fast 25 Jahren dabei. Bassist Frédéric Leclercq ist Franzose und seit 2019 dabei.

Quasi eine natürliche Weiterentwicklung auf allen Ebenen. Vom Trio zum Quartett, nach E (wie Essen) kommt F (wie International). Und weltweit werden Kreator nach wie vor abgefeiert wie es alten Helden und Durchhaltern und Erneuerern gebührt. Da können wenig deutsche Bands und Künstler mithalten. In der Doku kommen auch mal alte Weggefährten zu Wort. So wie Tom Angelripper, dessen Band Sodom just das Abschiedsalbum raushaut oder Bogdan Kopec, der „Die Jungs mal gemanagt hat“. Da kann mensch schon merken, dass da was ruckelt. Wird aber nicht drauf rumgeritten.

Kreator stehen aber auch für eine eindeutige antifaschistische Position und so ist es ziemlich stimmig, dass Mille mit dem Heaven Shall Burn Gitarristen Maik Weichert die Gedenkstätte des KZ Buchenwald bei Weimar einen Besuch abstattet. Das gehört ebenso in den Film wie Milles Ansagen zu den Konzerten.

Hate über alles

Sicherlich haben Kreator einen ähnlichen Szene-Stellenwert wie ihn auch Metallica mal hatten, bevor sie vom Thrash zum Stadionrock weiterzogen. Oder auch: Der Mainstream ist näher an die härtere Musik herangerückt. Aber in den USA ist auch alles nochmal ne Schippe gigantischer als hierzulande. Und so haben Kreator eine stimmige, bodenständige Doku bekommen und kein überkandideltes Therapiegespräch und auch keinen Endzeit-Live-Abriss. (Die ich beide übrigens sehr mag.)

Filmmacherin Cordula Kablitz-Post hat sich schon früh aufs Künstlerbiografische und auch aufs Musikalische fokussiert. Nach Dokus über Nina Hagen, Die Toten Hosen und Scooter sind nun Kreator im Porträt. Und das kommt der Band, wie und wo sie gerade ist, sehr nahe. Letztlich geht es ja nicht darum chronologisch die Besetzungen abzuarbeiten und die musikhistorischen Verdienste einzuordnen. Es geht um ein irgendwie authentisches, nahbares Bild einer sympathischen und erfolgreichen Band. Das ist gelungen und unterhält immer wieder mit schnappschussartigen Sequenzen, die durchaus selbstironisch sind.

Im Grunde ist „Kreator: Hate & Hope“ darauf ausgelegt mit der aktuellen Band unterwegs zu sein und eine gute Zeit zu haben. Ein bisschen hinter die Kulissen zu blicken und den Fans Zugehörigkeit zu bieten. Das gelingt ziemlich gut, auch wenn sich der Musikfan in mir gewünscht hätte, die Songs länger anzuspielen. Kein Ersatz für ein Konzert, aber ein sehr launiger Leinwandabend, der Bock macht, sich mal wieder die Rübe wegblasen zu lassen. Auch wenn der Doktor das Head Bangen inzwischen verboten hat. Danke, Kreator.

Bewertung: 8 von 10.

Kreator – Hate & Hope
OT: Kreator – Hate & Hope
Genre: Doku, Musikfilm,
Länge: 114 Minuten, D, 2025
Regie: Cordula Kablitz-Post
Mitwirkende: Kreator u. a.
FSK: Aa 12 Jahren
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 04.09.2025

offizielle Filmseite
Kreator bei Wikipedia
Kreator-Bandseite

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