Direkt in der Open-Air Festival-Saison gibt es doch noch einen Grund ins Kino zu gehen: „The Ballad of Wallis Island“. Wie der verlorene Barde zu einem seltsamen Konzert auf einer abgelegenen Insel kommt ist schon sehr unterhaltsam anzuschauen. Und selbstverständlich mit schrägem Humor und jeder Menge Folk-Musik umgesetzt. im Kino ab dem 10. Juli 2025.
Der Mann mit der Gitarre wirkt ein bisschen verloren und ein bisschen abwesend in dem kleinen Boot, das ihn nach Wallis Island bringt. Hier wartet Charles Heath (Tim Key) auf den Sänger Herb McGwyer (Tom Basden). Doch wider Erwarten bekommt der eigens gebuchte Star hier keinen lautstarken Empfang, sondern muss selbst aus dem Boot ans Ufer stakseln, weil es keinen Anleger gibt.
Herb McGwyer wundert sich noch über die Situation, als er direkt bei Charles einquartiert wird. Aber so genau hatte er seinen Manager nicht gefragt, denn die Gage war zu verlockend. Doch auf Herb warten zwei riesige Überraschungen. Erstens ist das Konzert nur für Charles. Zweitens kommt Nell Mortimer (Carey Mulligan) mit ihrem Gatten ebenfalls auf die Insel.
Mortimer & McGwyer waren mal ein sehr erfolgreiches Folk-Duo und auch ein Paar, aber das ist eine Dekade her. Und Mortimer & McGwyer sind Charles Lieblingsband, die möchte er gerne noch einmal live sehen. Herb muss das erstmal verarbeiten. Und eigentlich will er umgehend abreisen – wäre da nicht die dringend benötigte Gage. Aber auch Charles muss die Situation erstmal verarbeiten, die er mit einem riesigen Lottogewinn angezettelt hat.
Gibt es ein Konzert? Wer spielt? Und wer hört zu?
Tom Basden und Tim Key sind ein eigespieltes Komiker-Duo und auch für die Story und das Drehbuch dieses hinreißenden Folkfilms verantwortlich. Was wie eine kauzige Version des Gruselklassikers „Die Insel des Dr. Moreau“ beginnt, wird kein Horror-Beitrag, sondern eine musikalische Auseinandersetzung mit dem Leben wie es seine irrwitzigen Wege einschlägt. Das ist durchaus klassisches Territorium für Folk- und Country-Texte und wird mit viel Liebe zum Detail umgesetzt.
So bekommt das erfolgreiche fiktive Musik-Duo einen ganzen Back-Katalog an Alben und Liedern verpasst, und Edel-Fan Charles hat so etliches an Devotionalien erstanden und sogar einen entsprechenden Strickpullover. Freilich hat diese überraschende Bandzusammenführung auch erhebliches Konfliktpotential und Gelegenheit zur Aufarbeitung.
Dass es dabei gelegentlich romantisch und nostalgisch wird, ist verständlich. Dass es dabei aber auch komisch bleibt und überraschend ist hinreißend. Und tatsächlich scheint es, als rauften sich Herb und Nell zumindest zeitweise und musikalisch wieder zusammen. Charles freut es nicht nur, er findet dadurch auch neuen Lebensmut und nimmt erstmals auch seine Inselmitbewohnerin wahr. Bislang ist Amanda (Sian Clifford) nur die Person gewesen, die den Laden im Ort betreibt und genau wie Charles nicht versteht, wieso der Star-Besuch Reis braucht, weil sein Handy nass ist? Den Rest mag jede:r selber sehen.
Die Ballade als mittelalterliches Tanzlied ist die hohe Kunst des Troubadours und kein Mensch ist eine Insel. „The Ballad of Wallis Island“ zeigt, dass man Landschaft auch tanzen kann und großes Gefühl auch mit kleiner Geste zeigen. Charmant und kauzig, Belebend und hinreißend.
The Ballad of Wallis Island
OT: The Ballad of Wallis Island
Genre: Drama, Komödie
Länge: 99 Minuten, GB, 2024
Regie: James Griffith
Schauspiel: Tom Basden, Sian Clifford, Carey Mulligan, Tim Key
FSK: ab 6 Jahren
Verleih: Universal Pictures International
Kinostart: 10.07.2025