The Death Of Stalin: Die roten Teufel in Moskau

Joseph Stalin lenkte drei Dekaden lang die Geschicke der UdSSR. Nach seinem überraschenden Tod im Jahr 1953 entbrannte ein Gerangel um die Macht und die Nachfolge. Geschuldet war dies auch dem von Stalin selbst implementierten System von Terror, Kontrolle und Misstrauen. In der beißenden Politsatire „The Death of Stalin“ von 2017 macht sich eine hochrangige englisch-amerikanische Darsteller-Riege unter Führung von Regisseur Armando Iannucci daran, die Absurdität des historischen Machtkampfes, der die Zukunft der Welt beeinflusste, aufzuzeigen. Aus dem Archiv.

Am 2.März 1953 ereilt Josef Stalin (den Generalsekretär der Kommunistischen Partei der UdSSR und faktisch den Diktator Russlands) ein Herzinfarkt. Kurz darauf verstirbt Stalin, der mit den Säuberungen seiner Geheimpolizei über Jahrzehnte ein Regime des Terrors aufgebaut hat.

Die Umstände von Stalins Tod sind noch immer ebenso legendär wie mysteriös. Ende Februar 1953 hatte Stalin einige mächtige Mitstreiter zu einer Unterredung auf seine Datscha eingeladen. Nach tagelangen Sitzungen war Stalin tot und die Moskauer Ärzteschaft gerade erst vor wenigen Monaten „gesäubert“ worden. Beria versucht (im Film) zunächst die Situation zu vertuschen, dann sie auszunutzen.

Ungeklärte Todesumstände

Georgi Malenkow (Jeffrey Tembor) macht sich als ein Stellvertreter ebenso Hoffnungen auf die Nachfolge wie Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi). Aber noch hält Lawrenti Beria (Simon Russels Beale), der Leiter der Geheimpolizei, alle Fäden unter Kontrolle. Wjatscheslaw Molotow (Michael Palin) ist hingegen eher froh, dass seine Frau, die als Volksverräterin deportiert wurde, noch lebt.

Aber auch Stalins Kinder; Tochter Swetlana (Andrea Riseborough) und Sohn Wasili (Rupert Friend), wollen ihn dem Machtpoker mitmischen und ihre Privilegien beibehalten. Die im wörtlichen Sinne durchschlagendsten Argumente hat allerdings der Rote Armee General Georgi Schukow (Jason Isaacs), der zu Stalins Beisetzung nach Moskau gereist ist. es scheint so, als müsste sich der Künftige Machthaber der UdSSR nicht nur im Zentralkomitee durchsetzen, sondern auch die Armee auf seine Seite bringen.

„The Death of Stalin“ erzählt mit einem ziemlich respektlose, satirischen Tonfall von den Umwälzungen der Macht, die in den 1950ern nach Stalins Tod stattgefunden haben. Das mag etwas despektierlich erscheinen, aber „The Death Of Stalin“ ist nur bedingt ein historischer Film. Im Grunde ist die Satire eine Verfilmung des französischen Comics „La Mort de Stalin“ von Autor Fabien Nury und Szenarist Thiery Robin.

Ungeklärte Nachfolge

Für eine angemessen krasse Umsetzung im Film wurde dann der englische Regisseur und Drehbuchschreiber Armando Iannucci hinzugezogen, weil er mit den bissigen Polit-Serien „The Thick of It“ und auch „Veep“ gezeigt hat, dass er Politsatire kann. Das bewies bereits der Oscar-nominierte Spielfilm „Kabinett außer Kontrolle“ von 2009.

Im Grunde ähneln sich die schnodderig, zynische Dampfplauderei in „Kabinett außer Kontrolle“ und „The Death of Stalin“ ziemlich. Man versucht erst gar nicht, den russischen Funktionären einen Akzent aufzudrücken, sondern lässt sie frei Schnauze reden. Daraus ergibt sich wie früher bei Sketchen der Komiker-Truppe Monty Python ein Großteil des absurden Humors. Wenn man dann zusätzlich noch historisch bedeutsame Figuren in ernsthaften Settings albern hin- und Herschieben kann, sorgt das für überkandidelte, Unterhaltung, die alles andere als politisch korrekt ist.

Kadergehorsam?

Politsatire muss über das Ziel hinausschießen, je extremer die tatsächlichen Zustände, desto überzogener sollte der Humor sein. Die Besetzung in „The Death Of Stalin“ ist hinreißend und alle beteiligten charakterdarstellergehen voll in ihren Rollen auf. Steve Buscemi wirkt als Chruschtschow schon mit der zusätzlichen Leibesfülle albern, aber sein Charakter erweist sich (nicht nur im Film) als großer Machtstratege. Allein, diese Art von Humor mag beim Rezensenten nicht mehr recht ankommen und wirkt auch irgendwie aus der Zeit gefallen.

Es ist schwer, über vordergründige Albernheiten zu lachen, wenn im Hintergrund weiter gefoltert und getötet wird. Nicht, dass das für Satire nicht legitim wäre, es ist nur nicht witzig. Wenn man sich allerdings die englischen und amerikanischen Reaktionen angesichts der Premiere auf dem Filmfestival in Toronto ansieht, scheint „The Death Of Stalin“ dort eher einen Nerv getroffen zu haben. Vielleicht liegt es an dem zunehmend absurden Verhalten aktueller Politiker dort?

Ko-Autor David Schneider jedenfalls philosophiert über „The Death Of Stalin“: „Wenn wir es richtig hingekriegt haben, sollte man als Zuschauer den Eindruck bekommen, dass das interessante Kerle sind, mit denen man gern Zeit verbringen würde. Aber dann fällt einem wieder ein, dass das Massenmörder sind. Und das ist die Herausforderung: Das sind ganz offensichtliche üble Kerle, aber selbst die schlimmsten von ihnen haben zugleich etwas Einnehmendes.“ Ach diesem Credo hat die überdrehte und bissige historische Politsatire – zumindest bei mir – ihr Ziel nicht erreicht.

Bewertung: 5 von 10.

The Death of Stalin – Hier regiert des Wahnsinn
OT: The Death of Stalin
Genre: Satire,
Länge: 108 Minuten, UK/USA, 2017
Regie: Armando Ianucci
Schauspiel: Steve Buscemi, Andrea Riseborough, Michael Palin
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Leonine
Kinostart: 29.03.2018
DVD- & BD-VÖ: 16.08.2018

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