Als in Frankreich 1882 die Schlupflicht eingeführt wurde, stieß das nicht nur auf Gegenliebe. Vor allem auf dem Land mussten die Kinder häufig mitarbeiten um das karge Auskommen zu sichern. In der franösischen Tragikomödie „Louise und die Schule der Freiheit“ muss Alexandra Lamy als neue Lehrerin gehörig Überzeugungsarbeit leisten um ihre Klasse voll zu bekommen. Zu sehen in Verleih Neue Visionen ab dem 10. April 2025 in den Kinos.
Da guckt der in Holzpantinen gekleidete Bürgermeister eines Bergdorfs eher sparsam, als die schicke Pariser Dame vor ihm steht und behauptet, sie wäre die neue Lehrerin. Joseph (Grégory Gadebois) bringt Louise Violet (Alexandra Lamy) vorerst im Stall unter. Hier kann sie wohnen und auch die Schule einrichten. Die Kuh hat nichts dagegen.
Wohl aber Louise, die vom französischen Staat hierher versetzt wurde, weil Schule nun Pflicht ist. Und dennoch bringen die Bauern ihre Kinder nicht vorbei. Während Bürgermeister Joseph die Neue auch als Sekretärin, Totengräberin und Geburtshelferin einspannt, gibt ihr dessen Mutter den hilfreichen Tipp, die Kinder in ihrem Zuhause abzuholen.
Das führt bisweilen zu seltsamen Kuhhandeln und dem Überlisten störrischer Eltern. Joseph meint, den Kindern würde mit der Schulpflicht ihre Kindheit geraubt, während Louise die zukünftigen Schüler vor allem schuften sieht. Und dann ist da noch Postbote Thermidor (Jérôme Kircher) der lesen kann und in Louises Post schnüffelt. Dabei geht ihre Vergangenheit wohl nur sie selbst etwas an.
„Ich hatte dieses Land vergessen.“
Obgleich vor realem historischem Hintergrund angesiedelt ist „Louise und die Schule der Freiheit“ eine fiktive Geschichte. Da sollte es nicht verwundern, dass Autorenfilmer Éric Besnard („Birnenkuchen und Lavendel“) auf launige Weise beispielhafte Probleme der Zeit darstellt. Die Befürchtungen der Eltern, von ihren Kindern verlacht zu werden, sobald diese mehr wissen als sie selbst ist ebenso präsent wie das konstante Beharren, dass es schließlich auch bisher ohne Bildung gegangen sei.
In seinen Bildungsmotiven ist „Louise und die Schule der Freiheit“ nicht sonderlich originell, wie auch in dem Bildungsapell, dass Wissen zu Wahlmöglichkeiten verhelfe und somit zur Möglichkeit, sein Leben selbst zu bestimmen. Allein die Landschaft und die Ausstattung sind berauschend und die Bildwelten die „Lousie und die Schule der Freiheit“ entwirft sind allein schon sehenswert. Und dann wäre da noch ein flott aufspielendes Ensemble, in dessen Zentrum die gebildete Zugereiste und der klotzige Dorfvorsteher umeinander herum tanzen.
„Ich hatte gehofft, ich würde erwartet. Ich habe mich geirrt.“
Eine charmant hölzerne Romanze, die der Bürgermeister auf Freiersfüßen in Gang setzt, als er um die fesche Lehrerin wirbt. Daneben gibt es einige hervorgehobene Handlungsstränge zwischen Vätern und Söhnen, die die ganze Dramatik der Veränderung aufzeigen, die die Schulpflicht mit sich bringt.
Darin und im charmanten und mitfühlenden Vermitteln von Wissen ist „Louise Violet“ (so der Originaltitel) dem spanischen Drama „Der Lehrer, der uns das Meer versprach“, das vor einigen Wochen in den Kinos zu sehen war, nicht unähnlich. Beide Lehrkräfte vermitteln ihren Schüler:innen auch ganz praktische Fähigkeiten.
Bemerkenswert ist beiden Filmen auch das eingeflochtene historische und politische Motiv. Während der baskische Lehrer als Kommunist Opfer der faschistischen Falange wird, hat Louise gleichfalls einen politischen Hintergrund, der sie in Konflikt mit der Obrigkeit brachte. Auch kommt in beiden Filmen der kirchliche Protest gegen eine weltliche Bildung unaufgeregt ins Bild. Bis dato waren, wenn überhaupt, die Pfarrer für die Unterrichtung der Kinder zuständig. Auch das eine Machtfrage im Bildungswesen.
Es ist durchaus spannend in dieser Form auf die damaligen politischen Ideengeschichten aufmerksam gemacht zu werden, denn es gibt unterschiedliche Freiheitsbegriffe und den Hang zur entspannten Revolte hat Filmmacher Éric Besnard bereits in „A la Carte“ charmant anklingen lassen. Aber das mag weiterforschen, wer derartige Impulse entdeckt und interessant findet.
Fernab von Lehrplan und Pflichtlektüre entführt die französische Tragikomödie „Louise und die Schule der Freiheit“ in eine vergessene Zeit, in der die Frage „Bildung oder Brot?“ oft genug mit dem Stillen des Hungers beantwortet wurde. Dass es anders geht, ist schon erhebend anzuschauen.
Louise und die Schule der Freiheit
OT: Louise Violet
Genre: Drama, Historie, Komödie
Länge: 108 Minuten, F, 2024
Regie: Éric Besnard
Schauspiel: Alexandra Lamy, Jérôme Kircher, Grégory Gadebois
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 10.04.2025