Cloudy Mountain: Eingeschränkte Sicht

Mit „Cloudy Mountain“ bringt Plaion Film einen katastrophen-Actioner in die beschauliche Adventszeit, der in China für volle Kinos und Begeisterung gesorgt hat. Erdrutsche bedrohen ein fast fertiges Tunnelbau-Projekt und eine ganze Stadt in den Bergen. Die Schauwerte bei dieser hochfrequenten Adrenalinrutsche sind sehr beachtlich. „Cloudy Mountain“ erfindet den Katastrophenfilm keinesfalls neu, aber Regisseur Li Jun weiß die üppigen Produktionsmittel gekonnt einzusetzen. Im Kino ab 1. Dezember 2022.

Im Yiungjan Gebirge in Chinas Südwesten wird eines der größten Tunnelbau-Projekte des Landes realisiert. Die Trasse für den Hochgeschwindigkeitszug führt dutzende Kilometer durch einen Berg. Der jungen Geologe Hong Yizhou (Zhu Yilong) hat viel zu tun und muss nun nach dem Rechten sehen. Seine Freundin Lu Xiaojin (Jiao Junyan) arbeitet ebenfalls als Geologin. Kurz vor der Fertigstellung kommt es zu einer tektonischen Bewegung und zu einem Erdrutsch, der das ganze Tunnelprojekt gefährdet.

Ausgerechnet in der stressigen Endphase des Tunnelbaus hat sich Yizhous Vater, Hong Yunbin (Huang Zhizhong) zu einem Besuch angemeldet. Wegen des Erdrutsches bittet Yizhou seine Freundin, den Vater abzuholen. Denn es braucht neue Berechnungen, um das Schadensausmaß abzuschätzen.

Katastrophenvermeidung durch Sprengung

Die Projektleiterin Ding Yajun (Chen Shu) will den Tunnelbau um jeden Preis schützen. Die Sprengung eines Teils der Bergkuppe scheint eine Lösung. Doch dann bebt die Tektonik wieder und plötzlich ist die naheliegende Stadt in Gefahr und eine Sprengung wie geplant nicht mehr möglich.

Yizhou steigt in den Berg, um sich die Lage vor Ort anzusehen und Messsonden zu setzen, die die Seismik aktueller beobachten. Inzwischen hat sich in der Stadt eine Erdspalte aufgetan und Yizhous Vater hilft wo er kann. Der ehemalige Bergmann will unbedingt seinem Sohn zur Seite stehen.

Heutzutage lassen sich mittels Computeranimation irrwitzige Katastrophenszenarien schaffen und das Publikum ist längst an Actioneffekte gewöhnt und stört sich nicht mehr an der nicht ganz realistischen Optik. Dazu haben auch die längst gesellschaftsfähigen Videospiele beigetragen.

Tatsächlich wirken in „Cloudy Mountain“ etliche Szenen als wären sie vor Blue Screen gedreht. Doch das tut der Sache keinen Abbruch und immer wieder werden auch reale Stadt- und Landschafts-außenszenen eingefügt, die das Spektakel wieder erden.

Die Situation verschlimmert sich massiv.

Der chinesische Katastrophenactioner ist gut besetzt und handwerklich beachtlich umgesetzt. Allerdings muss sich der Kinogänger wohl inzwischen damit zufriedengeben, dass immer noch eine Schippe drauf gelegt wird. Das gehört zur Genre-Dramaturgie, ist bei jeder Art von Action zu beobachten und wird immer weiter auf die Spitze getrieben.

Es reicht inzwischen nicht mehr einige Menschen und eine prestigeträchtige Ingenieursleistung zu bedrohen, es muss auch noch die nahegelegene Stadt sin. Es reicht nicht, die Bewegungen der Erdkruste als Bedrohung aufzustellen, es muss auch noch ein Staudamm sein und so weiter.

Auch das wäre zu verschmerzen und ließe sich mit ironischem oder augenzwinkernden Anspruch auf der Leinwand genießen. Doch dieser chinesische Katastrophenfilm neigt ohnehin zum Pathos und zu großen Heldengesten. Warum diese also nicht in den Dienst der Sache stellen und ein bisschen Staatspropaganda einstreuen?, mögen sich die Produzenten des Films gedacht haben. Nun denn, auch amerikanisches Filmschaffen ist nicht frei von Patriotismus und fragwürdigen Botschaften. Doch „Cloudy Mountain“ macht kaum einen Hehl aus seiner staatstragenden Message.

„Ich verstehe: Wir werden quasi angegriffen. Sie haben unsere volle Unterstützung.“

„Propaganda (von lateinisch propagare‚ „weiter ausbreiten“, „ausbreiten“, „verbreiten“) bezeichnet in seiner modernen Bedeutung zielgerichtete Versuche, politische Meinungen oder öffentliche Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und das Verhalten in eine vom Propagandisten oder Herrscher erwünschte Richtung zu steuern.“ (nach wikipedia) „Cloudy Mountain“ bietet quasi Anschauungsmaterial.

Sei es das vortreffliche Bauleistung oder die unbedingte Durchhalteparole beim Ingenieursprojekt. Sei es die Katastrophendurchsage, die sogar im Trailer gezeigt wird. Allerdings nur zur Hälfte. „Nur wer überlebt, baut sein Haus wieder auf. Vertrauen sie der Partei und der Regierung.“ Selbstverständlich greift auch das Militär helfend ein. Den Vogel schießt allerdings das ultimative Opfer für die Gemeinschaft ab, das selbstredend salutierend erfolgt. Aber das wird jeder selbst sehen, der sich ins Kino begeben mag.

Handwerklich und von Spannungslevel her weiß „Cloudy Mountain“ zu überzeugen und sorgt für ein packendes Kinoerlebnis. Allerdings ist die irrwitzige Eskalationsspirale auch komplett überzogen. Zudem trübt die massive Propaganda den Spaß am Actioner derart, dass ich den Gang ins Kino nicht empfehlen kann. Wen das nicht stört, der sollte unterhalten werden.

Film-Wertung: 3 out of 10 stars (3 / 10)

Cloudy Mountain
OT: CLoudy Mountain aka Feng Bao
Genre: Action, Katastrophenfilm
Länge: 114 Minuten, VRC, 2021
Regie: Jun Li
Darsteller:innen: Zhu Yilong, Jiao Junyan, Chen Shu, Huang Zhizhong,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Plaion Film (vormals Koch Film), 24 Bilder
Kinostart: 01.12.2022