Das ist mal eine Ansage. Im Jahr 2025 noch einen abendfüllenden Stummfilm mit Slapstick und Cartoon in die Kinos zu bringen, zeugt von großer Hingabe. Dabei ist „Hundreds of Beavers“ vor allem subversiv und spielt mit Bildwelten und Montagetechniken. Mittendrin ein Obstbauer der zum Pelzjäger wird. „Hundreds of Beavers“ erinnert durchaus an die große Zeit der Stummfilm-Klamotte, hat aber auch so seine Untiefen zu umgehen. 24 Bilder veröffentlicht „Hundreds of Beavers“ hierzulande ab dem 13. Februar in den Kinos.
Im 19. Jahrhundert baut Jean Kayak im mittleren Westen Amerikas Äpfel an um daraus Cider, Apfelwein, herzustellen. Das Geschäft mit „Apple Jacks“ brummt. Doch Jean ist auch sein bester Kunde. Es kommt, wie es muss, und im Suff fackelt Jean versehentlich die ganze Farm ab.
Das verkaterte Erwachen folgt im Winter. Der bärtige Jean schraubt sich durch eine geschlossene Schneedecke. Hunger hat der Winterschläfer und macht sich auf die Jagd nach Kaninchen. Die Bunnys stellen sich als schlauer heraus als Jeans Jagdkünste. Doch der Ex-Brenner ist lernfähig und macht eine Kolonie von Bibern als nächste Beutetiere aus. Auch hier hat der Jäger oft genug das Nachsehen und schläft hungrig am Lagerfeuer ein.
Apple Jack’s Cider
Eher zufällig kommt Jean an einem Aussenposten vorbei, der Pelze gegen Waren tauscht. So kann der Jäger auch Ausrüstung ergattern, wenn er denn was fängt. Angespornt von der liebreizenden Tochter des Händlers macht sich Jean wieder auf in die Wildnis.
Doch das Jagdglück bleibt den Pelzjäger weiterhin fremd. Erst als er sich mit einem anderen Jäger zusammentut, wendet sich das Geschick. Und Jean will der angehimmelten einen Antrag machen. Aber er bekommt die Tochter erst, wenn er hunderte von Biber(fellen) anbringt. Da heißt es das Biberfort zu kapern.
Wir müssen über Tierwohl im Film reden. In der charmanten und subversiven Slapstick-Komödie „Hundreds of Beavers“ kommt nicht ein echtes Tier vor. In den Hasen, Hörnchen und Bibern (und im Pferd) stecken menschliche Schauspieler. Das erinnert ein bisschen an den Humor der koreanischen Komödie „Rettet den Zoo“ (aka „Secret Zoo“) von Jae-gon Son geht aber weit darüber hinaus.
Der Pelzjäger
Kleinere Lebewesen wie der Specht und die Fische sind selbstgestrickte Stofftiere. Das ist aber durchaus stimmig, denn in „Hundreds of Beavers“ wird ersten nicht gesprochen, obwohl es Sound, Effekte und Musik gibt, und zweitens wirkt der Film als wäre er in der Pionierzeit des Mediums Film entstanden. Da kommen dem Publikum akrobatische Cartoons von Buster Keaton, Charly Chaplin, Laurel und Hardy oder Harold Lloyd in den Sinn.

Allerdings fehlt hier Akrobatik und die Optik in „Hundreds of Beavers“ ist durchaus trashig. Der Film ist eher im Do it Yourself-Stil gehalten, der dem Werk von John Waters oder Guy Maddin näher ist als den altvorderen Komödianten. Das ist großteils sehr originell, was hier ohne Budget und mit viel Fantasie auf die Leinwand gezaubert wird, aber es lebt auch von Wiederholungen und Variationen. So sind etliche Gags als Runnig Gag konzipiert und kommen bisweilen auch ermüdend wieder ins Bild.
Hunderte von Bibern
Der klassischen Eskalationslogik folgend, rüstet der Pelzjäger immer weiter auf und muss immer mehr Beute anbringen. Am Ende des quasi dreigeteilten Films kommt Jean dann auch endlich mal aus dem Schnee heraus und in die Burg der Biber hinein. Dann kommt noch einmal eine andere Dynamik in die Angelegenheit.
Nicht alles an dem 2022 fertiggestellten Film ist für ein junges Publikum geeignet und der Humor ist zum Teil düster und fäkal. Wie etwa bei der Hörnchenscheiße-Zielscheibe und dem Ausweiden des Stofftier-Hörnchens. Regisseur Mike Cheslik und sein Hauptdarsteller Ryland Brickson Cole Tews haben schon einiges zusammen gedreht und entwickelten das Drehbuch zusammen. Es ist albern und es soll albern sein. Und es hat bereits weltweit Festival-Publikum begeistert. Mir ist’s etwas zu drüber.
Ach, abschließend noch was über Cider. Gemeinhin bei den Kolleg:innen und im Presstext wird von Apfelschnaps geredet. Das wäre nach meinem Dafürhalten etwas Calvados-artiges oder eher Obstbrand. Der Cider in „Hundreds of Beavers“ wird in großen Humpen kredenzt und genossen so wie es sich für den vergorenen Apfelschaumwein klassischer Weise gehört. Im Alkoholgehalt etwa dem Bier vergleichbar und für echte Trapper was zum runterkippen.
Eine großartige und sehr charmante Filmidee scheitert am Filmformat. Wie bei frühen Gagparaden der Filmgeschichte, trägt die Handlung nicht von Scherz zu Scherz. Außerdem sitzen nicht alle Pointen und einiges wird schlicht totgeritten. insgesamt aber ist „Hundreds of Beavers“ ein anarchisches Vergnügen.
Film-Wertung fällt aus.
Hundreds of Beavers
OT: Hundreds of Beavers
Genre: Komödie,
Länge 108 Minuten, USA, 2022
Regie: Mike Cheslik
Schauspiel: Ryland Brickson Cole Tews, Olivia Graves, Doug Mancheski
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: 24 Bilder, Lighthouse
Kinostart: 13.02.2025
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