Gloria!: Neue Musik braucht das Land

Hoher Besuch kündigt sich an im Jahre 1800 bei den Waisenmädchen von sankt Ignazio bei Venedig. Das bringt den Alltag der der Musikschule ziemlich durcheinander und sorgt für gutgelaunte musikalische Unterhaltung im Gewand eines historischen Dramas. „Gloria! von der italienischen Musikerin, Schauspielerin und Filmmacherin Margeritha Vicario war bereits im letztjährigen Berlinale-Wettbewerb zu sehen. Nun wird der Film nach erfolgreichem Kinostart auch für den Hausgebrauch veröffentlicht. Seit dem 30. Januar ist „Gloria! als DVD, Blu-ray und VoD erhältlich.

Der Ruf der Mädchen von Sankt Ignazio bei Venedig eilt den jungen Musikern voraus. Hier in dem Kollegium und ähnlichen Einrichtungen, sorgt die Katholische Kirche dafür, das mittellose und Elternlose Mädchen eine musikalische Ausbildung erhalten, um besser verheiratet werden zu können. Die musikalischen Gottesdienste des Kollegiums haben angesehen Herrschaften bezirzt.

So hat sich die Entourage des Papstes auf seinem Weg nach Venedig auch beim Fürsten angemeldet, um die Mädchen musizieren zu hören. Der Fürst bestellt also beim Kapellmeister und Pater Perlina (Paolo Rossi) ein neues Werk, eigens für den Papstbesuch. doch dem alten Komponisten mag nichts Gescheites einfallen.

Derweil sind die Mädchen höchst aufgeregt über den anstehenden Besuch. ein Streichquartett um die ehrgeizige Lucia hofft sogar darauf, dass Lucia (Carlotta Gamba) einige eigene Kompositionen vorschlagen kann. Derweil erreicht ein sperriges Geschenk das Kollegium. Pater Perlina lässt das wertvolle Pianoforte einstweilen in den Katakomben wegsperren. Allerdings wird das stumme Hausmädchen Teresa (Galatéa Bellugi) damit betraut, den Raum zu säubern.

„Du bist stumm, vergiss das nicht.“

Teresa klaut sich nachtens den Schlüssel und beginnt das Instrument zu erforschen. Das bleibt auch von Lucia und ihren Freundinnen nicht unbemerkt. Nach anfänglichen Reibereinen treffen sich die Mädchen immer häufiger um heimlich Musik zu machen. Teresa ist keineswegs stumm und auf ihre Weise sehr musikalisch.

„Gloria in excelsis deo“ (Ehre sei Gott in der Höhe“) ist ein liturgischer Lobgesang der christlichen Gottesdienste. Musiker sprechen kurz vom „Gloria“ und auch der Filmtitel lässt den Teil „in excelsis deo“ bewusst weg. Denn die Musik in der bodenständig und überzeugend ausgestatteten Komödie ist ebenso eine weltliche, volksnahe Erbauung wie sie dem Schöpfer zur Ehre gereicht.

Tatsächlich fußt das Szenario in „Gloria“ auf historischen Begebenheiten. viele Waisenkinder wurden in diesen religiösen Institutionen erzögen. Aber die Auswirkungen der französischen Revolution reichten auch bis nach Venedig und so wurden die Kollegien in den folgenden Jahren geschlossen. Mit der Folge, dass auch Musikausbildung abgeschafft wurde. Und dass viele der Musikerinnen (und möglicherweise auch Komponistinnen) in Vergessenheit geraten sind.

Seinerzeit war die Aufführung und Ausübung von Musik in der Öffentlichkeit immer noch vor allem Angelegenheit der Männer. Die Messen und Aufführungen in den Kollegien waren eine Sondersituation. Daraus macht die Regisseurin und Musikerin Margeritha Vicario eine ziemlich mitreißende Geschichte der Selbstermächtigung, die definitiv in die Gegenwart hineinreicht.

Während die klassisch geschulten jungen Musikerinnen um Lucia sich vor allem in ernsthafter Komposition versuchen tastet sich die ungelernte Teresa mit einem instinktiven Musikverständnis an die moderne Pop-Ballade heran. So mag es sich für einen Teil des Publikum (zurecht) anhören. Allerdings hatte das einfache Volk zu allen Zeiten seine eigene schlichte Musik und den Alltag und die Arbeit zu rhythmisieren und erträgliche zu machen. auch schlichte Volksweisen zur Erbauung hat es durch alle Gesellschaften gegeben.

„Das ist vielleicht lustig, aber wir verlieren eine Menge zeit damit.“

Nicht von ungefähr bekommt die junge Teresa zu Filmbeginn vom väterlichen Hausknecht ein Daumenklavier, auch Kalimba genannt, geschenkt. Das schlichte kleine Instrument reicht um Teresas Fantasie zu befeuern. Die Welt der Klänge wird freilich größer, wenn das Instrument mehr Ausdrucksmöglichkeiten zulässt. Dem als Publikum lauschen und zuschauen zu könne, ist schon etwas Besonderes. Auch und gerade, weil es so einfühlsam und beschwingt in Szene gesetzt ist.

Es mag sein, dass „Gloria!“ in seinen Themen und der eher modernen Inszenierung etwas zu offensichtlich und zu überbordend ausgefallen ist, aber die Zeiten waren revolutionär und gerade Frauen mögen lange genug auf Veränderung warten müssen. Da kann auch mal exzessiv gefeiert werden. Der musikalische Impuls an sich ist schon ein Lobgesang.

„Gloria!“ gelingt der Spagat zwischen historischem Setting und moderner, kraftvoller Geschichte mit Verve und überzeugendem Ensemble. Die Musik spannt den Bogen der kraftvollen Geschichte bis in unsere Tage. Eine flotte und eigene Musikstunde mit poppigem Aspekt und ermutigender Message.

Bewertung: 4 von 5.

Gloria!
OT: Gloria!
Genre: Drama, Historie, Musik
Länge: 106 Min., I/CH, 2024
Regie: Margherita Vicario
Schauspiel: Galatéa Bellugi, Paolo Rossi, Carlotta Gamba
FSK: AB 12 Jahren
Verleih: Neue Visionen
Kinostart. 29.08.2024
VoD: 30.01.2025
DVD- & BD-VÖ: 30.01.2025

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