Magister – Halcyon Days: Album Review

Zweites Album und doch alles anders. Magister, die Freiburger Krautrocker mit Party-Absichten, sind vom Duo zu einem Quartett gewachsen. Im Oktober 2024 präsentierte die Band ihr zweites Album „Halcyon Days“, das ambitioniert in die stetig wuchernde deutsche Instrumentalrock-Szene grüßt und die seligen Tage ausufernden Musizierens aufleben lässt. In diesem Sinne: Seid gegrüßt ihr Gelehrten.

Just lebt mit der Fortsetzung von „Gladiator“ das alte Rom im Kino wieder auf und mensch möchte meinen, Magister, die sich altphilologisch und konzeptionell der lateinischen Sprache verschrieben haben, lägen voll im Trend. Aber erstens musizieren die Herren aus Freiburg instrumental und zweitens ist Rockmusik auch in ihrer progressiven Variante eher was für den Bauch und das Tanzbein denn für Kopf und Hirn. Aber keine Bange, außer den hintersinnigen Songtiteln werden Magister ihrem eigenen Party-Anspruch durchaus gerecht.

Das selbstbetitelte Debut des damaligen Duos erschien 2021 in mitten der Covid19-Pandemie. Möglicherweise nur als Selbstbespaßungsprojekt von zwei Lehrerkollegen gestartet, kam ein Album dabei raus, das sich durchaus hören lassen kann. Das Duo aus Kilian Lenhard am Schlagzeug und Andreas Müller an der Gitarre haut locker rockend in die progressive Stoner Schiene, soweit das in Garage Rock Besetzung möglich ist. Der Verzicht auf Gesang erscheint angesichts solcher instrumentaler Begrenzung auf den ersten Blick schon gewagt, haut musikalisch aber durchaus hin. Aber das mag jde:r selbst hören.

333 bei Issos Keilerei

Anno 2024 wurde die Band bereichert um Bassist David van der Post und Saxofonist Florian Stehr. Beim abschließenden Song „Lyaeus“ kommt noch Synthie-Spieler Maik Oehme zum Zug, der aber (noch) nicht als offizielles Bandmitglied geführt wird. Musikalische ist durchaus eine Entwicklung hörbar, die den Stoner Rock in den Hintergrund stellt und aufgrund eines komplexeren Rhythmusgerüsts (mit Bass, ne) etwas proggiger und krautiger rüberkommt. Immer noch Instrumental bleiben Magister ihrem Konzept altsprachlicher Ausrichtung treu und benennen ihre Songs lateinisch, ohne in Bombast oder Black Metal Klischees zu verfallen.

Stattdessen wildern die ehemaligen Lehrer im reichhaltigen Fundus altphilologischer Sagen und Mythen und sind dabei so hinreißend Bildungsbürger-Teutonisch wie das nur im Fören röhrenden Schwarzwald und der Universitätsstadt Freiburg möglich ist. Ein Schelm, wer da nicht an Babenbergs Gymnasium denkt. Nun aber zur Musik.

Eröffnet wird „Halcyon Days“ wie jede Unterrichtstunde mit der Begrüßung. „Salve Magister“ huldigt den Duo-Anfangen von Magister und stellt die Überleitung zum neuen Band Dasein her. Das Saxofon trötet nur kurz dazwischen, ansonsten wird relativ gerade heraus gerockt und auf dem Riff geritten. Nach knapp 4 Minuten, geht es dann richtig neu los. Die von der Band angeregte feiermusikalische Assoziationskette feuert mir an dieser Stelle den Schlage „Jetzt geht die Party richtig los“ aus dem Jahr 1973 entgegen, die nix mit nix zu tun hat.

„Die See! Die See!“

„Hapex Legomenon“ ist ein Fachbegriff aus der Sprachwissenschaft und das Hauptriff des flotten Songs ist schnell etabliert. Es folgen souveräne Variationen desselben und eine prog-typische verzögerte Dynamik. Das erste Drittel wird von einem Break beendet, das in einen ruhigen Gitarrenpart einläutet, der bis zum Ende auserzählt wird. Das ist schon sehr stimmungsvoll. In „Lectura Dantis“ wird wohl inspiriert von Dante Aleghieris Hauptwerk um die unterschiedlichen Kreise der Hölle herummusiziert. Diese Mal kommt das Saxofon ausführlicher zum Einsatz und kann dem Song (und der Band) durchaus eine eigene Note verpassen. Ein fulminanter Achtminüter.

„Nimium Vincere“ beginnt sehr Slow Blues mäßig kommt dann in seiner kurzen Spielzeit ab der Mitte in rockigere Gefilde. Als Interludium („Zwischenspiel“) wie als Appetithäppchen sehr nett. Dann hat Albumseite B noch zwei lange Stücke zu bieten. „Gehrke“ ist klassisches Space-Rock Territorium und gemahnt an den treibenden Groove der Silbermaschine. Live wurde der inzwischen achtminütige Song auch schon mal in halber Länge vorgestellt. Im sehr organische gejamten Mittelteil zeigen Magister, dass sich das Zusammenspiel entwickelt hat. „Gehrke“ by the Way, mag sich auf den Althistoriker Hans-Joachim Gehrke beziehen, der auch an der Uni Freiburg lehrte. Es wurde schon andere Ikonen in Balladen gehuldigt.

Eisvögel brüten in des Winters Windstille

„Lyaeus“ ist dann der überbordende Ausklang eines sehr impressionseichen groovy Krautrock-Ausflugs. Mit Synthie und Sax hauen Magister hier ordentlich auf die progressive Pauke und geben vielleicht auch Hinweise wohin die musikalische Reise gehen mag. „Lyaeus“ ist übrigens ein anderer, lyrischer Name für den Gott Dionysos aka Bacchus, in seiner Funktion als Sorgenbrecher. Aber das ist nun echt genug Unterricht für heute.

Freiburg scheint eine halbwegs umtriebige Musikszene zu haben und möglicherwiese ist die Szene auch gut vernetzt. Zumindest treten Magister am 13. Dezember 2024 im Schattenparkers auf. Und wer flink genug unterwegs ist, kann auf Bandcamp beide Alben der Band im Doppelpack erstehen. Wer auf die Veröffentlichungen des Tonzonen Labels steht, sollte auch bei Magister mal ein Ohr riskieren.

Salve Magister! Und willkommen in teutonischen Untergrund für spacige Instrumentalmusik. Mit dem Latein-Gedöns haben die Freiburger ein echt nerdiges Alleinstellungsmerkmal, das durchaus charmant rüberkommt. Und Album Nummer 2 zeigt, dass die Jungs sich entwickeln wollen und können. Da geht sicher noch was, sofern Magister die Bühnen jenseits des Black Forest für sich entdecken und sich auf den einschlägigen Festivals blicken lassen.

Album-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Magister – Halcyon Days
Genre: Heavy Rock, Progressive, Stoner Krautrock
Länge: 41 Minuten, D, 2024
Interpret: Magister
Label: Rummelplatz Records Kiosk
Format: Vinyl, Digital
VÖ: 25.10.2024

Magister bei Bandcamp
Rummelplatz Kiosk

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