Übermütig geht es weiter im #Partysommer24 mit der Doku über Hugh Hefner von 2012 aus dem Archiv. Eine Doku über Mister Playboy himself, die ohne Altersbeschränkungen auskommt? Entblößte Bunnies werden also eher nebensächlich sein, wenn sich die preisgekrönte Dokumentarfilmerin und Oscargewinnerin Brigitte Berman dem Phänomen Hugh Hefner widmet. Unterhaltsam sind die 120 Minuten trotzdem, oder gerade deshalb.
Kiss-Bassist und Rockstar Gene Simmons irritiert gleich zu Beginn mit der Aussage, es sei nicht verwunderlich, dass Männer alle acht Sekunden an Sex denken, immerhin reibe ihr bestes Stück bei jedem Schritt an der Kleidung. Der Mann, der sich rühmt mit einer rekordverdächtigen Anzahl von Frauen intim gewesen zu sein, lässt mich kurz zweifeln, ob ich normal bin, weil ich erstens nicht so viel herumlaufe und zweitens beim besten Willen nicht auf einen gedanklichen acht Sekunden Takt komme. Auch egal.
Hugh Hefner, so wie er sich in den Interview-Sequenzen darstellt und in dem Archivmaterial präsentiert wird, hat offenbar auch genug Zeit für andere Gedanken gehabt. Mit einer puritanischen, prüden Kindheit und einem Psychologie-Studium entwickelt der Workaholic, der nach dem ersten Erfolg von seiner Chicagoer Villa aus arbeitet und den Morgenmantel als Kleidungstück bevorzugt, einen unbändigen Ehrgeiz. Hefner gründet sein eigenes Printmagazin, es soll ein Männermagazin werden und der Erfolg setzt quasi mit der ersten Nummer ein. Ebenso die Anfeindungen, ob der vermeintlichen Obszönität.
Mehr als nun Playmates und Bunnies
In den folgenden Jahren und Jahrzehnten erweist sich Hefner als geschickter, kontrollwütiger Herausgeber und als Kämpfer für eine liberalere Gesellschaft. Er beziehungsweise der Playboy mitseiner Marktmacht, hat sich für viele Belange stark gemacht, die in den USA sehr konservativ und repressiv gehandhabt wurden. Sei es die Gesetzgebung, sofern sie die Sexualgesetzt betrifft, sei es die Rassentrennung, sei es der Feminismus oder die Schwierigkeiten der Homosexuellen. Hefner hat sich im Laufe der Jahrzehnte immer wieder für diese unterdrückten Gesellschaftsgruppen engagiert.
Andererseits stößt der Playboy mit seinen Bunnies und den Pinup-Girls immer wieder auf Kritik an seinem Frauenbild. Selbst Menschen, die Hefner seit Jahrzehnten kennen, können diesen Zwiespalt weder erklären noch auflösen. Vielleicht ist das auch gar nicht notwendig, um den Charakter des erfolgsverwöhnten, rüstigen Publizisten zu erfassen.
Brigitte Bermans Dokumentation zeigt Unmengen an Archivmaterial und Gesprächen mit vielen Zeitgenossen, Freunden und auch Feinden um ein umfassendes und auch kritische Bild Hugh Hefners zu zeichnen. Das gelingt nur bedingt. So richtig bissig kommen die kurzen Einwände bezüglich des Frauenbildes und anderer Kontroversen nicht rüber, in der chronologischen Aneinanderreihung von Engagement für die liberale Sache. Doch das muss auch gar nicht sein. Wer Ohren und Augen hat, kommt hier in den Genuss gesellschaftlicher Debatten in den USA über die letzten Jahrzehnte, die weit über den Playboy hinausgehen.
Erfolg in den puritanischen USA
Star-Komiker Bill Maher attestiert, dass die USA im Grunde immer eine puritanische Gesellschaft waren, sind und bleiben werden, die sich immer wieder an der (sexuellen) Freiheit abarbeitet. Das werde sich auch nicht ändern. Apropos Zwischentöne: Es macht schon Freude, wenn bekannte Persönlichkeiten über den Reiz der ersten Playboy-Ausgaben sagen, sie hätten sich dafür interessiert, wie jeder „gesunde“ (gemeint ist „normale“) Mann. Wie Mahers bereits erwähnte. Liberal ja, aber mit genauen Vorstellungen von Normalität.
Während sich „Hugh Hefner –Playboy, Aktivist und Rebell“ vergleichsweise intensiv um die Anfangstage und die ersten Dekaden des Playboy kümmert, geht’s dann relativ fix von den 1980ern in die Achtziger Hefners. Wenig unrühmliche Soap-Documentary, keine wirtschaftlichen Einbrüche beim klassischen Männermagazin, nur das Beibehalten des bewährten Layouts.
Der Reiz der biografischen Doku über dem Playboy-Gründer Hugh Hefner liegt weniger in der Person selbst, dazu ist vergleichsweise viel bekannt, wenn auch selten so gekonnt, zusammengebracht worden, sondern in dem zeitgeschichtlichen Zusammenhang und den gesellschaftlichen Diskussionen, in die der Playboy und sein Erfinder im Lauf der Jahrzehnte verwickelt war.
Film-Wertung: (7 / 10)
Hugh Hefner –Playboy, Aktivist, Rebell
OT: Hugh Hefner: playboiy, Activist, Rebel
Genre: Doku, Biografie
Länge: 124 Minuten, USA, 2009
Regie: Brigitte Berman
Mitwirkende: Hughj Hefner, Bill Maher, Toni Bennet, Joan Baez
FSK: ab 0 Jahren, ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: ?
Kinostart: nicht in Deutschland
DVD-VÖ: 07.07.2012