Der deutschen Bierbranche geht es schlecht, die Leute saufen nicht mehr genug und auch die Fußball-Euro im eigenen Land hat den Absatz nicht aus dem Keller gerissen. Während das Brauereisterben also weitergeht, kommt hier eine Doku zum internationalen Tag des Bieres: „Beerland“ ist von 2013 und der in Deutschland lebende amerikanische Filmmacher Mark Sweetwood bereist die deutsche Bierkultur. Muss man sich mit Deutschen besaufen, um sie zu verstehen?
Ein Besuch seiner Eltern und die vergebliche Bemühung auf dem Münchener Oktoberfest kurzfristig einen Platz im Feierzeit zu bekommen, gab den Anlass für diese „filmische Studie“. Der (damals) in Berlin lebende Filmmacher befasst sich also mit dem Verhältnis der Deutschen zu ihrem „Lieblingsgetränk“. Dazu reist Seetwood vom Kölner Karneval ins Bierland nahe Bamberg, vom Münchener Oktoberfest zur einem Schützenfest in Niedersachsen. Immer auf der Spur des deutschen Biers. Sweetwood trifft unabhängige Braumeister, Hopfenbauern, Bierhistoriker, Stammtische und einen pazifistischen Schützenverein.
Als Doku ist „Beerland“ wie ein kultureller Selbstversuch ausgelegt und die Analyse und Berichte sind ziemlich subjektiv. Der Autor und Regisseur („Hacker“, „Forgetting Dad“) macht in seiner zweiten Regiearbeit kein Tamtam um die Tatssache, dass er selbst Bier als Getränk gleichfalls schätzt. Die hiesige Bierkultur wird nur anfangs mit dem Verhältnis der USA zum Alkohol verglichen. Dort muss man 21 sein, um Beer trinken zu dürfen und der Genuss in der Öffentlichkeit ist verboten. Komplett anders war die Lage seinerzeit im Land mit dem Reinheitsgebot, das immer noch Grund ist stolz zu sein.
Trink, Brüderlein, trink
Es ist schon schräg, wenn die eigene Kultur, oder das was gemeinhin dafür gehalten wird, von Außenstehenden betrachtet wird. Zwischen Fremdschämen und Stolz liegt häufig nur ein schmaler Grat. Da macht auch „Beerland“ keine Ausnahme. Obgleich der Rezensent gerne (und womöglich zuviel) Bier trinkt, bin ich bei den Spezifikationen leidenschaftslos. Allerdings kann ich den modischen Craft-Bieren eher wenig abgewinnen.
Sweetwoods dokumentarische Ansatz ist vergleichbar mit Morgan Spurlocks Selbstversuch „Supersize Me“, oder mit Filme von Michael Moore („Bowling for Columbine“). „Beerland“ ist weitgehend ziemlich unterhaltsam ausgefallen. Das Publikum erfährt einiges über Trinkkultur und Unsitten, über die Geschichte des Gerstensaftes und über deutsche Befindlichkeiten. Auffällig ist allerdings dass sich die Dokumentation vornehmlich im süddeutschen Raum bewegt.
Lass doch die Sorgen zuhaus! (Gus Bacchus)
Kritischere Töne wären gerade wegen der dem Thema innewohnenden deutschen Selbstverliebtheit durchaus willkommen gewesen. Die Frage bleibt, in wie weit die im Film portraitierte Lebensweise und die Traditionspflege tatsächlich in der deutschen Öffentlichkeit stattfindet? „Beerland“ arbeitet sich eben auch an Klischees ab, die untrennbar mit der deutschen Bierkultur verbunden sind – Vereinswesen und Stammtisch, und befördert diese Klischees.
Der Alkoholkonsum gerade bei Jugendlichen hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten erheblich zugenommen. Mit Bier hat das allerdings weniger zu tun, als mit der konsequenten und hocheffizienten Herbeiführung von Rauschzuständen. Wobei es dem teutonischen Biertrinker auch um den Rausch gehen mag, der schon seine Ahnen im wilden Kampf gegen die Römer beflügelt hat. „Beerland“ verharmlost den Alkoholkonsum zwar nicht, hat aber auch nichts dagegen sich den landesüblichen Gepflogenheiten anzupassen.
Mark Sweetwoods Dokumentarfilm „Beerland“ ist eine kurzweilige und unterhaltsame Auseinandersetzung mit dem deutschen Kulturgut Bier. Wie gesagt, Fremdschämen inklusive. Na dann, Prost!
Film-Wertung: (6 / 10)
Beerland
OT: Beerland
Genre: Doku,
Länge: 85 Minuten, D, 2013
Regie: Mark Sweetwood
FSK: ab 0 Jahren, ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Movienet Film
Kinostart: 25.04.2013
DVD-VÖ: 27.09.2013