Ernst Lubitsch Edition: Frühwerk eines Meisters

Der Name Ernst Lubitsch wird vielen Filmfans geläufig sein. Vor allem in Zusammenhang mit seinen bekanntesten Filmen „Sein oder nicht sein“ und „Ein himmlischer Sünder“. Viele werden wissen, dass der Regisseur aus Deutschland stammt und früh nach Hollywood ging. Nun (im November 2022) hat One Gate eine Box mit frühen deutschen Stummfilmen von Ernst Lubitsch aufgelegt. Die neun enthaltenen Filme sind alle digitalisiert und restauriert und mit neuer Filmmusik ausgestattet. Ein lohnender Blick in die Vergangenheit.

Vorab eine Entschuldigung: Das ist dusselig gelaufen! Eigentlich sollte die längst geschriebene Vorstellung dieser Ernst Lubitsch Edition bereits im Dezember online gehen. Die Technik hat versagt, der Autor und Redakteur im Gewusel vor der Feiertagen nicht kontrolliert. Daher erscheint dieser Text nun, mehr als einen Monat später auf der Startseite, damit er nicht im Archiv untergeht.

Umfassende Edition mit frühen Filmen

Die Filme sind anlässlich der Restaurierungen auch mit neuer Filmmusik ausgestattet worden. (Die Filme der Box werden im zweiten Teil des Textes einzeln vorgestellt.) In den frühen Tagen des Kinos war es üblich, dass die Bilder zu live eingespielter Musikbegleitung (meistens Klavier) gezeigt wurden. Nicht immer sind die Partituren erhalten. Die in dieser Box präsentierten Musiken sind Neukompositionen.

Beinahe 12 Stunden Filmmaterial sind auf den 4 DVDs der „Ernst Lubitsch Edition“ enthalten. Das beinhaltet neun frühe Stummfilme aus der Berliner Zeit des Filmmachers, die alle in restaurierter und digital überarbeiteter Form vorliegen. 1922, also vor 100 Jahren, endete die Berliner Schaffensphase von Ernst Lubitsch. Anlass genug für diese notwendige Edition. Weitgehend verantwortlich für die Restaurierung zeichnet die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in unterschiedlichen Jahren. Zu einer der Bearbeitungen gibt auch ein interessantes kurzes Making of.

Die Filmbox ist außerdem mit einem begleitenden 20-seitigen Booklet ausgestattet. Neben einer kurzen, kompetenten Einführung von Friedemann Beyer sind für jeden der Filme die relevanten Informationen zu Dreharbeiten, Besetzung, Restaurierung und Musik aufgeführt. Darüber hinaus auch noch eine kurze inhaltliche Zusammenfassung und eine kurze filmhistorische Bemerkung.

Zu vielen der Filme und auch zu Ernst Lubitsch und den bekannten Darstellern gibt es ausführliche Wikipedia-Einträge, die sich leicht finden lassen. Der Eintrag zu Ernst Lubitsch wird am Textende als weiterführender Link angezeigt. Weiter Links für Filminteressierte sind ebenfalls beigefügt.

Die Filme in der Edition sind in zeitlicher Abfolge: „Als ich tot war“ (1916, 36 Minuten), „Ich möchte kein Mann sein (1918, 44 Minuten), „Carmen (1918, 91 Minuten), „Die Austernprrinzessin (1919, 56 Minuten), Madame Dubarry (1919, 110 Minuten), Die Puppe (1919, 66 Minuten), „Sumrun“ (1920, 100 Minuten), Anna Boleyn (1920,119 Minuten) und „Die Bergkatze (1921, 82 Minuten).

Der Stummfilm ist heute ein unbekannte Kunstform

Bevor es an die einzelnen Filme dieser Box geht, ein paar einführende Bemerkungen. Als Darsteller wirkte der 1892 geborene und 1947 verstorbene Lubitsch bereits seit 1913 in Filmen mit. Seine Regiearbeiten begannen 1915. Häufig spielte er in seinen Filmen auch selbst noch mit. Viele der frühen Stummfilme sind allerdings nicht erhalten, da es seinerzeit gängige Praxis war, die Filmrollen nach der Aufführung zu entsorgen.

Außerdem entspricht der frühe Schwarz-Weiß-Film, der häufig auch in wenig breiten Filmformaten erstellt wurde, auch nicht mehr den modernen Sehgewohnheiten. Gang und Gäbe war es allerdings mit Einfärbungen zu arbeiten, um die Bilder zu tönen. Das so genannte Viragieren wurde meinst chemisch bewerkstelligt und im Stummfilm auch dramaturgisch eingesetzt. Die Tönungen waren häufig auch dazu gedacht, bestimmt Zeiten, Örtlichkeiten oder Stimmungen zu erschaffen. Während das moderne Publikum sich das anlernen muss, war diese Praxis den damaligen Kinogängern geläufig und verständlich.

Nicht immer sind bei den Restaurierungen alter Filme komplette Filmkopien erhalten, weshalb es durchaus geläufig ist, ergänzendes Material aus anderen auch ausländischen Kopien hinzuzufügen, um einen möglichst authentischen Eindruck der Erstaufführung abzubilden. In Sachen Filmmusik gibt es deutlich mehr gestalterischen Freiraum, aber dazu später mehr.

Andere Lubitsch Editionen und Restaurierungen

Es gibt international einige Film-Editionen mit Stummfilmen von Ernst Lubitsch. Etwa die US-amerikanische Masters of Cinema Edition „Lubitsch in Berlin“, in der sechs Filme enthalten sind und zudem eine Doku über die Anfänge des Filmmachers. Ob die Filme restauriert sind, entzieht sich meiner Kenntnis, aber die Kollektion ist 2017 erschienen.

Eine französische Film-Box „La Folle ingenue“, erschien 2016 und soll restaurierte Filme enthalten, allerdings wird der Schwerpunkt auf Lubitschs amerikanische Filme gelegt. Bliebe noch die 2006 bei Leonine (ehedem Universum) erschienene „Ernst Lubitsch Collection“ zu erwähnen. Eine Box mit 6 DVDs die inhaltlich weitgehend identisch ist mit der vorliegenden Auswahl, mit der Ausnahme, dass die Filme dort noch nicht von der F-W-M-Stiftung restauriert wurden.

Die filmischen Restaurierungen fanden ab den 1990er Jahren statt, die digitalen Bearbeitungen ab 2012. Die jüngste in dieser vorliegenden Edition enthaltene ist die Wiederherstellung von „Carmen“. Das Bildmaterial wurde 2018 bearbeitet, die Filmmusik entstand 2021 im Auftrag von Arte und dem ZDF. Insgesamt also viele Argumente für dies bislang hochwertigste und kompletteste Zusammenstellung des Frühwerks von Ernst Lubitsch.

Nun aber endlich zu den Filmen in der „ernst Lubitsch-Edition“. Wie erwähnt, filmische Details und editorische Notizen finden sich im Booklet.

„Als ich tot war“ (1918)

Die Slapstick-Komödie „Als ich tot war“ ist eines der frühesten noch erhaltenen Werke von Ernst Lubitsch. Darin geht es um einen Mann, der seinen Tod vortäuscht, als ihn die Ehefrau vor die Wahl stellt: Heimisches Eheglück oder Schachclub. Ernst entscheidet sich gegen das Häusliche, doch es wird ihn bald einsam und er kehrt verkleidet als Diener in den eigenen Haushalt zurück.

Die vormals garstige Schwiegermutter, bemerkt den Schwindel ebensowenig wie Ernsts „Witwe“. Beide sind angetan von dem neuen Bediensteten. Doch als nach einem neuen Bräutigam Ausschau gehalten wird, wird es Ernst zu bunt.

„Als ich tot war“ ist keine hohe Filmkunst, sondern ein flottes, mit 37 Minuten kurzes Unterhaltungsstück, dass den Geschmack der Zeit trifft und noch immer von der Attraktion lebt, dass die Bilder sich bewegen. Die Charaktere sind komödiantisch plakativ und erstaunlicherweise spielt sich Ernst Lubitsch selbst, beziehungsweise nennt seinen Filmcharakter auch so. „Als ich tot war“ wurde bereits 1995 restauriert und 2012 digitalisiert. Die Filmmusik stammt von Aljoscha Zimmerman und wurde 2012 mit Violine und Klavier eingespielt

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

„Ich möchte kein Man sein“ (1919)

Die junge, lebenslustige Ossi (Ossi Oswalda) wächst bei ihrem Onkel auf. Der beschließt eines Tages die junge Frau zu verheiraten. Dazu wird ein Hauslehrer engagiert, der der burschikosen, feierfreudigen Ossi Manieren beibringen soll. Doch Ossi lässt sich einen Anzug schneidern und besucht inkognito ein Tanzlokal. Dort freundet sei sich ausgerechnet mit dem Hauslehrer an.

Das Spiel mit den Geschlechtern hat die Bühnen und Filme schon immer fasziniert und es ist auch heute noch eine Freude wie sehr die lebenslustige Ossi ihre „Hosenrolle“ ausfüllt. Regisseur und Drehbuchautor Lubitsch setzt dabei auf den natürlichen Charme seiner Heldin und auf einige Verwicklungen, die schon von gewissen frivolen Andeutungen und Rauschzuständen geprägt sind.

„Ich möchte kein Mann sein“ ist durchaus populäre Unterhaltung, auch und gerade weil es bei den wohlhabenden Herrschaften spielt. Die junge Frau zeigt beinahe modernes Selbstbewusstsein und das Publikum bekommt einen ersten Eindruck von der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Lubitsch und Oswalda, die zusammen acht Filme drehten. Die Musik stammt von Neil Brand aus dem Jahr 2005 und die Digitalisierung wurde 2012 vorgenommen.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

„Carmen“

Die Geschichte der Femme Fatal aus der Arbeiterschicht gehört wohl zu den bekanntesten und häufig bearbeiteten der Welt. George Bizets weltbekannte Oper „Carmen“ wurde 1875 uraufgeführt. Das Libretto, wenn man so will das Drehbuch, basiert auf einem 1845 erschienenen Roman. Ernst Lubitschs 1918 erschienenes Drama mit einer schillernden Pola Negri in der Titelrolle gilt als eine der frühesten Verfilmungen der Oper.

Bei einem Aufstand verliebt sich der Dragoner José in eine Fabrikarbeiterin, Carmen (Pola Negri). Er lässt sie fliehen. Der Soldat verfällt der Frau, die eigentlich mit einem Schmuggler verbandelt ist. Jose schließt sich den Räubern an.

In dem spielfilmlangen Kostümdrama werden ausführlich die eingangs erwähnten Tonungen verwendet, um unterschiedliche Stimmungen, Orte und Tageszeiten zu untermalen. Daneben zeigt sich hier erstmalig Lubitschs Hang und Talent zu so genannten Massenszenen. Schwungvoll und voller Dynamik wissen die Szenen, in denen viele Komparsen das Bild bevölkern, auch heute noch zu beeindrucken. Das ist kunstvoll komponiert und hat auch zum aufsteigendem Ruhm des Filmmachers beigetragen.

Der Star der Veranstaltung ist jedoch die Hauptdarstellerin Pola Negri. Für die in Russisch-Polen geborenen Schauspielerin war diese Rolle der große Durchbruch. Und sie macht den Film, der durchaus seine Längen hat, weil sich die Figuren so behäbig entwickeln, noch heute sehenswert.

Die Restaurierung wurde 2018 durchgeführt. 2021 entstand die neue Filmmusik von Tobias Schwenke die von dem Ensemble Kontraste mit einer eher jazzigen Besetzung eingespielt wurde. An die Oper erinnert musikalisch wenig, gleichwohl ist die Filmmusik atmosphärisch und vielschichtig.

Zur Restaurierung von „Carmen“ ist auch ein kurzes „Making of“ enthalten. Ein netter Blick hinter die Kulissen. Wenngleich bei anderen restaurierten Stummfilmen mehr Information zutage tritt. Mustergültig bleibt da allerdings die Dokumentation über die Aufarbeitung von Fritz Langs „Metropolis“.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

„Die Austernprinzessin“ (1919)

In dem 1919 entstandenen Komödienhit geht es turbulent zu. Erneut beweist Ossi Oswalda ihr großes humoristisches Talent. Eine Stunde lang reihen die Autoren Lubitsch und Hanns Kräly eine Verwechslung an die nächste Verwirrung. Eine komödiantische Achterbahnfahrt, die schon ein beachtliches Tempo vorlegt. Allein die Prämisse der Handlung legt nahe, dass es seinerzeit bereits schwer war interessante Hauptrollen für Frauen zu etablieren. Mals wieder geht es ums Heiraten.

Die Tochter eines reichen amerikanischen Geschäftsmannes will unbedingt einen Adeligen heiraten. Der verarmte Prinz Nucki (Harry Liedke) hält von dem Angebot nicht viel und schickt seinen Diener hin. Der Heiratswilligen ist‘s egal und es kann auch nicht schnell genug gehen. immer wieder hat das Publikum auch hier die Gelegenheit Impressionen des damaligen Berlins zu erhaschen.

Doch schon während der privaten Feier der heimlichen Hochzeit kommt es zu Verwirrungen. Am Ende sind sich der (arme) Prinz und die (Austern-)Prinzessin dann doch sympathisch. „Die Austernprinzessin“ legt vielleicht das höchste Tempo in dieser Zusammenstellung vor und gefällt auch heute noch mit seiner Achterbahnfahrt an Emotionen und Situationen. Erneut eine Paraderolle für Ossi Oswalda, deren Charme und Charisma erstaunlich modern wirken. Die Musik stammt erneut von Aljoscha Zimmermann, wurde aber bereits 2006 eingespielt. Die Digitalisierung erfolgte 2012.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

„Madame Dubarry“ (1919)

Im 18. Jahrhundert steigt die attraktive Modenäherin Jeanne (Pola Negri) als Konkubine, also Gelibte, die sich aushalten lässt, in der Gesellschaft auf. Als Geliebte des Grafen Dubarry schickt dieser sie später an den Königshof, als der Graf mit der Hübschen seinen Wohlstand verprasst hat. Ludwig XV. erwählt die Bittstellerin zur Mätresse und sie wird zur mächtigsten Frau Frankreichs.

„Madame Dubarry“ ist mit 110 Minuten der zweitlängste Film der Edition. Das Historiendrama zementiert den Ruf von Regisseur und Hauptdarstellerin. Mit der aufwändigen und teuren Filmproduktion gehen erneut opulente Massenszenen einher und Lubitschs Ruhm erstreckt sich nun auch ins Ausland. Während die einheimische Journaille den Film feiert, ist die französische Kritik eher angefressen, das kurz nach dem Weltkrieg, ein deutscher Film französische Geschichte erzählt. Freilich könnte man auch sagen ein ambitionierter Filmmacher hat einfach eine packende historische Begebenheit inszeniert.

Eine eindrucksvolle, opulente Filmmusik wurde von Carsten-Stephan Graf von Bothmer 2007 vorgelegt. Eingespielt von Staatsorchester Braunschweig. Die Restaurierung wurde bereits 2001 vorgenommen, eine digitale Bearbeitung 2013.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Die Puppe (1919)

Die 66 Minuten langen Farce „Die Puppe“ basiert auf einer Erzählung von E.T.A. Hoffmann. Ein schüchterner Mann soll heiraten und flieht daraufhin ins Kloster. Doch dem Kloster gehen die Finanzmittel aus. Als die Mönche von der hohen Mitgift des Onkels hören überreden sie den jungen Mann, zum Schein eine Puppe zu heiraten. Der beauftragte Puppenmacher modelliert die Puppe nach seiner Tochter Ossi (Ossi Oswalda). Doch vor der Trauung zerstört ein Missgeschick die Puppe und Tochter Ossi muss einspringen.

Nun denn, wieder eine Paraderolle für Ossi Oswalda, eine große Pantomime und ein augenblicklicher Publikumshit. Was die moral-schwere Kritik aufs Parkett brachte. Doch der Screwball-Anteil ist hoch und über weite Strecken geht es turbulent zu.

Mir persönlich hat „Die Puppe“ aus zwei Gründen weniger gut gefallen. Die Szenen des Klosterlebens sind ermüdend plump und die moderne musikalische Untermalung hat sich entschieden eher Geräuschkulisse als Filmmusik zu sein. Das erinnert an Tom Waits zu seinen „Bone Machine“ Zeiten, wirkt aber zu präsent als begleitende Filmmusik.

Bei der Musik handelt es sich um „Der Puppenkavalier“ von Martin Smolka. Einer Auftragskomposition für das Ensemble Kontraste, die 2010 eingespielt wurde. Die digitale Bearbeitung des Films erfolgte 2013.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

„Sumrun“ (2020)

Mit „Sumrun“ erschließt sich Filmmacher Ernst Lubitsch den historischen Orient. Die Haremsdame Sumrun ist die Favoritin des Scheichs, doch auch dessen Sohn begehrt die Konkubine. Die wiederum ist in einen Stoffhändler verliebt, fürchtet aber den Ärger des Scheichs. Eines Tages wird die Situation aufgeheizt durch das Eintreffen einer Gauklertruppe. Deren verführerische Tänzerin (Pola Negri) verdreht allen den Kopf, was wiederum zu eifersüchtigen Intrigen führt.

„1001 Nacht“ im Berliner Filmzirkus. Die Rolle der Femme fatale scheint Pola Negri auf den Leib geschneidert. Das mag Fluch und Segen zugleich gewesen sein. Auf jeden Fall sorgte es für Kinoerfolge. Aus heutiger Sicht wirkt das Haremsabenteuer ein wenig arg klischeehaft, doch diese Kritik lässt sich für einige frühe und spätere westliche Orientabenteuer anbringen.

Die Musik wurde 2000 von Javier Pérez de Azpeitia komponiert. Laut Wikipedia-Eintrag ist die originale Komposition zu „Sumrun“ wieder aufgetaucht und wurde bereits eingespielt. Der Film wurde 1999 rekonstruiert und restauriert, die digitale Bearbeitung erfolgte 2014.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

„Anna Boleyn“ (1920)

Die junge adelige Anna Boleryn (Henny Porten) ist die Nichte des Herzogs von Norfolk. Sie wird zur Hofdame am Hofe Heinrich des Achten berufen. Dort wird der König auf die attraktive Frau aufmerksam. Als es ihm nicht gelingt mit der aus Spanien stammenden Königin einen Thronfolger zu zeugen, will Heinrich Anna heiraten. Das führt zu widerstand der Kirche und erheblichen politischen Verwerfungen im Europa.

Spätestens seit den jüngeren Serienerfolgen um die „Tudors“ und einigen modernen Verfilmungen der Thematik ist das umtriebige Liebesleben Heinrich des Achten – und damit auch der Name Ann Boleyn – einem breiten Fernsehpublikum bekannt.

Mit 119 Minuten ist „Anna Boleyn“ der längste Film dieser Edition und auch der deutschen Schaffensphase Ernst Lubitschs. Viele große Filmstars wie Emil Jannings und Henry Porten sind in der aufwändigen Produktion zu sehen. Lubitsch hat nicht an Aufwand und Komparserie gespart und das Ergebnis ist in Hinsicht auf die „Massenszenen“ beeindruckend. Das hat freilich seinen Preis und mit damaligen acht Millionen Mark war die Produktion außergewöhnlich kostspielig.

Der Kassenerfolg „Anna Boleyn“ wurde 2001 restauriert und 2014 digital bearbeitet. Die Musik stammt einmal mehr aus der Feder von Javier Pérez de Azpeitia.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

„Die Bergkatze“ (1921)

Der Hauptmann einer Bergfestung bangt um die Unschuld seiner Tochter als eine energischer und attraktiver Leutant dort stationiert wird. Doch der Leutnant steht erst einmal in Unterhosen da, als ihn die Räubertochter Rischka (Pola Negir) überfällt und ihm die Uniform klaut. Dass schreit förmlich nach Vergeltung und Hagd auf die Räuber. Der Leutnant hat sich indes in die Hauptmannstochter verliebt und ihr die Ehe versprochen. Sehr zum Ärger von Rischka, die sich ihrerseits in den schmucken Soldaten verguckt hat.

Die turbulente romantische Groteske in vier Akten mit Pola Negri als Räubertochter hat ihre Momente und ist grundsätzlich sehenswert. Es mag der Sättigung des Rezensenten geschuldet sein, dass der abschließende Film der Edition nicht mehr denselben Elan befeuert. „Die Bergkatze“ wurde 2000 restauriert und die Musik wurde im selben Jahr von Marco Dalpane neu komponiert und vom Ensemble Playground eingespielt. Die Digitalisierung erfolgte 2014.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Die Traumfabrik ruft

Mit „Die Bergkatze“ ist die deutsche Schaffensphase von Ernst Lubitsch beinahe beendet. Im darauffolgenden Jahr produzierte man noch das hochgelobte und sehr erfolgreiche Historienstück „Das Weib des Pharao“ und die Theaterverfilmung „Die Flamme“. Anschließend folgte der Filmmacher dem Lockruf Hollywoods lange bevor seine jüdische Herkunft für ihn in Deutschland zum Problem geworden wäre.

Slapstick, Drama, charismatische Frauen und opulente Massenszenen finden sich auch in Lubitschs Frühwerk. Das macht schon viel Freude und es gibt viel zu entdecken. Die Ernst Lubitsch Edition ist vor allem aus filmhistorischer Sicht herausragend, stellt sie doch ein deutsches Filmerbe dar, das von internationaler Bedeutung ist. Wer sich erst einmal in die damaligen Filmwelten eingesehen hat, entdeckt ein oftmals überraschend modernes Frühwerk, mit viel Witz und Pfiff, Sinn für Details und großartigen Darsteller.innen. Eine lohnenswerte Edition, deren Aufmachung überzeugt.

Wertung-Edition: 9 out of 10 stars (9 / 10)

Ernst Lubitsch Edition
Filme: Als ich tot war, Ich möchte kein Mann sein, Die Austernprinzessin, Carmen, Madame Dubarry, Die Puppe, Sumrun, Anna Boleyn, Die Bergkatze
Genre: Stummfilm, Drama, Komödie
Länge: 705 Minuten (9 Filme), D, 1916 – 1922,
Regie: Ernst Lubitsch
Darsteller:innen: Ossi Oswalda, Viktor Janson, Emil Jannings, Pola Negri,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: One Gate
DVD-VÖ: 24.11.2022

Weiterführende Links

Ernst Lubitsch bei Wikipedia

Friedrich Wilhelm Murnau stiftung

Ernst Lubitsch übersicht bei Filmportal