Max Beckmann lebte von 1884 bis 1950 und gilt als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Der deutsche Filmmacher Michael Trabitsch widmet sich in dem 2013 erschienenen Dokumentarfilm „Max Beckmann – Departure“ vor allem den bedeutenden Triptichen des Malers. Namhafte Experten erläutern die Bilder, die der Film vor die Kamera holen. Ein Genuss für Kunstfreunde.
Formal ist Tramitschs Film alles andere als spektakulär. Die digital gefilmte Doku fokussiert sich ganz auf den Inhalt. Das Publikum erhält so Basiswissen und Eckdaten zu einem der bedeutendsten modernen deutschen Künstler überhaupt. Das Interessantere aber ist die eingehende Auseinandersetzung mit den Werken. Diese werden ausführlich und mit ruhiger Hand in Szene gesetzt. Die Experten steuern nicht nur das Hintergrundwissen bei, sondern sind als Bildbeschreibende und –deutende aktiv und informativ Teil des Films.
Regisseur Michael Trabitsch hat renommierte Beckmann-Experten vor die Kamera geholt, wie Didier Ottinger, Reinhard Spieler, Uwe M. Schneede und Richard Feigen. Die Interviewsequenzen über Beckmann und dessen wichtigste Werke wechseln mit Bildbetrachtungen. Die Bildinterpretationen der vorgestellten Werke, werden mit detailgenauer Kameraschau begleitet. Darin ist die Beckmann-Doku jener über Hieronymus Bosch ähnlich, die 2016 in die Kinos kam. Ansonsten sind die Interviews unterlegt und ergänzt von zeitgenössischen Filmaufnahmen.
Von Beckmann selbst gibt es nur wenig Filmmaterial. Für eine weitere Informationsspur sorgt der Off-Kommentar von Sprecher Roland Hemmo, der aus den Tagebüchern und Notizen Beckmanns zitiert. Als Bonusmaterial finden sich auf der DVD noch weitere Experteninterviews, die im Film nur in kurzen Auszügen oder auch gar keine Verwendung fanden.
Warum ist Max Bechmann so bedeutend?
1905 erschafft der junge Max Beckmann sein erstes Gemälde „Junge Männer am Meer“. In der deutschen Kunstwelt machte dies umgehend Eindruck. Der Künstler bekommt daraufhin ein Stipendium. Immer wieder ist sich Beckmann selbst Modell genug und die zahlreichen Selbstbildnisse zeigen seinen Werdegang und seine Entwicklung, ebenso wie sie den Zeitgeist und die Geschehnisse verarbeiten. die prägenden und traumatisierenden Erlebnisse als Sanitäters während des Ersten Weltkriegs lassen Beckmann eine völlig neue Billsprache finden.
Der Künstler Max Beckmann ist rastlos, zieht häufig um und schafft sich dabei seine eigene Szene. Von Berlin über Frankfurt, Paris und Amsterdam, wo er während der Nazijahre lebt, in die USA. Dort ist er zunächst in St. Louis ansässig, später als Dozent in New York.
In Paris 1932 beginnt er erstmals die Arbeit an einem dreiteiligen Werk, einem Tryptichon. Diese Ausdrucksform, die bereits wegen der Aufteilung an christliche Altarbilder erinnert, ist als Werkfolge und Schwerpunkt von Beckmanns Schaffen in der Kunstgeschichte des Jahrhunderts einzigartig. Departure von 1932/33 markiert hier nur den Punkt des Aufbruchs (engl.: Departure). Beckmanns zehn Tryptichen gehören zu den bedeutendsten Gemälden des 20. Jahrhunderts.
Kamerafahrten über Leinwand
Gelegentlich schießen die Experten und der Film vielleicht übers Ziel hinaus. Vor allem was das Deskriptive angeht, das der Zuschauer schließlich selbst vor Augen hat. Die musikalische Untermalung, die wohl einer Kontemplation zu Gute kommen soll, wirkt bisweilen auch etwas störend, aber im Großen und Ganzen, war diese filmische Werkschau über Max Beckmann längst überfällig. Spannend sind auch immer wieder die Selbsteinschätzungen des Künstlers, wie sie seinen Notizen entnommen sind und die deutlich machen, dass Beckmann sich seiner Kunst und seiner Berufung sehr wohl bewusst war und mit dem festen Ziel, etwas bedeutendes zu schaffen, an die Sache heranging. Es ist ihm wohl gelungen.
Selten hat man als Kunstfreund die Gelegenheit diese Meisterwerke in solcher Fülle und Detailgenauigkeit zu betrachten. Hier hat der Film als Medium deutlich bessere Möglichkeiten als das Buch oder die analoge Reproduktion. Kunstinteressierte kommen an dieser Dokumentation über Max Beckmann nicht vorbei. Vor allem die Betrachtung der Tryptichen ist ein optischer Genuss, der so manchen Gang ins Museum erspart.
Film-Wertung: (7 / 10)
Max Beckmann – Departure
OT: Max Beckmann – Departure
Genre: Doku, Biografie, Kunst
Länge: 93 Minuten, D, 2013
Regie: Michael Trabitsch
Mitwirkende: Didier Ottinger, Reinhard Spieler, Uwe M. Schneede, Richard Feigen
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Piffl Medien, Good Movies
Kinostart: 06.06.2013
DVD- & BD-VÖ: 15.11.2013