Kanadas Küsten: Entdecker, Einwanderer und Seeleute

Für viele Menschen ist Kanada mit seiner Weite und zum Teil unberührten Natur ein Sehnsuchtsland. Und auch in früheren Jahrhunderten träumten Menschen von einem Neuanfang in Übersee und wanderten aus. Unter dem Titel „Kanadas Küsten“ hat Studio Hamburg Entertainment nur drei Episoden der Doku-Reihe „Länder – Menschen – Abenteuer“ vereint und auf DVD und Blu-ray für das klassische Home-Entertainment veröffentlicht.

In drei dokumentarischen Etappen von jeweils 45 Minuten Dauer erforschen die Macher der Dokumentarreihe „Länder Menschen Abenteuer“ die kanadische Atlantikküste. Dabei geht es in zwei Episoden um die Einflüsse deutscher Einwanderer in früheren Jahrhunderten: „Lunenburg in Nova Scotia“ und „New Brunswick und die Bay of Fundy“ erforschen die atemberaubende Küstenlandschaft und das, was noch übrig ist vom traditionellen Küstenleben früherer Zeiten. In „Neues aus Neufundland“ geht es auf eine Erkundungsreise um die Halbinsel.

Die Dokumentarserie „Länder, Menschen, Abenteuer“ wurde 1975 von den ARD-Sendeanstalten NDR, SWR und WDR ins Leben gerufen. Seither werden jedes Jahr etwa ein Dutzend Episoden produziert und ausgestrahlt. Die Episode über Lunenburg wurde 2017 produziert, das Porträt der Bay of Fundy im Jahr 2020 und die Rundreise über Neufundland entstand 2021. Das Sendeformat zeigt jeweils landeskundliche Informationen, geht auf die Menschen und Besonderheiten der Region ein, vornehmlich im naturverbundenen Sektor und präsentiert auch die Naturschönheiten der Gegend.

Vor allem die Landschaftsaufnahmen sind von zeitloser Qualität und der NDR ist bekannt dafür, dass seine Dokumentarproduktionen Weltruf genießen. Die Natur- und Kultur-Schönheiten der jeweiligen Region werden aus dem Off-Kommentiert und mit persönlichen Geschichten der Einwohner des Gebietes angereichert, so dass die Zuschauer:innen einen guten aber auch etwas idyllisierten Überblick über die Region erhalten.

Es wirkt immer auch ein bisschen so, als wäre man selbst auf Rundreise durch die Zielregion. So faszinierend die Landschaften, die Natur und auch die Menschen auch sind, so stellt sich doch die Frage nach der Zielgruppe. Denn viele Serieneinhalte der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sind oft lange im Programmschema zu finden. Das Informations- und Unterhaltungsniveau der Episoden ist überraschend ausgewogen und gleichbleiben.

„Lunenburg und Nova Scotia“ erzählt von der Stadtgründung durch deutsche Einwanderer im Jahr 1753 und davon, dass hier früher eine starke Schiffbau-Tradition angesiedelt war. Heute freilich bauen nur noch einzelne kleine Werften Holzschiffe auf die Traditionelle Art und Weise. Doch das Meer bestimmt auch die Freizeit der Lunenburger. Egal, ob es die jährliche Ruderregatta in traditionellen Booten ist, oder die vielen Touristenbesuche, die in den milderen Monaten aus der beschaulichen 2000 Einwohner Stadt ein umtriebiges und vielbesuchtes UNESCO-weltkulturerbe machen.

Die Doku zeigt die Schönheiten der Halbinsel „Nova Scotia“, die noch so nah an der USA liegt, dass eine südliche Insel mit dem Auto nur erreichbar ist, wenn die Bewohner durch die USA fahren. Das erschwert bespielweise Einkäufe ganz erheblich, da viele Lebensmittel nicht durch die USA geschleust werden dürfen. Aber Nova Scotia ist auch für seine Agrarproduktion bekannt. Das milde maritime Klima macht Kohlanbau möglich und rentabel und aufgrund der deutschen Tradition wird hier Sauerkraut hergestellt und ist nicht nur bei den Einwohnern beliebt. Seit makrobiotische Ernährung im Trend liegt, kommt dem vergorenen Kohl auch in Übersee eine große Beachtung zu.

Die „Bay of Fundy“ ist ebenfalls von deutschen Einwanderern geprägt. Nicht umsonst wurde eine der bedeutendsten Siedlungen Neu-Braunschweig („New Brunswick“) benannt. Die eigene Provinz ist die einzige in Kanada, die offiziell zweisprachig ist, und die Gegend ist geprägt von extremem Tidenhub.

In der Bay of Fundy, die als eines der sieben Naturwunder Nordamerikas gilt, herrscht der extremste Tidenhub der welt. Im Normalfall liegt zwischen Ebbe und Flut ein Höhenunterschied von etwa 13 Metern. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Schifffahrt, sondern auch auf das Klima.

Die Doku begleitet Fischer die mit traditionellen stationären Fischwehren fischen, aus der Schweiz eingewanderte Winzer und die Gewinnung von Ahornsirup, einer kanadischen Spezialität. Doch auch Eingenwilligkeiten wie die Regatta in Riesenkürbissen und der Wettlauf auf dem Meeresboden zeigen, dass in „New Brunswick ein eigenwilliges, bisweilen verschrobenes Völkchen lebt.

Abschließend wird in „Neues aus Neufundland“ vor allen gezeigt, wie unwirsch die Landschaft ist, wie wenig Menschen hier auf der Insel leben und welche Entbehrungen hier den Alltag prägen. Einige haben aus der Not eine Tugend gemacht und sich beispielsweise der alten (nicht nur) neufundländische Tradition des Sammelns von essbaren Naturalien verschreiben. Die Wildfrüchte, Pilze, Kräuter und Beeren sind bei Restaurants beliebt.

Andere Orte wie etwa das Städtchen Francois sind nur mit der Fähre zu erreichen und die Einwohner sind darauf angewiesen, dass die täglich fahrende Fähre ihren Dienst auch versehen kann. Just während des Drehs etwas hielt das Wetter die Fähre tagelang im Hafen gefangen und die Transportverbindung zur Außenwelt war lahmgelegt. Wie es sich in solch einer Abgeschiedenheit lebt, zeigen die Bewohner von Francois täglich, denn hier hat jeder auch eine Aufgabe für die Gemeinschaft.

Schließlich geht es noch zu den Spuren frühester Besiedelung wenn die Doku bei der berühmten Wikingersiedlung auf Neufundland halt macht, die erst in den 19870er Jahren entdeckt wurde und zeigt, dass bereits 500 Jahre vor Columbus, Europäer die neue Welt betreten haben. Eine letzte Natur-Besonderheit Neufundlands, ein Phänomen, dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer weiter zugenommen hat, ist das vorbeiziehen von Eisbergen im Atlantikstrom. Die Abspaltungen von Grönlandletschern werden auch wirtschaftlich genutzt, ihr Eis wird teilweise geerntet und wegen seiner Reinheit in der Destillation verwendet. Andererseits sind die vorbeiziehenden Gletscher auch ein weiterer Hinweis auf eine zunehmende Erderwärmung.

So bieten die drei Episoden über „Kanadas Küsten“ einen lebendigen und informativen Einblick in eine Region, die geprägt ist vom Zusammenspiel von Erde und Wasser. Sicherlich hat Kanada auch auf der Pazifikseite noch Küsten zu bieten, aber darum mögen sich zukünftige Dokus kümmern. Zu der Atlantikküste, an der auch die Europäer zuerst landen, können Zuschauer:innen schnell eine Verbindung aufbauen.

Die drei filmischen Rundreisen entlang der kanadischen Atlantikküste in „Kanadas Küsten“ sind ebenso informativ wie sehenswert gefilmt. Dass es in dem Serienformat „Länder, Menschen, Abenteuer“ auch nachbarschaftlich zugeht, gehört zu den Qualitäten der Serie. Wer einen Urlaub oder eine Verlagerung des Lebensschwerpunktes nach Kanada plant, kann hier erste Eindrücke gewinnen, oder einfach dem Fernweh nachgeben.

Serien-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Kanadas Küsten
OT: Kanadas deutsche Küste – Lunenburg in Nova Scotia (2017), Kanadas deutsche Küste – New Brunswick und die Fundy Bay (2020), Neues aus Neufundland – Kanadas überraschende Atlantikküste (2021), NDR
Länge: 135 Minuten (3 x 45), D, 2022
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Studio Hamburg Entertainment,
DVD & BD-VÖ: 28.01.2022

Länder Menschen Abenteuer beim NDR