Im Kern ist „Crank 2 – High Voltage“ die Geschichte eines Typen, der im wahrsten Sinne seinem Herzen folgt. Er zieht los und versucht, sein Herz zu finden. Macht das nicht im Grunde genommen jeder von uns?“ fragt sich Co-Regisseur Neveldine. Nein, macht nicht jeder!
Schon gar nicht in der hypernervösen Manier der Hauptfigur. Chev Chelios (Jason Statham) hat im Vorgänger „Crank“ (2006) einen so nachhaltigen Eindruck beim Publikum und den Triaden hinterlassen, dass man sogar seine Einzelteile wiederverwerten kann, ja muss. Das Regisseurs-Duo Mark Neveldine und Brian Taylor hatten offensichtlich keine Schwierigkeiten Chev für eine Fortsetzung zu reanimieren. In allerbester „Halloween“ -Manier macht „Crank 2 : High Voltage“ genau da weiter, wo Teil eins aufhörte: Mit dem Sturz aus dem Helikopter.
Ein mobiles Aufräumkommando verfrachtet Chelios in ein schäbiges Hinterzimmer, wo ein zwielichtiges Ärzteteam ihm das Herz herausnimmt und durch ein batteriebetriebenes künstliches ersetzt. So nämlich soll Chelios als lebendes Ersatzteillager für den uralten Triadenboss Poon Dong (David Carradine) dienen, der das Herz schon jetzt braucht.
Klar, dass der Unkaputtbare seine eigene Pumpe zurück will und sich auf den Weg macht. In souveräner Chelios Art räumt Jason Statham dabei alles und jeden aus dem Weg, um sein Ziel zu erreichen. Der Kleinganove Johnny Vang (Art Hsu) rennt mit Chelios Herz durch die Stadt und eine wahnwitzige Hochgeschwindigkeitsjagd beginnt, die etlichen Zerstörungs- und Gewaltorgien nach sich zieht.
Dabei geht es alles andere als moralisch oder politisch korrekt zu. Aber das genau erwartet das Zielpublikum. Im Grunde funktioniert „Crank 2: High Voltage“ wie ein Ballerspiel: Eine grob umrissene Rahmenhandlung, die jedoch nicht von dem Wesentlichen, der Action, ablenken soll.
So etwas funktioniert naturgemäß am besten, wenn auch noch Zeitdruck dazu kommt. Das wussten die Macher schon in „Crank“ und so dauert es auch in „Crank 2“ nicht lange, bis die Hi-Tec-Batterie des Kunstherzes seinen Geist aufgibt und Chev Chelios nur noch eine Stunde bleibt, bis er (unwiederbringlich?) sterben muss. Doch Doc Miles (Dwight Yoakam) weiß auch da Rat, schließlich ist der Arzt nicht wegen Inkompetenz seine Zulassung losgeworden. Also braucht es gelegentlich kleine Ladepausen, die auch das Auge entspannen, bevor die Hochgeschwindigkeitswalze weiterrollt.
Die Regisseure haben das Drehbuch diesmal auf Jason Statham („Transporter“) zugeschnitten und der hat sichtlich Spaß an der abgedrehten Rolle. Wie auch nicht, ist er doch derjenige, austeilt. Nach Aussagen der Produzenten waren alle Beteiligten schnell für das Projekt gewonnen und hatten bei den Dreharbeiten viel Vergnügen, und genau das transportiert „Crank 2“ auch.
Musikalisch untermalt wird das Ganze durch den kongenialen Soundtrack von Mike Patton, seines Zeichens ehemaliger Faith No More Sänger und Insidern als experimentierfreudiger Lärmliebhaber bekannt. In wunderbarer John Zorn/ Naked City Art schnipselt er diverse Mini-Soundscapes unter die Leinwand-Action. Das passt wie die Faust aufs Auge.
Erstaunlich und sehenswert ist an „Crank 2“ wie auch dem Vorgänger weder die Brutalität noch der Chauvinismus, sondern die Konsequenz mit der beides so auf die Spitze getrieben wird, dass es einfach nur lustig ist. Je kaputter und abseitiger, desto besser – hauptsache schnell. Und das Konzept geht auf, auch dank der Unmengen an Cameo-Auftritten diverser Celebrities und so absurder Drehbuchideen wie „Ganzkörper-Tourette-Syndrom “ oder ein Streik der Pornodarsteller. Erstaunlich ist auch der spielverliebte Hang zum Detail, das zwar beim ersten Sehen gelegentlich dem Tempo zum Opfer fällt, den Film aber letztlich aufwertet, da er noch lange kleine Überraschungen bereit hält.
Habe ich schon erwähnt, dass man „Crank 2: High Voltage“ nicht ernst nehmen sollte? Der Humor ist definitiv nicht für jederman goutierbar. Wer mit kritischem Anspruch in das Lichtspielhaus seines Vertrauens geht, sollte lieber gleich draußen bleiben, oder die Vernunft an der Garderobe abgeben. Einfach zurücklehnen und genießen, dann entfaltet die Leinwandorgie ihre volle Wirkung.
Getreu dem Motto „good friendly violent fun“ der Thrash-Metal Urgesteine Exodus fräst sich auch Jason Statham als Chev Chelios seinen Weg durch die Straßen von Los Angeles und hinterlässt eine Schneise der Verwüstung. „Crank 2: High Voltage“ überzeugt den Action-Fan gerade weil der Film so dermaßen Testosteron-verseucht und absolut frei von jeglichen Korrektheiten einem überzogenen Machismo frönt. Daumen rauf.
Film-Wertung: (8 / 10)
Crank 2: High Voltage
OT: Crank: High Voltage
Genre: Action, Thriller
Länge: 83 bzw. 89 Minuten, USA, 2008
Regie: Mark Neveldine, Brian Taylor
Darsteller: Jason Statham, David Carradine, Dwight Yoakam, Amy Stewart,
FSK: Kinofassung ab 16 und Extended Version ohne Jugendfreigabe
Vertrieb: Leonine (ehemals Universum)
Kinostart: 16.04.2009
DVD- & BD-VÖ: 09.09.2009