Wer behauptet, dass man im hohen Alter keine Lebensfreude mehr versprühen kann, kennt den „Young@Heart” Chor nicht. Die singende Rentnertruppe hat es voll drauf und verzückt ihr Publikum weltweit mit souveränen Versionen populärer und zeitgenössischer Pop und Rockmusik. 2008 kam diese bewegende und Mut machende Doku in die Kinos.
In den 1980er Jahren startete Chorleiter Bob Cilman in Northampton, Massachusetts die Arbeit mit einem Seniorenchor, der bis heute existiert (auch 12 Jahr nach der Doku noch). Das besondere an der Gesangstruppe ist nicht nur ihr hohes Alter, sondern auch das etwas andere Repertoire. Statt sich in klassischen Chorgefilden zu tummeln, konfrontiert Cilman seine Sängerinnen und Sänger immer wieder mit moderner Pop- und Rockmusik.
Die meisten der Chormitglieder haben mit der modernen Musik privat nichts am Hut und die erste Reaktion auf neue Stücke ist häufig Ablehnung. Doch Cilman hat Stücke ausgesucht, die textlich auf seinen Chor zugeschnitten sind und die Originalaussage der Songs in völlig neuem Licht erscheinen lassen. Der Name des Chors beruht übrigens auf einem englischen Wortspiel, da sich das @-zeichen ebenso ausspricht wie die Präposition at. Die Sängerinen sind also im Herzen jung geblieben – young at heart.
Aus Punkperlen wie „Should i Stay or Should I Go“ (The Clash), in dem es eigentlich um eine Liebesbeziehung geht, oder “I Wanna Be Sedated“ (Ramones), das eine gelangweilte Jugend beschreibt, werden existentielle Fragen, wenn die Sänger deutlich über 70 Jahre alt sind. Weitere Songs, die im Film gesungen werden, sind „Every Breath You Take“ (The Police), „Forever Young“ (Bob Dylan), „Purple Haze” (Jimi Hendrix) und “Staying Alive“ (Bee Gees).
Der britische Regisseur Stephen Walker, der schon zuvor beachtete Dokumentationen gedreht hat, lernte den Chor während dessen Europatour kennen. Der Film betrachtet den „Young @ Heart“ Chor in der siebenwöchigen Vorbereitungsphase zu einer neuen Amerika-Tour. Walker ist bei den Chorproben anwesend und besucht die einzelnen Chormitglieder privat. So entsteht ein Einblick in den Alltag älterer Menschen, mit all ihren Problemen und Freuden. Viele der Chormitglieder sind gesundheitlich angeschlagen, lassen sich davon aber nicht unterkriegen. Das Singen im Chor gibt ihnen Kraft und Lebensmut und ist trotz der Strapazen eine liebgewonnene Abwechslung.
Die Vorbereitungen sind schwierig, denn es gilt sieben neue Stücke zu lernen und in das Repertoire einzubauen, unter anderem „Shizoprenia“ (Sonic Youth), „I Feel Good“(James Brown), „Fix you“ (Coldplay), „Yes We Can Can“ (Pointer Sisters). Doch einigen der Chorsänger geht es gesundheitlich immer schlechter und so muss sich die Truppe auch mit dem Ableben einiger Freunde und Sänger auseinandersetzten. Dabei entwickelt das gemeinschaftliche Singen einen tröstenden Charakter.
Die deutsche Fassung synchronisiert den Off-Kommentar des Regisseurs, doch die Interview-Sequenzen werden untertitelt, um so authentisch wie möglich zu bleiben und den Chormitgliedern in ihrer ganzen Person gerecht zu werden.
„Young@Heart“ ist ein wunderbarer Film, der mit viel menschlicher Wärme die Liebe zu Musik und den Wert einer sozialen Gemeinschaft herausstellt. Scott Walker präsentiert alles andere als eine heile Welt, doch in der heiteren Gelassenheit der Senioren liegt ein hoffnungsvoller Lebensmut. Und die Oldies rocken!
Film-Wertung (8 / 10)
Young @ Heart
OT: “Young @ Heart” aka “Young at Heart“
Genre: Doku, Musikfilm,
Länge: 103 Minuten, GB/USA, 2007
Regie: Stephen Walker
Mitwirkende: Young At Heart Chorus
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Leonine (vormals Universum)
Kinostart: 02.10.2008
DVD-VÖ: 08.03.2009
BD-VÖ: 28.10.2011