Der abgehalfterte Berliner Kneipier Ludwig Licht scheint auf dem absteigenden Ast zu sein. Doch als sich alte Bekannte melden, zeigt der ehemalige Spion, was noch in ihm steckt. „West of Liberty“ ist der erste Roman der „Ludwig Licht“-Serie des schwedischen Autors Thomas Engström. Koproduziert vom ZDF hat der britische Sender ITV den Bestseller nun verfilmt. Edel:Motion bringt die Mini-Serie nun für das Home-Entertainment heraus.
Als in Marrakesch drei Amerikaner erschossen werden, wendet sich die junge Anwältin Faye Morris (Michelle Meadows) an den US-Botschafter in Berlin. Stattdessen landet sie bei dem CIA-Mitarbeiter Clive „GT“ Barner (Matthew Marsh). Der wittert mit Hilfe der jungen Frau die Chance, den untergetauchten „Hydraleaks“-Gründer Lucien Gell (Lars Eidinger) aufzuspüren. Morris ist nämlich die ausgestiegene ehemalige Anwältin dieser Internet-Plattform für Whistleblower.
Um für die Sicherheit der Anwältin zu sorgen, kontaktiert Barner einen alten Freund, Ludwig Licht. Licht ist ein ehemaliger Stasi-Spitzel, der auch schon zu DDR-Zeiten als freier Mitarbeiter für die CIA gearbeitet hat. Der Kneipier steht finanziell in der Klemme und nimmt den Auftrag an. Doch Licht hat die osteuropäischen Geldeintreiber schon an der Hacke und bald sind ihm wegen der Anwältin auch noch andere Leute auf den Fersen. Währenddessen misstraut Clive Barner nicht nur dem US-Botschafter, sondern auch seiner Vorgesetzen und wittert eine Verschwörung. Ein letztes Mal bäumt sich der Veteran des Kalten Krieges auf, um sein Land vor Verrat zu schützen.
Der Journalist und Schriftsteller Thomas Engström hat eine Weile in Berlin gelebt, wo er sich zu den „Ludwig Licht“-Thrillern inspirieren ließ. Die großteils positiven Kritiken loben vor allem die gelungenen Aktualisierung einer Spionage-Handlung und die große Spannung. In der Verfilmung bleibt davon wenig übrig. Das Drehbuch von Sarah Heldt („Mord in Mittsommer“) und Donna Sharpe („The Team“) walzt die Handlung zu sehr aus, um Spannung aufkommen zu lassen. Letztlich geht es ja nur darum, die Anwältin vor Gewalt zu bewahren und den Hydraleaks-Gründer aufzuspüren.
Wo Möhring und Eidinger, dessen Figur überdeutlich an Wikileaks-Gründer Julien Assange angelehnt ist, ganz sehenswert aufspielen, bleibt die restliche Besetzung arg blass und deren Figuren sind allesamt nahe an dem erwartbaren Klischee konstruiert. Hinzukommt auch noch eine eher blutarme deutsche Synchronfassung (gedreht wurde auf Englisch), die aber auch den trutschigen Dialogen geschuldet ist.
Zuviele Nebenhandlungen und Motive, die zunächst unerklärt bleiben, sorgen zwar dafür, das der traurige Held, Ludwig Licht, beim Zuschauer schnell Sympathien findet, aber sein amerikanischer Kumpel aus alten Tagen, Clive Barner, bleibt ein wandelndes Klischee, dass von Beginn an nur in alten Bahnen und in überkommenen Freund-Feind-Schemata denken kann. Die Ähnlichkeit mit dem Jagd nach Wikileaks Gründer Assange ist derart nahe, dass man es entweder solide journalistische Aufbereitung oder mangelhafte Dramatisierung nennen kann.
Letztlich bleibt vor allem das Timing der international gedrehten Serie hakelig und sorgt für einige Längen in der sechsteiligen Miniserie. Überraschenderweise hat das ZDF die Miniserie für seine Ausstrahlung zu zwei 100minütigen Teilen zusammengefasst, wobei vor allem Teile aus den mittleren Folgen ausgelassen wurden, und wirkt immer noch langatmig. Einer der (vernachlässigbaren) finalen Twists wurde bei der ZDF-Version ebenfalls weggelassen.
Die Thriller-Serie „West of Liberty“ strebt vergeblich nach internationalem Format. Mit der schwedischen Bestseller-Vorlage, einem abgeranzten Berlin und populären Hauptdarstellern waren die Voraussetzungen gut. Herausgekommen ist allerdings fade TV-Kost, der er an jener Thriller-Würze fehlt die das Genre häufig ausmachen – Tempo und Spannung.
Serien-Wertung (4 / 10)
West of Liberty
OT: West OF Liberty
Länge: ca 262 Minuten, UK/D, 2019
Genre: TV-Serie, Thriller, Spionage
Regie: Barbara Eder
Roman-Vorlage: “West of Liberty von Thomas Engström
Darsteller: Wotan Wilke Möhring, Michelle Meadows, Matthew Marsh, Lars Eidinger,
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Edel:Motion, ZDF Enterprises
DVD-VÖ: 06.12.2019