Im zweiten Teil meiner kleinen Betrachtung über den aktuellen deutschen Horrorfilm greift der Film erneut einen Freizeit-Trend auf. Nach Urban Exploring setzt „Lost Place auf Geocaching. Kennt ihr nicht? Macht nix. Erklär‘ ich euch! Der deutsche Mystery-Thriller „Lost Place“ ist der Regieerstling von Thorsten Klein und verfügt über ein feines, paranoides Setting und auch über eindrucksvolle Kulissen, weiß diese beiden Aspekte allerdings nur bedingt zu nutzen. „Lost Place“ ist insgesamt zu sehr im Klischee verhaftet und auch das 3D weiß nicht recht zu überzeugen.
Geocaching ist das Stichwort: Ausgestattet mit einem GPS-Gerät sind die Spieler auf der Suche nach versteckten Hinweisen, um am Ende einen Schatz zu heben. Dort haben die vorangegangenen Spieler jeweils etwas hinterlassen, das man als Trophäe mitnehmen und gegen einen eigenen Schatz austauschen kann. Daniel (Francois Goeske) ist ein absoluter Fan und schleppt seinen Kumpel Thomas (Pit Bukowski) nicht nur mit zu einer Schnitzeljagd in den Pfälzer Wald, sondern auch gleich noch zu einen Blind Date. Denn Mitspielerin Elli (Jytte-Merle Börnsen) und deren Freundin Jessica (Josefine Preuss) kennt Daniel nur durch Email-Kontakt.
Während Elli und Daniel voll in der Suche aufgehen, langweilen sich Jessica und Thomas zu Tode. Die Suche führt das Quartett in ein ehemaliges militärisches Sperrgebiet und auf einen verwaisten Campingplatz. Irgendetwas geht hier vor und der plötzlich auftauchende Unbekannte im Schutzanzug klärt Daniel auf: Früher haben die Alliierten hier während des Kalten Krieges eine H.A.R.P.-Anlage betrieben, die starke elektromagnetische Strahlung absondert und so das Gehirn von Menschen kontrollieren kann. Auf mysteriöse Weise scheint die Anlage noch in Betrieb zu sein. Und Jessica ist verschwunden.
Der Horror- und Mystery-Fan weiß, es reicht allemal für einen spannenden Thriller, eine Truppe Jugendlicher allein in den Wald zu schicken. Die Kulisse im Pfälzer Wald ist wohl gewählt und wirkt auch sehr unverbraucht. Der seit Jahrzehnten verlassene Campingplatz hat einen gruseligen, trashigen Charakter und das Innere der H.A.R.P.-Anlage ist solide Bunkerarchitektur, die mit ihren Winkeln, ihrer Beleuchtung und Unübersichtlichkeit zu gefallen weiß.
Doch die Story von Regisseur Thorsten Klein und Autorenpartnerin Lena Vurma braucht zu lange, um in die Gänge zu kommen: Die Charaktere sind allzu plakativ angelegt und der Spannungsaufbau lässt deutlich zu wünschen übrig. So verschlingt das schleppende Erzähltempo vieles von der angestrebten Grundspannung wieder. Das ist umso bedauerlicher, weil der Regisseur aus der Gegend stammt und so einen Bezug zu der Landschaft im Film hat. Das ist ein riesiges Potential, dass nicht nur beim Location Scouting interessant ist, sondern auch ein filmisches Erspüren der Landschaft möglich machen könnte. Kann ja alles noch kommen.
Das nachträglich konvertierte 3D ist allerdings nicht sonderlich gelungen und wäre absolut verzichtbar gewesen. Zudem wirkt auch die Filmmusik überladen, altbacken und ein wenig kitschig. So entfaltet man bei der anvisierten Zielgruppe keine kaum unterstützende Wirkung. Etwas mehr Mut und vor allem etwas mehr Tempo, vielleicht auch etwas mehr Trash, hätten dem deutschen Mystery-Thriller gut getan. So gruseln sich zwar die kleinen Geschwister, aber der Thrillerfan eher weniger. Für Teenies mag „Lost Place“ dennoch ein recht spannender Filmsein, nur lag das sicher nicht in der Absicht der Filmmacher.
Die Gemeinsamkeiten von „Urban Explorer“ und „Lost Place“ liegt also im Aufgreifen moderner Freizeittrends. So weit so gut, aber mehr als ein Vehikel für das filmische Setting ist der Trend in beiden Fällen nicht. aus der ausgangssituation wird in beiden Fällen nicht genugherausgekitzelt, um einen wirklich gelungenen Genrebeitrag zu kreieren.
Grundsätzlich ist es ja zu begrüßen, dass in Deutschland vermehrt Genrefilme gedreht werden, aber auch in diesem Fall überzeugt das Ergebnis nicht. Der Mystery-Thriller „Lost Place“. Kann mit internationaler Spitzenklasse nicht mithalten und bleibt ein filmisches Erlebnis, das eher dem Gruselnachwuchs zu empfehlen ist.
Film-Wertung (4,5 / 10)
Lost Place
Genre: Horror, Mystery, Thriller
Länge: 101 Minuten, D, 2013
Regisseur: Thorsten Klein
Darsteller: Francois Goeske, Josefine Preuß, Jyette-Merle Böhrnsen, Anatole Taubman, Pit Bukowski
FSK: Ab 16 Jahren
Vertrieb: Warner
Kinostart: 19.09.2013
DVD-& BD-VÖ: 28.03.2014