Demnächst, nämlich am 12. Oktober 2017, kommt mit „The Wailing – Die Besessenen“ der neue und dritte Film des koreanischen Regisseurs Na Hong-jin in die deutschen Kinos. Daran hat er immerhin sechs Jahre gearbeitet, weshalb sein vorangegangener Film „The Yellow Sea“ auch schon aus 2010 datiert. Wie so viele asiatische Filme, hatte auch das Thriller-Drama „The Yellow Sea“ seinerzeit nicht das Glück, in unseren Kinos zu laufen, und erschien als DVD-Premiere. Hier also noch eine kleine Filmempfehlung für Freunde asiatischen Kinos: Die sozialkritische Odyssee eines taiwanesischen Taxi-Fahrers, der seine Spielschulden mit einem Mord abbezahlen soll.
Ga-num (Ha Jung-Woo) ist Taxifahrer in Yanji City. Die Stadt im der nordöstlichsten Ecke Chinas, an der Grenze zu Russland und Nordkorea. Hier lebt eine Jaseonjok genannte Minderheit aus koreanischen Immigranten, die allerdings einen chinesischen Pass besitzt. Die Beziehungen zur koreanischen Heimat sind noch vorhanden und viele der Jaseonjok gehen zum Arbeiten –mehr oder weniger illegal- nach Südkorea; so auch Ga-nums Frau. Seine kleine Tochter lebt währenddessen auf dem Land bei Ga-nums Mutter. Seit Monaten hat der Taxifahrer allerdings nichts mehr von seiner Ehefrau gehört. Grund genug für seine Mutter, aus ihrer Verachtung für die Schwiegertochter, die sich vermeintlich abgeseilt hat, keinen Hehl mehr zu machen.
Düsternis wie in „Blade Runner“
Weil Ga-num beim Majong Spielschulden hat, macht ihm eines Tage der Gaunerboss Myun-Ga (Kim Yun-seok) ein Angebot: Wenn Ga-num in Korea eine Fremden für ihn umbringt und dessen Daumen bringt, wird er reichlich bezahlt und seine Spielschulden sind vergessen. Mit einem Schleuserboot macht sich der Taxifahrer mit anderen Jaseonjok auf die Überfahrt durch das Gelbe Meer nach Südkorea. Während Ga-num sein Opfer ausspioniert, geht er gleichzeitig auf die Suche nach seiner Frau. Doch als der Mord endlich passieren soll, tötet jemand anderes das Opfer. Ga-num holt sich den Daumen und will nach Hause, doch seine Kontakte lassen ihn im Stick. Auf sich gestellt, gerät der Taxifahrer in die verwirrenden Ränkespiele der Koreaner und der Menschenschleuser. Und seine Frau bleibt unauffindbar…
Bereits mit seinem Regiedebüt „Chaser“ (2008) legte Regisseur Na Hong-jin eine erstaunliche und vor allem im asiatischen Raum mit Preisen ausgezeichnete filmische Tour de Force hin. In „The Yellow Sea“ erzählt er auf der Basis einer sozialkritischen Betrachtung der koreanischen Minderheit in China und deren ärmlichen Lebensbedingungen von einer verzweifelter Suche nach einem Ausweg.
Kunstvoll aufgebaute Spannung
Dabei nimmt sich die Geschichte nach dem Drehbuch des Regisseurs die Zeit, die es braucht, um die Figuren empathisch einzuführen, das Drama effektiv zu entwickeln und zu einem fulminanten im Blutrausch endenden Showdown zu führen. In vier Kapiteln und 150 Minuten entfaltet sich das persönliche Leid des Taxifahrers, der durch wirtschaftliche Probleme zur Kriminalität gedrängt wird, zu einer wilden, verzweifelten Flucht und einem atemberaubenden Überlebenswillen inmitten einer klaustrophobischen, fremden und feindseligen Umgebung.
Das Erstaunliche an „The Yellow Sea“ sind die überraschenden Wendungen und die eindringliche Bildsprache. Anfangs ist nicht abzusehen, wie sich der Thriller entwickelt und immer wieder nimmt die Geschichte eine unvorhergesehene Wendung, gelegentlich drastisch und übermäßig brutal, aber immer auch realistisch kalt und nachvollziehbar.
Der koreanische Thriller „The Yellow Sea“ ist nichts für zarte Gemüter und hat zu Recht keine Jugendfreigabe erhalten. Wer sich allerdings auf den Film einlässt, wird mit einer großartigen und stimmigen Mischung aus Thriller und Sozialdrama belohnt. Ein eindrückliches Filmerlebnis.
Film-Wertung: (8 / 10)
The Yellow Sea
OT: Hwanghae
Genre: Thriller, Drama,
Länge: 157 Minuten, ROK, 2010,
Regie: Na Hong-jin
Darsteller: Jung-woo Ha, Yun-seok Kim, Sung-ha Jo
FSK: ohne Jugendfreigabe
Vertrieb: 20th Century Fox
Kinostart: 24.05.2012
DVD-VÖ: 24.08.2012
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