The Wailing – Die Besessenen: Sporen des Bösen

Auf den wahnsinnigen filmischen Ritt „The Wailing“ hatte ich mich ziemlich gefreut, weil ich die beiden vorangegangenen Filme des koreanischen Regisseurs Na Hong-jin sehr mochte, „The Chaser“ und „The Yellow Sea“. Mit dem wilden cineastischen Ritt in dem Besessenheits-Thriller “The Wailing“ hatte ich dann allerdings doch nicht gerechnet. Obsesessive 150 Minuten mit Höhen und Tiefen und einem schrillen Exorzismus-Ritual. Im Kino ab 17. Oktober 2017.

Was man mit Dauerregen doch alles erreichen kann: Die erdrückenden Regenfälle zu Beginn von „The Wailing“ sorgen für extrem trübe Stimmung in dem abgeschiedenen Dorf, das Schauplatz von bestialischen Morden wird. So bestialisch, dass Dorfpolizist Jong-gu (Kwak Do Won ) es kaum glauben kann. So macht sich vom einlullenden Prasseln der Tropfen begleitet eine Schläfrigkeit breit, die einen schon mal an den eigenen Sinneseindrücken zweifeln lässt.

An der verfallenen Hütte des Ginseng-Bauern herrscht hektisch-verstörte Betriebsamkeit. Der von seltsamem Ausschlag befallene Bauer hat seine Frau bestialisch niedergestochen. Die Gerüchteküche brodelt, hallzuzinogene Pilze sollen verantwortlich sein, oder auch ein japanischer Einsiedler (Jun Kunimura), der vom Teufel besessen sein soll.

Teuflische Exzeme und irre Gewalt

Dann infiziert sich auch Jong-gus kleine Tochter mit dem Ausschlag und das Verhalten des Mädchens ändert sich. Jong-gus Alpträume werden unterdessen immer bösartiger, bis es der Schwiegermutter zuviel wird und sie einen Schamanen beauftragt, das besessene Mädchen zu exorzieren.

Bereits die beiden ersten Langfilme von Na Hong-jin „The Chaser“ (2008) und „The Yellow Sea“ (2010) waren außergewöhnlich und haben dem Filmemacher international viel Beachtung eingetragen. An „The Wailing“ hat der Filmmacher sechs Jahre lang gearbeitet und formal wird eine Entwicklung seines Stils hin zu dramaturgisch vertrackten, abstrakteren Themen und Sujets sichtbar. Aber der Verlauf von „The Wailing“ offenbart auch, dass Na hong-jin sein Projekt über den Kopf gewachsen ist.

Zwar vermengt der koreanische Filmmacher Na Hong-jin kunstvoll Übernatürliches mit Wissenschaftlichem, Aberglauben mit Naturheilkunde, Halluzination mit dämonischen Verbrechen, aber gegen Ende des Films kommen dann doch zu viele Twists und Wendungen aufs Tableau und sorgen vor allem für Verwirrung, gerade so, als könne sich der Regisseur nicht für ein Ende entscheiden.

Das Archaische bricht in die Moderne ein

Alles in Allem ist „The Wailing“ ein Moloch von einem Film, der mit etlichen großartigen Szenen aufwarten kann und in seinen gelungenen Passagen derart beklemmend und archaisch mystisch rüber kommt, wie es einem Film selten gelingt. Andere Elemente aber wirken nicht sonderlich überzeugend. Der Schauplatz allerdings ist ein Charakter an sich: Diese abgelegene Berggemeinde, die zwar schon elektrifiziert ist und auch über moderne Kommunikationstechnik verfügt, wirkt derart aus der Zeit gefallen und in animistischer Naturmystik verhaftet scheint.

Und hier, in den nahezu perfekt ausgewählten Drehorten in Südkoreas Bergen zeigt sich, dass das Alte noch lange nicht aus der Welt verschwunden ist, nur weil niemand mehr daran zu glauben scheint. Wo, wenn nicht in diesen regenschweren, dicht bewaldeten Berghängen kann sich der Glaube an Dämonen und Geister entwickelt haben.

Eigentlich inszeniert „The Wailing – Die Besessenen“ seine fast klassische Exorzismus-Story mit großer Stilsicherheit und eigener Handschrift. Aber mit 150 Minuten ist der Film zu lang und gegen Ende auch zu fahrig geworden, gerade so, als hätte sich Na Hong-jin in seiner filmischen Obsession verloren.

Film-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

The Wailing – Die Besessenen
Originaltitel: Goksung
Länge: 156 Minuten, Südkorea 2016
Laufzeit: 156 Minuten
Regie: Na Hong-jin
Bildgestaltung: Hong Kyung Pyo
Darsteller: Chun Woo-hee, Hwang Jeong-min, Jang So-yeon, Jo Han-Cheol Jo, Kwak Do Won
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Alamode
Kinostart: 12.10.2017