Die Abenteuer des Mondritters gehen in die nächste Runde. Autor Jeff Lemire hat der Serie, die Warren Ellis vor ein paar Jahren mit Greg Smallwood zu neuen Höhen führte, einen eher psychologischen Dreh verpasst: Der düstere Superheld, beziehungsweise sein privates Alias Marc Spector fand sich in einer Klapsmühle wieder und versuchte verzweifelt dort herauszukommen. Oder ist das alles nur Einbildung?
Es ist ein bisschen tricky, den zweiten Band der Moon Knight Serie der neuen Marvel Ära zu besprechen, denn ohne die Vorgeschichte des Ersten Panini-Sammelbandes, der immerhin die US-Ausgaben 1 bis 5 enthält, ist das Wirrwarr um Identitäten und Realitäten kaum nachzuvollziehen.
Wie auch immer, Moon Knight findet sich in Filmaufnahmen wieder. Und Steven Grant – eine der Identitäten, die Moon Knight in seiner Geschichte auch schon mal angenommen hatte – produziert diesen Superhelden-Actioner mit einem launischen Schauspieler Marc Spector. Zwischenzeitlich träumt Grant aber auch, Taxifahrer zu sein und in einem zukünftigen Szenario außerirdische Werwölfe bekämpfen zu müssen. So weit, so gut, wäre da nicht dieser seltsame Typ, der davon redet, seine Seele geopfert zu haben, damit Moon Knight aus der Psychiatrie fliehen kann.
Es ist schon starker Tobak und ein wüstes Tohuwabohu, was Starautor Jeff Lemire („Sweet Tooth“, „The Nobody“) dem Leser hier vorsetzt. In den vier US-Ausgaben, die die aktuelle „Moon Knight“-Geschichte fortschreiben, wechselt die Perspektive und die Erzählung derartig häufig und schwer nachvollziehbar, dass man schon beim Lesen befürchtet, dass der aktuelle „Moon Knight“-Run mit der US-Ausgabe 9, die den Story-Bogen im Februar 2017 immerhin zu einem plausiblen Ende bringt, von den Verantwortlichen beendet wurde. Aber keine Bange, die „Moon Knight“ (2016) Serie läuft noch. Dieser Sammelband ist nur auf diese Weise zusammengestellt, weil mit der US-Ausgabe 10 ein neuer Storybogen beginnt.
Die Story ist an sich nicht schlecht und Lemire hat einige Aspekte der Figur interessant herausgearbeitet, dabei aber auch ein wenig den Erzählfaden verloren. Und weil die unterschiedlichen Ebenen jeweils auch mit sehr unterschiedlichem Artwork ausgestattet sind, ergibt sich für diesen Sammelband und den Fortgang der Serie kein stimmiges Gesamtbild. Die einzelnen Elemente sind vielleicht gut, so wie die atmosphärischen Sequenzen von Taxi-Fahrer Jake Locke, aber darüber vergisst der Beschützer der Reisenden der Nacht seine Aufgabe.
Als kleinen Bonus enthält Moon Knight (2016) 2 noch eine klassische Moon Knight Story von Autor Doug Moench und Zeichner Bill Sienkiewicz, die die „Moon Knight“ Serie in den 1980ern betreut haben. Darin muss Moon Knight nicht nur einen Serienkiller, der sich „Der Schlitzer“ nennt, zur Strecke bringen, sondern wechselt auch die dauernd die Identitäten.
Der zweite Sammelband der aktuellen Moon Knight Serie von Autor Jeff Lemire treibt die Psychospielchen ein bisschen zu weit. Das offenbart zwar einige neue Aspekte der Figur, aber das geht deutlich zu Lasten der Action, die die „Moon Knight“ –Serien ebenfalls immer ausgezeichnet hat. Es bleibt abwarten, wie die Serie mit einem neuen Storybogen weitergeht.
Comic-Wertung: (7 / 10)
Moon Knight (2016) 2: Inkarnationen
OT: Moon Knight (2016) 6-9, Moon Knight (1980) 2, Marvel Comics
Autoren: Jeff Lemire, Doug Moench
Zeichner: Gregg Smallwood, Wilfredo Torres; Bill Sienkiewicz, u.a.
Farben: Jordie Bellaire, Francesco Francavilla, u. a.
Üersetzung: Bernd Kroonsbein
Verlag: Panini Comics, Softcover, 116 Seiten
VÖ: 01.08.2017