Die charmante zweiteilige Graphic Novel „die Traumfabrik“, die Ende April 2´017 bei Panini Comics erschienen ist entführt den Leser in das Frankreich gegen Ende der 1920er Jahre und in die frühen Tage des Kinos. Die Story von Laurent Galandon ist vor allem optisch schön anzuschauen und erzählt davon, dass man seine Träume nicht aufgeben soll. Wo anders als in der Traumfabrik Kino könnte diese Geschichte angesiedelt sein.
Célestin ist ein wenig zu groß und zu tollpatschig geraten. Sein Vater, ein Anwalt lässt den Sohn das auch immer wieder spüren, ohnehin hat Célestin eigentlich nicht vor in die Kanzlei einzusteigen. Und so macht er sich eines Nachts auf dem Weg nach Paris, um seinen großen Traum zu verfolgen: Célestin will Regisseur werden.
Seine einzige Anlaufstelle in Paris ist Anatole,der Betreiber eines kleinen Kinos, den Célestin noch aus Zeiten kennt, als Anatole mit fahrenden Filmvorführungen auf Jahrmärkten aufgetreten ist. Auch wenn Anatole die Filmkunst so gut wie möglich hochhält, die Konkurrenz an Lichtspielhäusern ist groß und so zeigt der Kinobetreiber auch „Erwachsenenfilme“, um das Kino am Leben zu halten. Als Célestin die exotische Schöne auf der Leinwand zum ersten Mal sieht, ist er Hals über Kopf verliebt, wie fast alle im männlichen Publikum. Aber weiterhelfen kann Anatole Célestin bei seinem Traum auch nicht, schließlich findet der junge Mann nach vielem Klinkenputzen eine Anstellung als Studioassistent.
Der französische Szenarist Laurent Galandon erzählt aus den Tagen, als die Bilder laufen lernten. Die Geschichte selbst ist eher durchschnittlich originell und vertraut darauf, den Zauber und die Nostalgie der frühen Filmtage mit viel Atmosphäre und einigen kundigen Details in Szene zu setzen. Die Geschichte von einem, der Auszug, sein Glück zu suchen, ist klassischer Märchen- und Abenteuerstoff und im Fall von „Die Traumfabrik“ um ein wenig modernes Fangehabe und ein bisschen Nerdhaftigkeit angereichert. Natürlich darf in dieser Underdog-Story auch eine Romanze nicht fehlen.
So ist es vor allem die grafische Umsetzung, die im Fall des zweiteiligen Abenteuers „Die Traumfabrik“ zu überzeugen vermag. Die Zeichnungen des im französischen Original weit exotischer betitelten „La Parole du Muet“ (Deutsch etwa: „Das Reden der Stummen“) stammen von Fréderic Blier, der sich in Frankreich bereits zwei weiteren Kollaborationen mit Autor Galandon einen Namen gemacht hat: . zum einen die Serie „La Lignée“ zum anderen der Zweiteiler „Amère Patrie“.
Bliers Strich hat etwas Verschmitztes, das den Figuren zugleich einen komischen Charme und eine große mimische Ausdruckskraft verleiht. Seine Panels sind souverän komponiert und immer wieder variieren Breite und Seitenaufteilung. Kolorist Sébastien Bouet gelingt es den detailreichen Zeichnungen mit stimmungsvoller Farbgebung noch eine zusätzliche Ebene abzugewinnen. Das ist nicht nur hübsch anzuschauen, sondern scheint, sofern man das aus heutiger Zeit beurteilen kann, auch den damaligen Zeitgeist ganz stimmig zu charakterisieren.
Den Leser mag es erstaunen, dass eine Geschichte über das Kino in Frankreich spielt und nicht etwa in Hollywood. Aber das hat durchaus seine Berechtigung. Immerhin waren die Gebrüder Lumière Pioniere, was die Projektion bewegter Bilder angeht und auch der große frühe Filmkünstler George Méliès, gilt als eines der Genies dieser neuen Kunstform. Seine Kurzfilme sind legendär und der amerikanische Regisseur Martin Scorsese setzt George Méliès in seinem Film „Hugo Cabret“ ein Denkmal. Ende der Zwanzigerjahre war der erste Rausch der neuen Technik, das Überraschungsmoment, das die Zuschauer vor den Aufnahmen eines herannahenden Zuges Reißaus nehmen ließ, zwar verflogen, aber mit der Erfindung des Tonfilms war bereits eine neue Attraktion auf dem Weg, das Medium zu revolutionieren.
Das französische Comic-Album „Die Traumfabrik – Der Riese und die Nackttänzerin“ ist der Auftakt einer zweibändigen Geschichte. Die Story selbst bleibt zwar ziemlich konventionell, aber die Zeichnungen und Farben machen „Der Riese und die Nackttänzerin“ zu einem schönen Comic mit nostalgischem Charme.
Comic-Wertung: (6,5 / 10)
Die Traumfabrik – Teil 1: Der Riese und die Nackttänzerin
OT: La Parole du Muet 1, Bamboo Édition, 2016
Genre: Graphic Novel, Historisches, Film
Autor: Laurent Galandon
Zeichner: Fréderic Blier
Farben: Sébastien Bouet
Übersetzung: Anabelle Steffes
Verlag: Panini Comics, Hardcover, 48 Seiten
VÖ: 24.04.2017