Der schottische Schauspieler Ewan McGregor wagt sich nun auch hinter die Kamera: Für die Verfilmung von Philip Roths Roman „Amerikanisches Idyll“ (OT: „American Pastoral“) nahm McGregor auch auf dem Regiestuhl Platz. Die Story führt durch die unruhigen 60er und 7oer Jahre der amerikanischen Gesellschaft und ist hochkarätig besetzt. Und damit ist auch der Glamourfaktor für den Roten Teppich einer Filmfesteröffnung garantiert. Regulär startet „Amerikanisches Idyll“ am 17. November 2016 in den deutschen Kinos.
Es scheint ein Leben wie aus dem Bilderbuch: Schon auf der Highschool war Seymour „Der Schwede“ Levov (Ewan McGregor), Sohn eines erfolgreichen Handschuhfabrikanten, ein charmanter Vorzeigeathlet, dem alles in den Schoß zu fallen schien. Auch die Ehe mit der Schönheitskönigin Dawn (Jennifer Connelly). Das Paar zieht von Newark aufs Land, bekommt eine Tochter und lebt in einträchtiger, erfolgreicher Harmonie.
Doch als Teenager wird die stotternde Merry (Dakota Fanning) immer aufmüpfiger und wendet sich in den von sozialen Unruhen geprägten 1960ern radikalen Freunden zu, die sie in New York kennenlernt. Es kommt zum Zerwürfnis mit den Eltern und Merry taucht unter, nachdem das lokale Postamt Opfer eines Bombenanschlags wurde.
Seymour und Dawn zweifeln an der Beteiligung ihrer Tochter an dem Anschlag, werden selbst Zielscheibe von polizeilichen Ermittlungen, doch von Merry fehlt jahrelang jede Spur. Das Ehepaar leidet zunehmend am Verschwinden der Tochter, wird von Schuldfragen geplagt und lebt sich auseinander. Bis eines Tages eine junge Studentin in der Handschuh-Fabrik auftaucht und behauptet, sie käme im Namen von Levovs Tochter. Der Schwede bekommt neue Hoffnung, sein Kind wiederzusehen.
Philip Roth mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneter Roman aus dem „Zuckerman“-Zyklus, zu dem unter anderem auch „Der menschliche Makel“ gehört und der diverse aktuellere Phasen der amerikanischen Geschichte beleuchtet, ist zwar zeitlich eindeutig verortet, aber das grundsätzliche Drama, dass Kinder sich von Eltern und Gesellschaft abwenden und sich politisch radikalisieren, bleibt hochaktuell und zeitlos.
In „Amerikanisches Idyll“ geht es um die politischen Unruhen der Bürgerrechtsbewegung, die Aufstände von Newark 1967, die militanten Aktionen der Black Panther und der Weathermen, und selbstredend um den Krieg in Vietnam. Das alles wird anhand einer Familiengeschichte aufgearbeitet. Der Originaltitel „Americal Pastoral“ ist dabei durchaus doppeldeutig zu verstehen und „pastoral“ kann sowohl Hirtenbrief oder Seelsorge als auch als Adjektiv ländlich bedeuten.
Filmisch setzt Regisseur und Hauptdarsteller Ewan McGregor auf eine solide aber etwas behäbige Inszenierung. Die Verfilmung ist ambitioniert und McGregor sagte im Interview, dass das Projekt diverse Regisseure kommen und gehen sah, das Projekt zu scheitern drohte, er die Rolle aber unbedingt spielen wollte. Behäbig wirkt „Amerikanisches Idyll aufgrund der Rahmenerzählung des Schriftstellers Zuckerman (David Strathairn), der allzu gefälligen, zu glänzenden Optik der Aufnahmen und des nicht immer überzeugenden Einsatzes von zeitgeschichtlichem Archivmaterial.
Auch fokussiert sich das Drehbuch zu sehr auf die Suche nach der verschwunden Tochter. Das hat beinahe ein kriminalistisches Element und führt etwas in die Irre. Auch scheinen die Stationen und Schlüsselmomente von Merrys Radikalisierung etwas plakativ aufgezeigt und die Rolle der Psychiaterin ist sehr vereinfacht abgehandelt. Das Ehedrama der Levovs allerdings ist trefflich gezeichnet.
Ewan McGregors Regiedebüt „Amerikanisches Idyll“ ist ambitioniert und über weite Strecken unterhaltsam. Nicht alles funktioniert, etwas mehr Abgründigkeit und mehr Raum für Zweifel wären wünschenswert gewesen, aber mit seinen guten Darstellern ist „Amerikanisches Idyll“ allemal eine solide Familiengeschichte mit zeitgeschichtlichem Hintergrund geworden.
Film-Wertung: (6 / 10)
Amerikanisches Idyll
Originaltitel: American Pastoral
USA 2016 | 108 min | OF mit dt. UT | Farbe | FF 2016
Regie: Ewan McGregor
Drehbuch: John Romano nach dem gleichnamigen Pulitzer-Preis gekrönten Roman von Philip Roth
Darsteller: Ewan McGregor, Jennifer Connelly, Dakota Fanning, Uzo Adubal, Molly Parker, David Strathairn, Rupert Evans
Vertrieb: Splendid, Tobis
Kinostart: 17.11.2016
Website: http://www.Amerikanisches-Idyll-Film.de