45 Jahre hat die deutsche Erfolgskomödie „Zur Sache Schätzchen“ inzwischen auf dem Buckel. 2013 ist die Filmperle von Regisseurin May Spils als restaurierte und digital überarbeitete Fassung endlich auch für den Home-Entertainment Sektor erschienen. Und wirkt so frisch wie eh und je. Davon kann sich der TV-Zuschauer heute nacht, am 2.10.2016, auf 3Sat überzeugen. Mein TV-Tipp.
Martin (Werner Enke) lebt in München-Schwabing als Tunichtgut und Durchhänger, der sein Brot mit dem Verfassen von Schlagertexten verdient. Wenn er denn mal zur Arbeit anzutreiben ist. Darüber verzweifelt sein Freund Henry (Henry van Busch), ein wenig erfolgreicher Schauspieler, ein ums andere Mal; vor allem, weil Schlagerproduzent Block (Helmut Brasch) auf Ergebnisse wartet.
Den Sprücheklopfer, Faulenzer und Pseudophilosophen Martin schert das herzlich wenig, und er würde seinen Geburtstag am liebsten im Bett verbringen. Dummer Weise hat Martin in der Nacht zuvor einen Einbruch beobachtet und Henry schleppt ihn zwecks Zeugenaussage zur Polizeiwache. Aber statt einer Aussage macht sich der Anarcho über die Ordnungshüter lustig und haut einfach ab. Anschließend bleibt die Polizei dem verdächtigen Subjekt auf den Fersen, während sich Martin und Henry im Freibad verlustieren und dort Barbara (Uschi Glas) kennenlernen.
Das Mädchen aus bürgerlichem Haus verbringt den Tag mit Martin und nach einem turbulenten Tag im Zoo trifft man sich abends wieder. Seine Geburtstagsfeier und die Party bei Block hat der Hallodri ebenso aus den Augen verloren wie seine Freundin Anita.
Regisseurin May Spils gelang gleich mit ihrem Langfilmdebut ein Überraschungserfolg an der Kinokasse. Und noch immer zählt dieser Tag aus dem Leben eines Münchener Boheme zu den erfolgreichsten deutschen Filmen. Die Story entwickelte May Spils zusammen mit ihrem Lebensgefährten und Hauptdarsteller Werner Enke in Anlehnung an das französische „Nouvelle Vague“-Kino. Parallelen zu Goddards „Außer Atem“ (1960, nach einem Drehbuch von Truffaut) sind also keineswegs zufällig. Und doch sucht die sommerliche Leichtigkeit von „Zur Sache Schätzchen“ in der deutschen Filmlandschaft bis heute ihresgleichen.
Martins subversive Antihaltung spiegelt für viele den studentischen Zeitgeist der ausgehenden 1960er. Seine Verweigerung und sein Problem mit Autoritäten verwirren nicht nur Barbara, sondern auch den Zuschauer. Vielleicht gelang Uschi Glas, die bis dahin als Winnetous Schwester Apanatschi und in zwei Edgar Wallace Verfilmungen in Erscheinung getreten war, also nicht nur aufgrund des angedeuteten Striptease in der Polizeistation der große Karriereschub, sondern auch, weil sie hier als bürgerlich brave Identifikationsfigur taugt.
Allzu politisch sollte man die Komödie aber nicht verstehen, denn damit hatte das Gespann Spils und Enke, das zusammen noch bis 1983 Filme machte, weniger am Hut, als vielmehr mit Filmkunst, die einen Hang zum Absurd-Dadaistischen zeigt. So will die Komödie vor allem Unterhaltung sein und mit dem verstaubten deutschen Nachkriegsfilm aufräumen. Dabei kommt das Anti-Autoritäre eher als Selbstzweck vor, denn als politische Botschaft. Auch das Frauenbild in „Zur Sache Schätzchen“ wirkt heute schon seltsam.
Das sommerliche Setting in München in „Zur Sache Schätzchen“ ist so auch mehr als nur Kulisse, sondern Teil eines leichten, vergänglichen, auf sorgenfreie Spaßmentalität abzielenden Grundtons, der dem Film bis heute seine Frische verleiht. Für lange Zeit waren die Sprüche von Martin geflügelte Worte unter den jungen Leuten in Deutschland. Nicht umsonst wurde extra für diese Dialoge eine neue Filmpreis-Kategorie eingerichtet.
Die digitale Überarbeitung des Films ist absolut gelungen und die Bildqualität kann weitestgehend modernen HD-Standards genügen. Der Sound, des ursprünglich mono aufgenommenen Tons wurde ebenfalls bearbeitet, wirkt dadurch aber dem Bildgeschehen leicht entrückt. Puristen können noch immer auf die Original Tonspur zugreifen. Die Ausstattung der DVD und der Blu-ray beinhalten neben dem Film noch den damaligen Trailer, eine aktuelle Begegnung mit Werner Enke und vor allem die beiden Kurzfilme „Manöver“ und „Portrait“, die May Spils 1966 drehte. Für Cineasten eine sehenswerte und sinnvolle Ergänzung.
Die digitale Überarbeitung hat dem deutschen Filmklassiker „Zur Sache Schätzchen“ gut getan und erstmals ist May Spils Komödie nun auch in sehenswerter Qualität für den Hausgebrauch zu haben.
Film-Wertung: (8 / 10)
ZUR SACHE SCHÄTZCHEN
Genre: Komödie
Länge:81 Minuten, BRD, s/w, 1967
Regie: May Spils
Darsteller: Werner Enke, Uschi Glas, Henry van Lyck, Inge Marschall
FSK: FSK 12
Vertrieb: Ascot Elite
DVD- & BD-VÖ: 6. August 2013