Schrotten: Alteisen und Familienbande

04_Schrotten_Pressefoto_c_PortAuPrincePictures-vorschauSeiner Herkunft kann man nicht entkommen, irgendwann holt sie dich doch wieder ein. So zumindest die Aussage von Max Zähles unterhaltsamem Filmdebüt, das beim Max Ophüls Festival immerhin den Publikumspreis abräumte. Im leicht abseitigen Milieu des Schrotthandels wird auf komödiantische Weise ein Familienzwist ausgetragen, der mit Frederik Lau und Lucas Gregorowicz ein absolut sehenswertes Bruderpaar aufzubieten hat.

Fast hätte man die beiden abgerissenen Gestalten nicht reingelassen in das schicke Hamburger Versicherungsgebäude und Mirko Thalhammer (Lucas Gregorowicz) ist alles andere als erfreut, an seine Familie erinnert zu werden. Immerhin hat er sich als Sohn eines Schrottsammlers zu einem Versicherungsverkäufer hochgearbeitet und will mit der Bande nix mehr zu tun haben. Nu n ist der Vater tot und die Aussicht auf ein Teil des Erbes lockt Mirko dann doch. Das weiß sein Bruder Letscho (Frederik Lau) nur allzu gut und verspricht für den Schrottplatz auf dem Land, immerhin Heimat und Refugium der Familie zu kämpfen, so gut es geht.

08_Schrotten_Pressefoto_c_PortAuPrincePicturesAber auch die Konkurrenz will den Schrottplatz und Großkotz und Fast-Schrottmonopolist Kercher (Jan-Gregor Kemp) macht Mirko ein Angebot, dass der, weil verschuldet kaum ablehnen kann. Aber auch Letscho hat sich was ausgedacht, um den Schrottplatz zu retten: Schrottklau im großen Stil, so wie beim großen Eisenbahnraub. Als Mirko von dem hahnebüchenen Plan hört, bringt er seine planerischen Skills dann doch in das Familienunternehmen ein. Einmal Schrotti, immer Schrotti.

05_Schrotten_Pressefoto_c_PortAuPrincePicturesDas Setting und die Story in Max Zähles Debütfilm sind beinahe klassisches Außenseiter-Terrain. Aber statt zu langweilen, unterhält „Schrotten“ mit kurzweiligen Szenen, einigen abstrusen Wendungen und kauzigen Typen.  Das Milieu ist zudem noch ein bisschen zigeunermäßig (das ist jetzt nicht diskriminierend zu verstehen, bitte) angehaucht und sorgt so für eine gewisses gesellschaftliches Hintergrundrauschen. Mit dem Schrottplatz ist ein Lebensstil, eine gewisse Grundfreiheit und Unangepasstheit verbunden, die einfach charmant ist und unserer Gesellschaft immer mehr abgeht. Nicht umsonst wird der alte Ditmarscher Bauern-Spruch „Lieber tot als Sklave!“ zitiert.

Inszeniert ist „Schrotten“ mehr als souverän und dasDrehbuch sorgt für einzige feine Dialoge. Einzig der fahrstuhldudelige Soundrack zur Akkustikgitarre ist extrem lahmarschig ausgefallen. Dabei böten das ganze alte Metall und der Lifestyle doch geradezu Steilvorlagen für Musik mit mehr Schub. Aber das ist Mäkeln auf recht hohem Niveau.

09_Schrotten_Pressefoto_c_PortAuPrincePicturesUnd mit dem Hauptdarstellern hat „Schrotten“ wirklich ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt. Frederick Lau („Victoria“, „Neue Vahr Süd“) ist derzeit einfach einer der besten deutschen Darsteller überhaupt und das Impulsive, Emotionale kommt bei ihm einfach immer wuchtig rüber. Genauso Lukas Gregorowicz, der in den „Vorstadtweibern“ bewiesen hat, wie toll er arrogante Schnösel spielen kann, dem man aber auch die „Lammbock“-Kiffer-Mentalität abnimmt. Zusammen sind die beiden einfach ein Power-Duo, das womöglich jeden Film gerockt hätte.

Schrotten“ macht Laune und spricht auf sympathsich-schnoddrige Weise das Underdog-Gen im Zuschauer an.

Film-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

schrotten_plakatA0_160304_RZ_ZW.inddSchrotten
Genre: Komödie
Länge: 102 Minuten, D, 2015
Regie: Max Zähle
Darsteller: Lucas Gregorowicz, Frederick Lau, Anna Bederke, Lars Rudolph, Alexander Scheer
FSK: ab 6 Jahre
Vertrieb: Port-au-Prince
Kinostart: 05.05.2016