Fortitude Staffel 1: Die große Eisschmelze

fortitude-1-vorschauDer hohe Norden ist ja schon seit längerem (zumindest fiktiv) berüchtigt für eine harte Umwelt, kantige Charaktere und eine extrem hohe Verbrechensrate. Jetzt entführt uns die erste Staffel der TV-Serie „Fortitude“ in das ewige Eis und eine kleine, illustre Gemeinde, die bislang von Verbrechen verschont wurde. Die vom Pay-TV-Sender Sky Atlantic produzierte Thriller-Serie wirbelt dabei munter diverse Genres durcheinander, bleibt aber im Wesentlichen eine psychologische Dramaserie. Das hat so seine Momente, aber auch so seine Längen.

Alles beginnt mit dem Tod des Geologen Pettigrew, der von einem Eisbären zerfleischt wird. Der Tod wird als tragischer Unfall gewertet, doch nicht viel später kommt auf bestialische Weise der Wissenschaftler Charles Stoddard (Christopher Eccleston) ums Leben. Wieder vermutet man den Angriff eines Bären, doch der alternde und sterbenskranke Fotograf Henry Tyson (Michael Gambon) mutmaßt einen Mord und eine Verschwörung von Gouverneurin Hildur Odegard (Sofie Gråbøl) und ruft betrunken und anonym bei der Polizei in London an.

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Die schickt daraufhin den Ermittler Eugene Morten (Stanley Tucci) zu der abgelegenen arktischen Insel, auf der sich die 700-Seelen-Gemeinde Fortitude befindet. Polizeichef Dan Anderson (Richard Dormer) ist nicht gerade begeistert von der ungebetenen Hilfe, vor allem, weil er vermutet, dass Morton nicht nur wegen Stoddards Tod nach Fortitude gekommen ist.

Außerdem taut der Gletscher wegen der Klimaerwärmung stetig ab und das gefährdet auch die Pläne der Gouverneurin, hier direkt ins das Eis ein Wellness-Hotel  zu bauen. Das großangelegte Tourismusprojekt soll die Zukunft der Gemeinde sichern. Beim Spielen im Eis finden zwei  Kinder allerdings ein seltsames Gebilde, das nicht nur die Pläne der Gouverneurin durcheinander bringen könnte.

„Fortitude“  ist vordergründig eine Krimiserie nach skandinavischem Serienvorbild und hat mit seiner namhaften internationalen Besetzung und seiner aufwändigen Produktion einiges an Schauwerten zu bieten. Gedreht wurde „Fortitude“ auf Island, wo man inzwischen eine gut funktionierende Infrastruktur für Filmaufnahmen etabliert hat, der Look ist allerdings an das Location-Vorbild Spitzbergen angelehnt. Das Setting der isolierten Gemeinde, die auf sich gestellt ist und nach ganz eigenen Regeln funktioniert, hat etwas Futuristisches aber auch etwas Dörfliches.

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Die Thriller-Handlung ist schnell etabliert und auch die Nebenschauplätze und unzählige Charaktere, die im Verlauf der Serie alle noch ihrem Spot bekommen, sind nach zwei Folgen eingeführt. Dann setzt allerdings erst einmal das Dramatisieren ein, und die Konflikte und Beziehungen der Leute untereinander werden auf- und ausgebaut, die Handlung kommt derweil nicht recht vom Fleck. Das ändert sich dann, als die Ermittlungen in eine erstaunliche Richtung laufen.

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Doch „Fortitude“ will mehr sein als eine reine Krimiserie und baut, ausgehend von dem ökologischen Aspekt der Folgen der Erderwärmung, ein Mystery-Element in die Serie ein. Es ist lange nicht klar und bleibt diffus, was die Kinder und vielleicht auch der Geologe im Eis entdeckt haben. Die mysteriösen Aspekte werden allerdings auch reichlich blutig in Szene gesetzt, das muss man schon einige skandinavische Thriller hinter sich haben, um als Krimigucker nicht abgestoßen zu werden.

Andererseits werden auch immer wieder private Probleme zum Schwerpunkt der Serie und tragen das Format über weite Strecken, nicht alle ganz gleichermaßen überzeugend. Eine ähnliche Mischung aus diversen Genre-Elementen hatte auch M. Night Shymalan mit seiner Serie „Wayward Pines“ angestrebt und es hat dort bewusst  lange gedauert, bis sich das mysteriöse Setting zu einer Sci-fi-Story entwickelte. So funktioniert „Fortitude“ in der ersten Staffel nicht, sondern bleibt im Grunde eine Thriller-Serie, die angetrieben wird von den Ermittlungen der Polizei, die nicht immer in die gleiche Richtung laufen. Serienerfinder Simon Donald hält dabei als Serienmastermind und Hauptdrehbuchschreiber alle Fäden in der Hand und kann sich auf seine serienerprobten Regisseure verlassen. Den Hauptanteil der Regiearbeit hat mit 5 Folgen Sam Miller zu verantworten, der auch für die hochgelobte britische TV-Serie „Luther“ verantwortlich war.

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Der Amerikaner Stanley Tucci („Wie im Himmel“, „Die Tribute Von Panem“), dessen Rolle als Eugene Morten seine erste britische Serienarbeit ist, hätte sich wahrlich einen schlechteren Einstand aussuchen könne. Seine freundliche offene Ermittlerfigur will so gar nicht zu den redefaulen und grimmigen Einwohnern von Fortitude passe, sorgt aber dafür, dass auch die Zuschauer einen Zugang in diese Gemeinschaft bekommen.

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Das Bonusmaterial hat einiges an Blicken hinter die Kulissen zu bieten. Leider wird das in Form diverser kurzer Featurettes präsentiert, die letztlich etwa 25 Minuten Spieldauer haben. Als Fan hätte man sich etwas mehr gewünscht, aber die geteaserten Einblicke sind durchaus stimmungsvolle Zusatzinfos. Etwas anstrengend ist lediglich die deutsche Synchronspur, die erheblich leiser aufgenommen ist als das Original. So sollte man nicht zur Originalversion wechseln, ohne die Lautstärke entsprechend anzupassen. Aber das sind Kleinigkeiten, wenn die Bildqualität derart gut ist wie bei „Fortitude“. Im Pay-TV war die Serie 2015 zu sehen und hat weltweit für gute Quoten gesorgt. So gut, dass für dieses Jahr eine Fortsetzung angesetzt ist . Ein Sendetermin steht allerdings noch nicht fest.

Wer auf skandinavische Thriller mit viel persönlichem Drama und einigen horrorartigen Elementen steht, der ist in Fortitude“ gut beheimatet und sollte überlegen, in die Arktis zu ziehen. Es sind gerade einige Häuser frei geworden.

Serien-Wertung:6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

Fortitude-bd-coverFortitude Staffel 1
OT: Fortitude Season 1
Genre: Serie, Thriller, Drama, Mystery
Länge: 593 Minuten, (12 x ca. 50 Min), GB, 2015
Idee: Simon Donald
Regie: Sam Miller, Richard Laxton, Hetie Mcdonald, Nick Hurran
Darsteller:  Richard Dormer,  Sofie Gråbøl, Björn Hlynur Haraldsson, Christopher Eccleston, Stanley Tucci, Michael Gambon
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Warner / Sky Atlantic
DVD- & BD-VÖ: 29.01.2016