Kinder der Hoffnung: Ein wenig bekanntes Kapitel des französischen Widerstands

Die Adaption von Romanvorlagen ist nicht nur im Filmgeschäft eine gängige Praxis, sondern auch im Bereich der Graphic Novel. Der französische Zeichner Alain Grand hat sich den 2007 erschienenen biographischen Roman „Kinder der Hoffnung“ von Mark Levy angenommen und zeigt darin ein eher unbekanntes Kapitel des französischen Widerstandes gegen die Nazis im zweiten Weltkrieg.

Zu Beginn der 1940er Jahre schließt sich in Toulouse Raymond Levy (der Vater von Autor Marc) zusammen mit seinem jüngeren Bruder Claude der französischen Widerstandsbewegung Resistance an. Raymond, der den Decknamen Jeannot bekommt, und Claude sind Juden und können im Untergrund zunächst auch der drohenden Deportation entfliehen. Sie schließen sich einer Gruppe von Immigranten an, die als „35. Brigade der FTP-MOI“ zum Widerstand gehört und versucht, die Besatzung der deutschen Streitkräfte zu sabotieren.

Doch der Feind schläft nicht und die Deutschen kommen der Gruppe gefährlich nahe, bis es tatsächlich gelingt, fast alle Mitstreiter in einer konzertierten Aktion zu fassen. Die operative Führung der Resistance hätte die Möglichkeit gehabt, die 35. Brigade zu warnen, opfert die „Ausländer“ aber vermeintlich im Dienst der Sache. Für Raymond, seinen Bruder und deren Mitstreiter bedeutet das die Deportation in das Konzentrationslager Dachau. Doch der Zug selbst wird zu einem wochenlangen Martyrium, denn die Strecken sind überall beschädigt und die Gefangenen werden gehalten wie Vieh.

2007 veröffentlichte der französische Autor Marc Levy die Kriegserlebnisse seines Vaters als Roman „Kinder der Hoffnung“ (auf Deutsch bei Knaur erschienen). Das Buch bekam viel Beachtung und zeigte den Autor, der hier vor allem durch die Hollywood-Verfilmung seines Debutromans „Während du da bist“ bekannt ist, von einer ganz anderen Seite. Der französische Zeichner und Comickünstler Alain Grand macht aus dem etwa 340 Seiten starken biographischen Roman eine 180seitige grafische Erzählung, die ganz in der Tradition realistischer französischer und europäischer Comickunst steht. Zum Vergleich seien die bei Schreiber & Leser erschienenen Reihen „Cosa Nostra“ von David Chauvel und Erwan LeSaëc und „Unter dem Hakenkreuz“ von Phillipe Richelle und Jean-Michel Beuriot erwähnt, oder auch die jüngst bei Reprodukt erschienene Comic-Biographie der „Weißen Rose“ Sophie Scholl von Heiner Lünstedt und Ingrid Sabisch.

Korrektur: Wie dem Kommentar des Kollegen und Autoren Lünstedt unten zu entnehmen ist, erscheint die Comic-Biographie von Sophie Scholl erst am 17. September und auch im Münchener Knesebeck Verlag. Heiner Lünstedt bloggt unter Hightlightzone.de übrigens auch lohnenswert über Comics und Filme.

Die Erzählung „Kinder der Hoffnung“ entfaltet auch in Gestalt der Graphic Novel ihre Wirkung und weiß sowohl emotional als auch stilistisch auf schnörkellose Art und mit vielen zeitgemäßen Details zu packen. Allerdings fehlt so ein bisschen der erzählerische Flow, der im Grunde in zwei Teile aufgeteilten Graphic Novel – jeweils eine Hälfte für den Widerstand und eine Hälfte für die Gefangenschaft. So hat man beim Lesen das Gefühl, Alain Grand musste den Roman etwas zu stark eindampfen, so dass Einiges szenisch bleibt und oft nur Spotlights auf die Chronologie der Ereignisse geworfen werden. Stimmung und Zeitgeist sind aber sehr trefflich dargestellt und der Leser wird am Ende noch mit einigen Originaldokumenten gefüttert, um dieses hierzulande eher unbekannte Kapitel der Resistance zu vertiefen.

Alain Grands Graphic Novel Adaption von Marc Levys „Kinder der Hoffnung“ ist vor allem für historisch Interessierte zu empfehlen und stellt die Geschichte ganz in den Vordergrund. Das hat packende Momente und ist gelungen,  ragt aber auch nicht aus vergleichbaren Graphic Novels heraus.

Comic-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Kinder der Hoffnung
OT: Les enfants de la liberté, Casterman, 2013
Genre: Graphic Novel, Geschichte, Biographie.
Autor: Marc Levy (gleichnamige Romanvorlage 2007)
Zeichner & Texter: Alain Grand
Farben: Dominique Osuch
Übersetzung: Eliane Hagedorn, Bettina Runge
Verlag: Panini Comics, Hardcover, 180 Seiten
VÖ: 04.06.2015

Kinder der Hoffnung bei Panini

2 Kommentare

Heiner Lünstet 2015/07/06

Zu lesen war bei der Rezi zu KINDER DER HOFFNUNG

„oder auch die jüngst bei Reprodukt erschienene Comic-Biographie der „Weißen Rose“ Sophie Scholl von Heiner Lünstedt und Ingrid Sabisch.“

Richtig ist: Diese Comic-Biographie erscheint am 17. September 2015 beim Knesebeck Verlag.

Viele Grüße

Heiner Lünstedt

nofrank 2015/07/07

Danke für die Richtigstellung, war unsauber recherchiert.
Viele Grüße,

Frank