Die Thriller des schwedischen Autors Arne Dahl sind hierzulande äußerst beliebt und wurden mit diversen Krimi-Preisen ausgezeichnet. Die TV-Adaptionen der Romanserie um die A-Gruppe, eine Sondergruppe der schwedischen Polizei, waren hierzulande als Sonntagskrimis auf dem ZDF zu sehen. Oder eben auf DVD und Blu-Ray. „Rosenrot“ und „Tiefer Schmerz“ (Fälle vier und fünf) können zwar erneut nicht mit der Intensität der Bücher mithalten, aber die schwedische Serie entwickelt durchaus ihre eigene Dynamik.
Eigentlich heißt Arne Dahl Jan Arnald, ist Literaturwissenschaftler und hat sich das Pseudonym zugelegt, um Thriller zu schreiben. Von 1998 bis 2008 erschienen elf Thriller um die schwedische A-Gruppe, die aus einer Handvoll Spezialisten besteht und für die komplexen Fälle in Schweden zuständig ist. 2011 und 2012 hat das schwedische Fernsehen die ersten fünf Bücher jeweils als Zweiteiler von 180 Minuten Gesamtspieldauer verfilmt. Zur Zeit werden in Schweden gerade die restlichen Verfilmungen ausgestrahlt.
Das A-Team, die schwedische Polizeielite
Mit „Rosenrot“ und „Tiefer Schmerz“ hat sich das ZDF ein wenig Zeit gelassen. Nachdem die ersten drei Fälle bereits 2012 zeitnah zur schwedischen Ausstrahlung zu sehen waren, kommt dieser Nachklapp doch einiges später, ohne dass es dafür qualitative Gründe geben würde. Bücher wie TV-Adaptionen kann man als Serie verstehen, aber für die in sich abgeschlossenen Fälle braucht man kein Vorwissen. Es erhöht nur den Unterhaltungswert der privaten Episoden, die sozusagen als Zusammenhalt und Brücke zwischen den Fällen dienen. (Die Besprechung der ersten Arne Dahl Box fliegt hier auch noch irgendwo rum und wird demnächst nachgereicht.)
Erneut hat man sich bei der deutschen TV-Fassung entschieden, die schwedischen TV-Formate auf 120 Minuten einzukürzen. Soviel noch als Vorbemerkung, bevor es endlich an die Inhalte geht. Selbstverständlich wurden vom pflichtschuldigen Rezensenten beide Fassungen gesichtet und die Unterschiede sind nicht substanziell. Die kürzeren Fassungen sind weder spannender noch hat sich das Tempo erhöht. Zu Kürzungszwecken wurde schlicht auf eine weniger breite Darstellung zurückgegriffen. Das geht zu Lasten der Detailtiefe im Privatleben der Ermittler und lässt einige Nebenschauplätze weg,wie etwa das Schicksal eines afrikanischen Flüchtlings in „Rosenrot“. Man verpasst also nichts wichtiges, kann sich dann aber nun auf den Home Entertainment Titeln genausogut die volle Breitseite geben.
Aber jetzt endlich zur Handlung:
Rosenrot
Jorge Chavez (Matias Varela) und Sara Svenhagen (Vera Vitali) heiraten tatsächlich. Paul Hjelm (Shanti Roney) lässt sich später von seiner Frau austricksen, die ihn auf seine Affäre mit Kollegin Kerstin Holm (Marlin Arvidsson) anspricht. Aber da bekommt die A-Gruppe auch schon etwas zu tun: In „Rosenrot“ (OT: De största Vatten“) muss das Team unter der Leitung von Jenny Hultin (Irene Lindh) einen Polizeieinsatz aufklären, bei dem ein afrikanischer Flüchtling erschossen wurde. Was zunächst aussieht wie ein tragischer Fluchtunfall, gibt bald Rätsel auf. Erschwerend kommt hinzu, dass der betroffene Polizist der Ex von Kerstin Holm ist und der Beziehung noch immer nachhängt. Holm wird emotional, wird von dem Fall abgezogen und ermittelt auf eigene Faust weiter. Währenddessen stoßen die Kollegen auf seltsame Verbindungen zu einem Pharmakonzern, auf die sie sich keinen Reim machen können.
Es ist müßig, die TV-Adaptionen stets mit den literarischen Vorlagen zu vergleichen. Unterschiedlich ist neben der zum Teil recht expliziten Brutalität der Bücher, vor allem die innere Dynamik des A-Teams. Paul Hjelm steht in den TV-Filmen weniger im Mittelpunkt als in den Vorlagen. In „Rosenrot“ rückt Kerstin Holm in den Mittelpunkt und der Fall entwickelt sich recht spannend, wenn auch mittelfristig absehbar, weil das TV-Format eine gewisse Ermittlungslogik darstellt, die als erzählerischer roter Faden und als gewohnter Bezugsrahmen für die Zuschauer gedacht ist. Innerhalb dieser Genresetzungen ist „Rosenrot“ durchaus gelungen und hat mit dem zugrunde liegenden Thema durchaus einen aktuellen sozialkritischen Hintergrund, wie skandinavische Krimis das schon seit langem zelebrieren. Das wird abgerundet mit netten zwischenmenschlichen Episoden der Kollegen und weiß solide zu unterhalten. „Rosenrot“ ist ein gelungener Fall für das A-Team (6/10)
Tiefer Schmerz
Tiefer Schmerz (OT: „Europa Blues“) beginnt dann mit einem scheinbar wahllosen aber äußerst brutalen Mord an einem alten Wissenschaftler. Während das A-Team in Richtung Antisemitismus ermittelt, weil der renommierte Wissenschaftler Jude war und zeitgleich der jüdische Friedhof geschändet wurde, kommt Arto Söderstedt (Niklas Akerfeldt) in den Genuss einer unverhofften Erbschaft. Und während die liebe Gemahlin schon eine neue Bleibe einplant, macht sich Söderstedt bei seiner Chefin nicht gerade beliebt, weil er nicht bei der Sache zu sein scheint. Kein guter Zeitpunkt um bei der Arbeit zu schwächeln, denn Hultin hat strikte Anweisung, das Team zu verkleinern: Aufklärungsquote hin oder her, das A-Team ist zu teuer und drei müssen weg. Als dann auch noch verschwundene illegale Zwangsprostituierte in dem Fall eine Rolle spielen, nimmt die Untersuchung internationales Ausmaß und eine europäische Dimension an. Söderstedt kommt der italienischen Mafia näher als dem Eigenheim.
„Tiefer Schmerz“ gehört nicht nur wegen der komplex verwobenen Handlung und der historischen Dimension, die sich im Lauf der Ermittlungen auftut zu den bisherigen Highlights der Thriller-TV-Serie. Angefangen von dem brutalen Auftaktmord weiß der Fall unter der Regie von Tova Magnussen-Norling bis zum Ende zu fesseln. Die Balance zwischen Privatem und Ermittlungen stimmt ebenso wie der Action-Anteil und die internationale Bühne des Verbrechens. (7)
Allein der herausragende Thriller „Tiefer Schmerz“ in der hierzulande nicht ausgestrahlten „Uncut Version“ würde die Anschaffung der Arne Dahl Box Volume 2 rechtfertigen. Wer sich mit den bisherigen Ermittlungen von Schwedens polizeilicher Expertentruppe gut unterhalten fühlte, wird auch hier nicht enttäuscht. Und auch ohne Vorwissen wird der Zuschauer schnell in das A-Team aufgenommen.
Serien-Wertung: (7 / 10)
Arne Dahl Box Volume 2: Rosenrot & Tiefer Schmerz
OT: De största Vatten & Europa Blues
Genre: Thriller, Krimi, Serie
Länge: je 120 bzw. 180 Minuten
Regie: Niklas Ohlson, Mattias Ohlsson, Tova Magnussen-Norling
Darsteller: Malin Arvidsson, Shanti Roney, Irene Lindh
FSK: ab 16 Jahren
Vertieb: Edel Motion, ZDF
DVD- & BD-VÖ: 20.02.2015