Als die argentinische Sängerin Mercedes Sosa vor fast genau fünf Jahren im Alter von 74 verstarb, hinterließ sie ein großes musikalisches Erbe aber auch eine enorme Lücke. Mehr als vierzig Jahre lang stand Mercedes Sosa mit ihrer Stimme und ihren Liedern auch für die Menschen ein. Nicht umsonst wird sie in ganz Lateinamerika als „die“ Stimme des Kontinents wahrgenommen. Der Dokumentarfilm „Mercedes Sosa – Die Stimme Lateinamerikas“ macht sich auf Spurensuche und schafft einen Spagat zwischen historischem Abriss und persönlichem Portrait, den man nicht nur als Musikliebhaber keinesfalls verpassen sollte.
Das Leben und die Kunst Mercedes Sosas sind untrennbar mit der argentinischen Politik verbunden, und so verwundert es nicht, dass der Dokumentarfilm von Rodrigo H. Vila auch ein Abriss der argentinischen Politik des letzten halben Jahrhunderts ist. Die Doku entstand mit der Mercedes Sosa Stiftung und kann auf reichhaltige Archivmaterialien zurückgreifen, aber es kommen auch Musiker und Wegbegleiter der südamerikanischen Ikone zu Wort. Filmmacher Rodrigo H. Vila hat bereits kurz vor dem Tod Mercedes Sosas einen Dokumentarfilm mit der Sängerin gemacht, in dem sie selbst während der Aufnahmen zu ihrem letzten Album „Cantora“ zu Wort kommt „Mercedes Sosa, Cantora un viaje íntimo“.
Was neben dem faszinierenden und wechselvollen Leben der argentinischen Sängerin den Reiz der Doku „Mercedes Sosa – Die Stimme Lateinamerikas“ ausmacht, ist der persönliche Ansatz. Der Filmmacher lässt Sosas Sohn Fabian Matus die Gespräche mit Weggefährten, Familienangehörigen und populären Musikern führen, die Mercedes Sosa gekannt und geschätzt haben. Darüber hinaus ist, zumindest in den ersten Jahrzehnten ihrer Karriere, immer auch eine direkte Verknüpfung mit der argentinischen Politik gegeben, indem Zeitungsartikel, bzw. die Schlagzeilen, bildlich aufbereitet werden.
Als Minderjährige nahm Mercedes Sosa 1950 heimlich an einem Talentwettbewerb teil, was ihr einen zweimonatigen Vertrag einbrachte. Zwölf Jahre später folgte ihr erstes Album und kurz darauf begründete sie zusammen mit anderen Künstlern das einflussreiche Manifest „Nuevo Cancionero“ (Neue Liedermacher) und wurde mit ihren Songs politisch. 1965 folgte der Durchbruch auf dem nationalen argentinischen Folkfestival in Cosquin was die Künstlerin, die aufgrund ihrer indigenen Abstammung von ihren Fans „La Negra“ genannt wurde, auch stärker in Konflikt mit der Militärregierung brachte. Sie selbst sagt über die Jahre 1975 und 1976 dass es die dunkelsten ihres Lebens waren.
1980 geht Mercedes Sosa dann über Paris, wo sie den Grundstein ihrer europäischen Karriere legt, nach Madrid ins Exil. Zwei Jahre später tritt sie im Opernhaus in Buenos Aires auf, was von vielen als hoffnungsreiches Symbol für die Demokratie angesehen wird und als eine der Schlüsselsituationen für den gesellschaftlichen Umbruch in Argentinien gilt. In den späteren Jahren litt Mercedes Sosa schwer an Depressionen, schaffte aber dennoch ein umjubeltes Comeback.
Der Einfluss von Mercedes Sosa auf die lateinamerikanische Kultur ist enorm, wie auch der ihrer chilenischen Sangeskollegin Violetta Parra. Die Doku von Rodrigo H. Vila macht das nur allzu deutlich. Und „Mercedes Sosa – Die Stimme Lateinamerikas“ sollte allen die mit dem Werk der großen Sängerin nicht vertraut sind, Anlass genug sein, sich eingehender mit dieser einzigartigen Stimme zu beschäftigen.
Film-Wertung: (8 / 10)
Mercedes Sosa, die Stimme Lateinamerikas
OT: Mercedes Sosa, la Voz de Latinamérica
Genre: Musikfilm, Biografie, Dokumentarfilm
Länge: 90 Minuten, ARG, 2013, OmU
Regie / Drehbuch: Rodrigo H. Vila
Verleih: Cine Global
Kinostart: 04.12.2014
Spanischer Wikipediaeintrag zu Mercedes Sosa
(weder der deutsche noch der englische Eintrag sind brauchbar, der Link zur offiziellen Homepage funktioniert nicht)