Dass es zu „Watchmen“, einem der genialsten Comics überhaupt, nun eine Serie von Prequels gibt, wird die Fangemeinde spalten. Die Puristen werden es überflüssig finden, andere werden sich auf neues Lesefutter freuen. Mit dem Comedian hat sich Autor Brian Azarello an den Fiesepeter der Truppe gemacht und tritt mit Zeichner J.G. Jones in die großen Fußstapfen des kongenialen Gespanns Alan Moore und Dave Gibbons, die „Watchmen“ in den 1980ern auf die Menschheit losgelassen haben.
Edward Blake alias der Comedian war schon Mitglied der Minutemen und hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als er Teamgefährtin Silk Spektre vergewaltigt hat. Auch bei den „Watchmen“ kommt der notorische Nihilist nicht sonderlich gut weg. In den 1960er Jahren, in denen „Before Watchmen: Comedian“ angesiedelt ist, pflegt der Superheld eine Freundschaft mit den Kennedy-Brüdern und ist quasi als Leibwächter von John F. unterwegs. Selbstredend ist er sich nicht zu schade, für den Präsidenten den Dreck wegzuräumen. Ausgerechnet aber als der Präsident in Dallas ermordet wird, ist Blake (vom F.B.I.) anderweitig eingesetzt. Jetzt plagen den ehemaligen Kriminellen auch noch Schuldgefühle.
In Vietnam soll der Comedian dann die Moral der Truppe unterstützen, kommt aber mit der strategischen Ausrichtung der Truppe nicht zurecht. Total durchgeknallt und auf Drogen nimmt er die Kriegsführung selbst in die Hand und richtet ein Gemetzel an. Was sich nach einer ausgewachsenen Kriegsneurose anhört, ist für den Comedian nur patriotische Pflicht, um den Krieg nicht nur zu beenden, sondern auch zu gewinnen. Klar, dass das Stress gibt.
Autor Brian Azzarello hat Erfahrung damit, Alan Moores Charaktere weiter zu erzählen. Hat er doch schon die Hellblazer-Reihe weitergesponnen, allerdings erst, nachdem Garth Ennis dem Dämonenjäger John Constantine seinen Stempel verpasst hat. Doch der Blick in die menschlichen Abgründe ist den Charakteren durchaus gemein. Dabei ist der Comedian, der sich selbst zu allererst als Patriot versteht, definitiv kein Sympathieträger.
Azzarello bringt das in seiner Story angemessen rüber und zeigt durch die Geschehnisse in den Swinging Sixties, warum der Comedian so wird, wie er in dem Watchmen ist. Die Story ist solide in die historischen Gegebenheiten der Zeit eingefügt und spielt geschickt mit den damaligen und heute noch lebendigen Verschwörungstheorien; gerade im Zusammenhang mit den Gebrüdern Kennedy. Natürlich bezieht sich Azzarellos Prequel auf die in Watchmen schon vorhandenen Infos und so kommt dem Leser einiges auch schon bekannt vor, aber das ist mit Vorgeschichten, die im Nachhinein ausformuliert werden, meistens so. Das Phänomen lässt sich auch in den Episoden eins bis drei der Star Wars Saga beobachten.
Zeichner J. G. Jones, der vor allem durch die Umsetzung von Mark Millars „Wanted“ auf sich aufmerksam machte, findet angemessene Bilder, um die Greueltaten des Comedian anzudeuten, ohne allzu explizit auf eine erwachsene Zielgruppe abzuzielen. Die Panels sind dynamisch gestaltet und Jones arbeitet geschickt und fast filmisch mit Großaufnahmen. Die Farbgestaltung ist ebenfalls gelungen und unterlegt die unterschiedlichen Sequenzen atmosphärisch mit verschiedenen Farbtönen.
Es ist müßig, an dieser Stelle auf die Querelen zwischen Alan Moore und DCC- Comics einzugehen. Moore und Gibbons hatten bereits in den 1980ern eine Prequelserie zu „Watchmen“ angedacht, aus der nie etwas geworden ist. Als DC nun 2010 an die Autoren herangetreten ist, hatten die kein Interesse mehr. Immerhin hat Zeichner Dave Gibbons den „Watchmen“-Prequels seinen Segen gegeben.
Fazit: An die geniale epische Größe von Moores und Gibbons „Watchmen“ kommt der „Comedian“ zwar nicht heran, aber die Geschichte ist intelligent und spannend ausformuliert. So funktioniert eine lesenswerte Hommage an das Original.
Comic-Wertung: (7 / 10)
Azarello / Jones: Before Watchmen: Comedian
OT: Before Watchmen: Comedian 1-6, DC Comics
Autor: Brian Azzarello
Zeichner: J.G. Jones
Übersetzung: Christian Heiss
Verlag: Panini Comics, 148 Seiten, Softcover
VÖ: 16.07.2013
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