Mit laut aufgerissener Musik brettert ein Auto mit einer Horde angetrunkener Jugendlicher auf einer irischen Küstenstraße an einem wartenden Polizeiwagen vorbei. Darin sitzt ein gelangweilter uniformierter Polizist. Doch bevor er dem Dienstwagen auch nur starten kann, hört man Crash schon. Als Sergeant Gerry Boyle den Unfallort erreicht, kommt jede Hilfe zu spät. Stattdessen durchsucht er die Leichen nach Drogen, entfernt selbige mit einem genuschelten „Was würde deine Mammi dazu sagen?“ und schmeißt sich selbst erstmal einen Trip rein. „The Guard – ein Ire sieht schwarz“:
Dieser Sergeant Boyle (Brendan Gleeson) ist schon ein eigenwilliger Typ. Nicht umsonst hat der Zyniker einen miesen Ruf bei den Kollegen. Boyle ist eigenwillig und nimmt es mit dem Gesetz nicht so genau, was auch nicht verwundert, wenn man täglich mit Kleinstadt-Delikten zu tun hat und die Bewohner alle persönlich kennt. Boyle lebt allein und kümmert sich um eine kranke Mutter, die allerdings im Altenheim lebt und schwer krank ist, ansonsten ist der Officer auch gerne mal tagsüber im Pub oder macht an seinen freien Tagen Ausflüge in Edelbordelle, wenn die Kids nicht gerade wieder im Moor ein IRA-Waffendepot entdeckt haben, oder es sodomitische Jugendsünden aufzuklären gibt.
Doch in Boyles Bezirk geschieht ein Mord und während er in aller Seeelenruhe über dessen Aufklärung sinniert, bekommt das FBI einen Tipp über eine Drogenlieferung, die via Irland verschifft werden soll. Agent Wendell Everett (Don Cheadle) bittet die irische Polizei um Amtshilfe und leitet die Operation zur Ergreifung der gefährlichen Dealer. Ausgerechnet Boyle muss ihm dabei zur Seite stehen.
Die überaus schwarze Krimi-Komödie „The Guard – ein Ire sieht schwarz“ brennt auf dieser Story ein wahres Feuerwerk an Witz und tiefsinnigen Doppeldeutigkeiten ab, dass es eine helle Freude ist. Brendan Gleeson („Brügge sehen und sterben“), der auch schon mal Winston Churchill verkörperte, ist in der Rolle des eigenwilligen irischen Polizisten derart charismatisch, dass er den Film alleine auf seine breiten Schultern laden könnte. Doch so etwas hat das Regiedebut von John Michael McDonagh überhaupt nicht nötig. Dazu ist die Story zu gut, sind die Figuren zu komplex und wunderbar schräg und dazu sind die pointierten Dialoge einfach zu scharf. „The Guard“ überzeugt auf ganzer Linie und auch wenn gelegentlich ein Hauch Tarantino mitschwingt, ist der Film doch durch und durch eigenständig irisch.
Zwar sind die Moralvorstellungen von Gerry Boyle für Außenstehende kaum nachzuvollziehen, aber der alternde Bulle weiß genau was er will. Agent Everett fragt sich nicht zu Unrecht, ob sein irischer Kollege nun selten dämlich oder schlicht genial ist. Irgendwann sieht Everett ein, dass er ohne den Einheimischen komplett aufgeschmissen ist. Die Chemie zwischen Don Cheadle („Hotel Ruanda“, Oceans Eleven“) und Brendan Gleeson stimmt und geht weit über das Filmmotiv der ganz unterschiedlichen Buddies hinaus.
Als wäre das alles nicht schon genug, gibt es in „The Guard“ selbstredend noch das Gaunertrio, bestehend aus dem Macher (Liam Cunningham), dem Psycho (Dave Wilmot) und dem gelangweilten Mann fürs Grobe (Mark Stong). Während der elend langen Wartezeit bis der Deal über die Bühne geht, vertreiben sich die drei ihre Zeit damit, sich gegenseitig Philosophen zu zitieren. Was will der Bildungsbürger mehr?
Fazit: „The Guard – Ein Ire sieht schwarz“ ist schlicht großartig. Allein was an schwarzem Humor in dieser irischen Krimi-Komödie steckt, wiegt locker ein dutzend Filme auf. Daneben gibt es brillante Schauspieler und eine tolle, wendungsreiche Story. „The Guard“ ist eine Pflichtveranstaltung und gehört schon jetzt in meine Top 10 für 2011.
Film-Wertung: (9 / 10)