Rurouni Kenshin Trilogie: Das Schwert mit der umgedrehten Klinge

Real-Verfilmungen amerikanischer Superhelden-Comics stürmen, wie die „Avengers“ gerade wieder beweisen, mit schöner Regelmäßigkeit an die Spitze der Kinocharts. Aber auch in Japan kann man bildgewaltig Comics verfilmen, nur bekommt der Fan das hierzulande selten auf der Leinwand zu sehen. Mit der Rurouni Kenshin Trilogie veröffentlicht Splendid nun ein japanisches Samurai-Epos für das Home-Entertainment. das es an Schauwerten und wilden Schwertkämpfen durchaus mit dem „Fluch der Karibik“ aufnehmen könnte.

Bereits 2012 erschien auch bei uns der erste Rurouni Kenshin Realfilm nach dem gleichnamigen Manga von Nobuhiro Watsui. Die beiden Fortsetzungen der Saga, „Kyoto Inferno“ und „The Legend Ends“, kamen erst im Herbst 2014 in die japanischen Kinos und sind hierzulande als DVD Erstveröffentlichungen. Nobuhiro Watsui schuf mit der Figur des Killers Battosai, der seinem blutigen Handwerk abgeschworen hat, aber immer wieder von der Vergangenheit eingeholt wird, eine höchst erfolgreiche Manga-Serie, die über 228 Episoden fortgeschrieben wurde. In den 1990er Jahren wurde der Comic in einer ebenfalls in Japan sehr erfolgreichen Anime-Serie ungesetzt. Die neuen Realverfilmungen sind mit den heutigen tricktechnischen Möglichkeiten ziemlich spektakulär ausgefallen. Aber davon später mehr. Zunächst mal zur Handlung:

„Rurouni Kenshin“ – Der Auftakt

Im Auftakt der Saga „Rurouni Kenshin“ (OT: „Rurôni Kenshin: Meiji kenkaku roman tan“) streift der ehemalige Schwertkämpfer Himura Kenshin (Takeru Sato) als Landstreicher durch das Japan im Jahre 1978. Das Land tut sich noch immer schwer mit der neuen Zeit. Seit etwa zehn Jahren ist der Tenno (Kaiser) wieder an der Macht und versucht, Japan nach westlichem Vorbild wiederaufzubauen. Zuvor hatte die Militärherrschaft des Shogunats das Inselreich einen hohen Blutzoll gefordert. Noch immer streifen herrenlose Samurai, Ronin, durch das Land, obwohl es verboten ist, Schwerter zu tragen. Und einflussreiche politische Mächte versuchen ebenfalls die neue Zeit doch noch abzuwenden.

Einst war Kenshin unter dem Kriegernamen „Battosai“ in diesem Kampf ein gefürchteter Killer für das neue System. Doch Kenshin hat seiner Vergangenheit abgeschworen und trägt als Zeichen dafür ein Schwert mit umgedrehter Klinge. Auf dem Weg in die Hauptstadt Tokio kommen ihm Gerüchte zu Ohren, ein Killer hätte seine Identität angenommen. Der steht in den Diensten des mächtigen Industriellen und Drogenbarons Kanryuu Takeda (Teruyuki Kagawa). Takedas Pläne bedrohen auch das kleine Dojo der jungen Kaoru (Emi Takei), die mehr schlecht als recht versucht, die Schwertkampfschule ihres verstorbenen Vaters weiterzuführen. Außerdem versuchen die neuen Machthaber Kenshin zu überzeugen, wieder für die Regierung zu arbeiten. Vor allem Polizist Saito Hajime (Yôsuke Eguchi) kann die Weigerung Battosais zu kämpfen nur schwer akzeptieren. (Einzel-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10))

Kyoto Inferno -Verbrannte Vergangenheit

Nachdem die Bedrohung von Tokio abgewendet ist, taucht in „Kyoto Inferno“ (OT: Rurôni Kenshin: Kyôto taika-hen) ein diabolischer Gegenspieler auf. Im Kampf für die neue Zeit hat Makoto Shishio (Tatsuya Fujiwara) Battosais Platz als Regierungskiller eingenommen. Gedankt hat man es ihm nicht und wollte ihn auf dem Schlachtfeld verbrennen lassen. Doch Shishio überlebte und hat nun eine schlagkräftige Armee aufgebaut, mit der er die neue Regierung des Tenno bedroht.

Erneut versucht man Kenshin zu überreden, sich kämpfend für das neue System zu engagieren. Nach anfänglichem Zögern sieht er es als seine Pflicht, seinem „Nachfolger“ Einhalt zu gebieten, und er macht sich auf den Weg nach Kyoto, nachdem ein wichtiger Minister ermordet wurde. Dort findet Kenshin neue Verbündete in den „Verborgenen Wächter“, einer Ninja-Gruppe, die noch immer im Geheimen existiert. Doch in einem unabwendbaren Kampf zerbricht sein außergewöhnliches Schwert. Derweil macht sich auch Kaoru auf dem Weg nach Kyoto, zusammen mit Seijuro Hiko (Masaharu Fukuyama), der auch in ihrer Schule wohnt, und dem Waisenjungen Yahiko. (Einzel-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10))

The Legend Ends – Die Krone der Schwertkunst

Die Ereignisse im finalen Teil der Trilogie „The Legend Ends“ schließen unmittelbar an die Kyoto-Episode an, weshalb es schwierig ist, hier nicht allzu sehr zu spoilern. Wie auch immer: Die Stadt Kyoto konnte vor dem Untergang bewahrt werden, doch nun erst offenbart sich das ganze Ausmaß von Shishios diabolischem Plan und es sieht schlecht aus um die Verteidigung des neuen Systems. Noch immer hat Kenshin keinen Ersatz für sein Schwert gefunden und muss sich erst langsam erholen, um seinem Gegenspieler überhaupt gewachsen zu sein. Doch die Ereignisse von Kyoto haben auch neue Allianzen hervorgebracht und der Showdown steht kurz bevor.

Mit jeweils etwa 140 Minuten Spielzeit sind die drei Abenteuer von Rurouni Kenshin recht episch ausgefallen. Die zumeist sehr spektakulären und wilden Schwertkampf-Choreographien werden immer wieder von längeren Sequenzen unterbrochen, die den Zeitenwandel der Meiji-Restauration, jener Phase, in der der Tenno (Kaiser) wieder zur Macht gelangt und sich Japan dem Westen zuwendet, zum Thema haben. Die untergehende Welt der Schwertkämpfer wird immer wieder mit Rückblick auf die kriegerische Vergangenheit unterfüttert. (Einzel-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10))

Meiji-Restauration – Eine neue Weltordnung

Kenshin selbst verkörpert symbolisch den gesellschaftlichen Wandel und den Willen zu einer neuen friedlichen, zivilisierten Ordnung. Seine Abkehr vom Töten ist zwar mit der umgekehrten Schwertklinge, die ihre Schneide innenliegend hat, comic-mäßig plakativ dargestellt, aber die Figur funktioniert und ist mit dem elfenartigen Takeru Satô auch charismatisch besetzt. Der zugrunde liegenden Chronologie der Geschichte sollte man nicht allzuviel Gewicht zumessen, denn dann wäre der Darsteller des Kenshin mit seinen 26 Jahren deutlich zu jung. weil die Figur schon vor 14 Jahren als Killer legendär war. Das sieht der Zuschauer dann an den Gegenspielern, die deutlich älter sind als der junge Samurai selbst. Aber sowohl Manga, als auch Anime-Serie und diese Trilogie richten sich an ein jüngeres Publikum, weshalb der Held zu Identifikationszwecken jung ist.

Zum Leben erwecktes Comic, kein Historiendrama

Auch in einigen anderen Belangen merkt man deutlich, dass es sich um eine Comic-Verfilmung handelt, einige Charaktere und Handlungselemente sind recht plakativ ausgefallen. Und selbstredend sind die Protagonisten und ihre Gegenspieler mit heiligem Ernst bei der Sache. Humor oder gar Selbstironie sucht man hier vergeblich. Das ist kein Nachteil und unterstreicht das Actionelement der Saga. Aber wer hier ein historisches Drama finden will, sucht vergeblich.

Auch die wilde Musik, die zumeist mit klassischer Orchestrierung für Stimmung sorgt, hat keine Berührungsängste, die Action auch mal mit epischem Heavy Metal inclusive Powerchords und fliegenden Keyboard-Melodien zu untermalen, wenn es ans Eingemachte geht. Das mag den westlichen Zuschauer und Puristen zunächst irritieren, ist aber ein quasi typisches Anime-Stilmittel, das zu verwenden sich die Realverfilmung nicht zu schade ist.

Regisseur und Drehbuch-Co-Autor Keishi Ohtomo weiß das Erzähltempo geschickt zu variieren und hat ein Händchen für die atemberaubenden und schnellen Action-Szenen. Allerdings gerät die Vorbereitung auf den finalen Showdown in „The Legend Ends“ doch ein wenig zäh und versucht mit den Stilmitteln des Actioners zu sehr zu psychologisieren. Dafür überzeugt gerade der Beginn des „Kyoto Infernos“ mit tollen und atmosphärischen Aufnahmen von unterirdischen, feuerdurchwirkten Hauptquartier Shishios in einer stillgelegten Mine. Alles in allem ist der Mittelteil vielleicht sogar der stärkste der Trilogie. Die Figuren sind etabliert, und die Dynamik der Story ist einfach fesselnd.

Nicht nur für Manga-Fans ist die epische Geschichte vom Samurai, der nicht mehr töten will, ein optischer Hochgenuss. Die Story hat zwar einige kleinere Längen, erzählt aber auch recht eindrücklich vom realen historischen Hintergrund und weiß mit furiosen Action-Sequenzen zu unterhalten. Das hätte schon eine große Leinwand verdient.

Gesamt-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Rurouni Kenshin Trilogie
OT: „Rurôni Kenshin: Meiji kenkaku roman tan“, Rurôni Kenshin: Kyôto taika-hen, Rurôni Kenshin: Densetsu no saigo-hen
Genre: Action, Samurai
Länge: 3 x je ca. 135 Minuten, Japan 2012 – 2014
Regie: Keishi Otomo
Darsteller: Takeru Sato, Masaharu Fukuyama, Emi Takei
Extras: ca 3 Stunden Bonusmaterial, 40-seitiges Booklet
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Splendid
BD-VÖ: 24. April 2015

Splendid wird „Kyoto Inferno“ und „The Legend Ends“, die Teile 2 und 3 der Trilogie, im Sommer auch als Einzeltitel veröffentlichen, dann sowohl im DVD- als auch im BD-Format veröffentlichen, inclusive des entsprechenden Bonusmaterials. Rurouni Kenshin: Kyoto Inferno erscheint am 31. Juli und  Rurouni Kenshin: The Legend Ends wird am 28. August veröffentlicht.