Die Lügen der Sieger: Informationsmanagement

Investigativ wird hinter Tür #9 im #Filmadvent gearbeitet. In „Die Lügen der Sieger“ von 2014 bleibt von der unabhängigen Presse nicht viel übrig, jene vielgerühmte viert Gewalt im Staate. In unserer parlamentarischen Demokratie mit ihrer Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative soll sie Kontrolle gewährleisten. Während Christoph Hochhäuslers viertem Spielfilm „Die Lügen der Sieger“ klappt das nur bedingt. Der ruhige aber atmosphärische gelungene Thriller um einen investigativen Journalisten zeichnet ein ernüchterndes Bild unserer Gesellschaft.

Der Journalist Fabian Groys (Florian David Fitz) hatte schon lange keine Titelstory mehr, aber er ist da an einer Sache dran. Insiderinfos aus Bundeswehrkreisen über die Truppenversorgung in Afghanistan. Dem Chefredakteur der renommierten „Die Woche“ dauert das zu lange. Deshalb drückt er seinen Porsche fahrenden Reporter die ambitionierte Volontärin Nadja (Lilith Stangenberger) aufs Auge.

Die wird dann auf die hanebüchene Schlagzeile eines Boulevardblattes angesetzt, um zu recherchieren, ob an dem Mann der sich in Gelsenkirchen selbst den Löwen zum Fraß vorgeworfen hat, mehr dran ist als Sensationsgier. Der Star-Reporter arbeitet derweil kategorisch allein.

Es ist mehr dran. Und bald untersuchen Groys und die Volontärin die Verstrickungen der Bundeswehr in den schrägen Todesfall. Der Selbstmörder war in Afghanistan, hat vorzeitig den Dienst quittiert und dann bei einer Recyclingfirma gearbeitet. Dort ist die Krankenakte des Mannes verschwunden. Es deutet vieles darauf hin, dass der Tote über einen längeren Zeitraum im Kontakt mit Gefahrstoffen war, die auf die Psyche wirken.

Reißerische Schlagzeilen

Regisseur Christoph Hochhäusler bewegt sich auf klischeevermintem Filmelände, um seine eher nachdenkliche Geschichte zu inszenieren. Das Milieu des investigativen Journalismus ist eine gern verwendete Schablone, um Verschwörungen, Intrigen und bösartige Machenschaften zu thematisieren. Und hinsichtlich des Settings und vor allem der Figurenzeichnung kommt der Film nicht um das die eine oder andere Klischeemine herum.

Am prominentesten fällt das bei Protagonist Fabian Groys ins Auge, der nicht nur Diabetiker und Spieler ist, sondern auch noch zur Überheblichkeit neigender Porschefahrer. Vielleicht aber ist das wie auch die „Starbesetzung“ mit Florian David Fitz ein kalkuliertes Zugeständnis an den Kassenerfolg.

Aber der Film gleicht dieses Manko an anderer Stelle wieder aus und fährt eine Geschichte auf, die wendungsreich und intelligent ist. Das Drehbuch stammt wie schon das Skript zu Hochhäuslers letztem Film „Unter dir die Stadt“ aus einer Kooperation mit dem Autor Ulrich Peltzer. „Die Lügen der Sieger“ kommt ohne Spannung im klassischen Thriller-Sinn aus und entwickelt seine Geschichte eher im Ton eines politischen Dramas. Das hebt den Film von vielen deutschen Werken dieser Jahre mit ähnlicher Thematik ab. Die zunehmend mit den Waffen des Spannungsaufbaus nach amerikanischem Vorbild um Zuschauergunst kämpfen.

Fundierte Recherche

„Die Lügen der Sieger“ zeigt gleich von Beginn an, dass an dieser journalistischen Recherche etliches nicht stimmt. Während die Reporter versuchen eine Story zu bekommen, werden anderswo die Fäden gezogen, die Story wird manipuliert. Warum freilich, bleibt lange unklar und das clevere Drehbuch schickt den Zuschauer auf einige falsche Fährten.

Das Journalisten-Milieu wirkt ebenso gestylt wie man sich den Newsroom und die Redaktion eines meinungsbildenden Presseorgans vorstellt. Währenddessen kontrastieren die Bilder aus den nächtlichen Ecken der Hauptstadt und die Recherche selbst dieses glamouröse Medienbild auf seltsame Weise. Die wunderbare Kameraarbeit von Reinhold Vorschneider weiß immer wieder mit ungewohnten Perspektiven und kluger Blickführung zu überraschen.

Vielleicht ist „Die Lügen Der Sieger“, der seinem Titel einem Zitat des amerikanischen Beat-Poeten und ausgebildeten Journalisten Lawrence Ferlinghetti verdankt, ein Film für Nostalgiker. So wie der Groys Chefredakteur in einer wichtigen Filmszene die Lage der politischen Printmagazine auf den Punkt bringt: „Wir schreiben für Nostalgiker, die glauben, dass Papier nicht lügt.“ Intelligente Unterhaltung und ein ernüchternde Zustandsanalyse unserer Gesellschaft ist „Die Lügen der Sieger“ allemal.

Bewertung: 7 von 10.

Die Lügen der Sieger
OT: Die Lügen der Sieger
Genre: Thriller, Drama
Länge: 112 Minuten, D, 2014
Regie: Christoph Hochhäusler
Schauspiel: Florian David Fitz, Jakob Diel, Karl Fischer, Lilith Stangenberg,
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: NFP / Warner
Kinostart: 18.06.2015
DVD-VÖ: 03.12.2015

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